Textgrammatik

Textgrammatik [text grammar]. Eine Grammatik, die die Domäne des Satzes überschreitet und damit gegenüber einer Satzgrammatik eine höhere Stufe der Sprachbeschreibung darstellt; ihr Gegenstand ist die Erfassung der Regularitäten, Rekurrenzen und Distributionen, die Text konstituieren; ihr Ziel ist die (grammatische) Explikation von Textkohärenz und Textkonsistenz. Dabei scheint die Einbeziehung textthematischer Momente und textpragmatischer Faktoren unabweisbar.  

T. intendiert die Beschreibung der syntaktisch-semantischen Relationen zwischen Sätzen, d.h. den Aufweis von spezifischen, satzüberschreitend wirksamen lexikalischen Mitteln (allerdings, zwar usw.), von syntagmatischen Substitutionen (R. Harweg), Tempuszusammenhängen (Tempusgruppen, Tempusübergänge -H. Weinrich) und Vertextungstypen (Isenberg), von Dialog- und Frage-Antwort-Strukturen sowie von Argumentationsstrukturen und prosodischen Mitteln. Zu berücksichtigen sind (pragmatische) Präsuppositionen, die ->thematische Progression im Textrahmen und bestimmte koreferentielle Bedingungen. Dabei ist zur Zeit strittig, ob es sich um eigentlich satzsyntaktische Mechanismen handelt, die textgrammatisch interpretiert bzw. auf die Textebene projiziert werden, oder ob es genuin vom Text als Ausgangseinheit her konzipierbare Regularitäten sind. Die Konzeption einer eigenständigen T. setzt u. a. voraus, daß zwischen »Satz« und »Text« hinreichend klare Unterscheidungen möglich sind (vgl. ->Satz und Text, Text und Satz). Dem materialreicheren Ansatz einer T. "von unten" (bzw. vom Satz zum Text), der vom Text her lediglich kontrolliert und u. U. korrigiert wird (H. Weinrich), steht der programmatische Ansatz gegenüber, der die Segmentierung des Textes in seine Beschreibungseinheiten vom Text als Ganzem her (von seinen Funktionen, Handlungscharakteristika usw.) zu gewinnen sucht (s. auch ->Texttheorie). - Ursprünglich von der generativen Transformationsgrammatik angeregte formale T. haben u. a. Probleme der Repräsentation und der Verarbeitung von sprachlichem und enzyklopädischem Wissen zu lösen.

Vgl. ->Transphrastik, syntagmatische Substitution, Pronominalisierung, Pro-Form, Textverweis, Textphorik, Vertextungstypen, Wiederaufnahme, Kohäsion; Satzverflechtung, Satzzusammenhang.  

Danes F. Viehweger K., Hrsg., Probleme der Textgrammatik. 1976. Dies., Probleme der Textgrammatik II. 1977 (Studia Grammatica XVIII). Dascal M. Margalit A., A new revolution in linguistics? Text grammars vs. sentencegrammars. Theoretical linguistics l; l/2, 1974. van Dijk T. A., Aspekte einer Textgrammatik. In: Dressler W., Hrsg., Textlinguistik. 1978. Ders.. Connectives in text grammar and text logic. In: van Dijk T. A. Petöfi J S., Hrsg.. Grammars and descriptions. 1977. Harweg R., Stilistik und Textgrammatik. Lili 5; 1972. Küper Ch.. Textgrammatik oder Texttheorie? ZDL 45; 1978. Morgenthaler E., Kommunikationsorientierte Textgrammatik. 1980. Moskal'skaja O. I, dt. Textgrammatik. 1984. PetöfiJ. S., Transformationsgrammatiken und eine ko-textuelle Texttheorie. 197l. Petöfi J. S. Rieser H., Hrsg., Studies in text grammer. 1974. Rieser H., On the development of text grammar. In: Dressler W., Hrsg., Current trends in text linguistics. 1978. Schecker M. Wunderli P., Hrsg., Textgrammatik. Probleme der Textualität. 1975. Sowinski B., Textlinguistik. 1983 Weinrich H., Textgrammatik der frz. Sprache. 1982. WirrerJ.. Hrsg., Textgrammatische Konzepte und Empirie. 1977. Longacre R E., The grammar of discourse. 1983.