Kurzbeschreibung
Unter Unifikationsgrammatik [engl. unification
‘Vereinigung’] versteht man einen Repräsentanten einer Klasse von
neueren Grammatikmodellen, in denen die Unifikation von Merkmalen eine zentrale
Rolle spielt. Ein Merkmal ist dabei ein Attribut-Wert-Paar, das der Beschreibung
der Eigenschaften linguistischer Objekte dient. Ein solches Attribut ist beispielsweise
Num[erus], das je nach Sprache einen Wert aus dem Wertevorrat {Singular (sg), Plural
(pl), Dual}, ein anderes Per[son], mit den Werten {1, 2, 3}. Jede linguistische
Einheit (Wort oder Phrase) ist durch eine Merkmalstruktur charakterisiert, d.h.
durch eine Menge von Attribut-Wert-Paaren, deren Werte entweder atomare Symbole
(z.B. pl oder sg) oder wiederum Merkmalstrukturen sein können. Merkmalstrukturen
für syntaktische Einheiten werden oft auch als "komplexe Kategorien"
bezeichnet. Sie werden meist als zweispaltige Merkmalsmatrizen repräsentiert,
in welchen die erste Spalte die Attribute, die zweite die zugeordneten Werte enthält.
Die für die Kongruenz zwischen Verb und Subjekt wichtigen Attribute "person"
und "numerus" werden häufig zu einem komplexen Attribut "agr[eement]" zusammengefasst.
Die Konstruktion komplexer Kategorien erfolgt über die Unifikation der Merkmalstrukturen
ihrer Konstituenten. Voraussetzung dafür ist, dass gemeinsame Attribute
in ihren Werten übereinstimmen.
Zu den unifikationsbasierten Grammatikmodellen gehören einflussreiche
formale generative Grammatiktheorien, wie die Generalized Phrase Structure Grammar
(GPSG) und die Lexical Functional Grammar (LFG), ausdrucksmächtige Grammatikformalismen
für die Implementierung auf dem Computer, wie die Functional Unification Grammar
(FUG) und PATR (parsing and translation), sowie eine
Reihe von neueren Modellen, die Mischformen aus bestehenden Ansätzen und Theorien
darstellen wie z.B. die Head-Driven Phrase Structure Grammar (HPSG) und die
Categorial Unification Grammar (CUG).
Die wichtigsten Modelle werden in der Veranstaltung im Detail behandelt. Soweit
möglich und zugänglich werden Computerwerkzeuge zur Grammatikentwicklung
eingesetzt. Teilnehmer an der Veranstaltung sollten sich daher rechtzeitig für
ein Benutzerkonto anmelden. Dies ist Voraussetzung für die Nutzung der Rechner
im fachbereichseigenen Computerlabor.
Literatur:
Hadumod Bußmann 2002,
Lexikon der Sprachwissenschaft. 3. Aufl. sv. Unifikationsgrammatik
sowie Querverweise.
Stuart M. Shieber 1986,
An Introduction to Unification-Based Approaches to Grammar. (= CSLI Lecture
Notes 4). Stanford: CSLI