Anja Schuchardt arbeitet als Videoredakeurin für das Fachmagazin "Die Bioküche"
vom Verlag Neuer Merkur in München. Den Urlaub an der Westküste Kanadas nutzte sie
um zu erfahren, was die Kanadier über das Thema Nachhaltigkeit und Bio denken. Während
ihres Geographiestudiums war sie bereits für 4 Monate in Montréal und hat dort für
einen Radiosender gearbeitet. Auf dem Youtube-Kanal von "Die Bioküche" gibt es eine bunte Mischung von Filmen
aus Vancouver, Montréal und München zum Thema Bio.
Wieviel Bio steckt in Westkanada? Und was haben Hippies und Hochhausdächer damit
zu tun? Vancouver ist nicht nur die Gründerstadt von Greenpeace, sondern in dieser
Stadt entwickelten sich in den 1970er Jahre auch die ersten Ansätze der urbanen
Landwirtschaft. Inzwischen sind die Entwicklungen in Vancouver hinsichtlich Regionalität
und Bio sehr vielfältig. Einen Eindruck geben die Kurzfilme unter: http://www.youtube.com/user/DieBiokueche
Das Ernteziel für diese Saison: 5 Tonnen Gemüse und Obst. Ted Cathart gründete 2005 den größten Hausdachgemüsegarten in Vancouver.
Was ist ein „Locavore“? Das Wort gibt es noch nicht lange, es steht aber schon im
amerikanischen Lexikon. Zu den „Locavores“ zu gehören, ist zum Trend geworden, obwohl
es eigentlich eine recht altmodische Lebensweise beschreibt: jemand, der sich von
regionalen Produkten ernährt, möglichst keine importierten Lebensmittel kauft und
vielleicht sogar eigenes Gemüse oder Obst anbaut. Hört sich erst einmal ziemlich
öko an, doch den Trend setzten die Autoren Alisa Smith und J. B. MacKinnon 200 mit
ihrem Buch „The 100-Mile Diet“. Damit lösten sie eine regelrechte regionale Essensbewegung
in Kanada aus. Das Paar dokumentierte seine Erfahrungen während eines Jahres, in
dem es sich ausschließlich von Produkten ernährte, die in einem Umkreis von 160
km um ihren Wohnort entfernt wachsen. Regional Essen hört sich zunächst einmal gut
an, ist aber längerfristig betrachtet gar nicht so einfach. Smith und MacKinnon
mussten beispielsweise auf Schokolade, Bier, Zitronen, Salz, Zucker, Schwarztee
und Kaffee verzichten.
Neben Biogemüse und Kompostworkshops, gibt es auch ein Ökoklo in diesem Demonstrationsgarten von City Farmer, den Michael Levenston vor über 30 Jahren mitgründete.
Einfacher könnte es hingegen sein, urbane Landwirtschaft zu betreiben - solange
freie Flächen in der Stadt verfügbar sind. Diese Grünflächen, meist öffentlicher
Grund, können dann von den Städtern bewirtschaftet werden. Beispielsweise mit Gemüse-
oder Obstanbau, doch vor allem geht es vielen darum, ein Nachbarschaftsgefühl wachsen
lassen. In Berlin ist der „Prinzessinnengarten“ entstanden. Auf einer brachen Fläche,
wo die Viertel Kreuzberg und Mitte aufeinandertreffen, hacken, rupfen und wühlen
Menschen aus aller Herren Länder: Alte und Junge, Akademiker und Arbeiter, Türken,
Russen, Deutsche. Die ersten Ansätze, Gemüseanbau innerhalb einer Großstadt zu organisieren,
entwickelten sich aus der Hippiebewegung Anfang der 70er Jahre in Westkanada. Michael
Levenson aus Vancouver sieht sich als einer der Gründerväter. Mit Mitte 20 ließ
ein Freund ihn selbst angebautes Gemüse probieren, Michael begeisterte sich für
diese einfach direkte Art der Ernährung und er gründete einen „Demonstrationsgarten“
zu Aufklärungszwecken. Seine Begeisterung ging so weit, dass er die Leitung des
Gartens und die Öffentlichkeitsarbeit zu seinem Vollzeitjob machte und dort nun
seit 30 Jahren Geschäftsführer ist. Inzwischen gibt es im „Demonstrationsgarten“
einiges mehr, als nur Gemüse und Obst. Mehr Informationen über den Garten, der zu
einer festen Institution in Vancouver zählt, und seinen Geschäftsführer Michael
Levenson unter: http://www.youtube.com/user/DieBiokueche#p/u/2/SURofarNqU4
Bio wird in Vancouver immer mehr zum Thema – ob aus Marketinggründen oder Überzeugung.
Neben Gemeinschaftsgärten in der Stadt entwickeln sich jetzt auch Gurken vom Hochhausdach
zu einer neuen Geschäftsidee. Ted Cathart von der Organisation YWCA kultiviert auf
200 m² den bislang größten Hausdachgemüsegarten in Vancouver. 2010 ernteten Ted
und seine Gärtner 700 kg. Ziel ist in diesem Jahr nicht nur eine noch erfolgreichere
Ernte, sondern die Gründung einer Gemeinschaft von Freiwilligen und Organisationen,
die das Projekt unterstützen. Den Film zum Projekt unter: http://www.youtube.com/user/DieBiokueche#p/u/3/xfOMVonWSgY
Das Buch "The 100-Mile Diet" sorgte für eine regelrechte regionale Essensbewegung
Viele grüne Projekte und eine Stadtbevölkerung, die immer mehr regionale Bioprodukte
kauft. Die vier Biobauernmärkte innerhalb von Vancouver besuchen inzwischen insgesamt
etwa 12.000 Städter pro Woche. Wen man dort trifft, zeigt dieser Film: http://www.youtube.com/user/DieBiokueche#p/u/1/FTa8ZMD_0wg
Doch anstatt Produkte aus der Region verstärkt auch in den Supermärkten zu vertreiben,
exportiert die Provinz British Columbia jährlich Früchte und Gemüse mit einem Warenwert
von ca. 300 Mio. Euro in die USA. Ob sich das System ändern kann, hängt in erster
Linie vom Verbraucher ab.