Künstliche Intelligenz

Künstliche Intelligenz [artificial intelligence, iskusstvennyj intellekt]. Eine Disziplin oder Forschungsrichtung, die Programme entwickelt, die mit Hilfe elektronischer Maschinen Intelligenz erfordernde bzw. hoch spezialisierte Tätigkeiten ausführen können; die Simulation intelligenten Verhaltens mit Hilfe symbolverarbeitender Systeme, die dynamische Modelle intelligenten menschlichen Verhaltens darstellen; die Erarbeitung von Prozepmodellen der Sprach- und Informationsverarbeitung im Spannungsbereich von Grundlagenforschung und Anwendung (Spracherkennung, Sprachverstehen und Spracherzeugung).

Für die Linguistik ist die Simulation von Prozessen der Sprachverarbeitung eine Herausforderung im Hinblick auf Konkretisierung, Explizierung und Präzision grammatischer bzw. sprachlicher Beschreibungen und im Hinblick auf theoretische Konzeptionen, die syntaktische, semantische und pragmatische Faktoren, aber auch enzyklopädisches Wissen u.a. Aspekte des menschlichen Verhaltens zu integrieren haben.

Im wesentlichen geht es um die Konstruktion von Systemen, die Sprache in dem Sinne verstehen, daß sie aus vorgegebenen Texten Zusammenfassungen erzeugen können, um Übersetzungssysteme, die Texte aufgrund von sprachlichem und nichtsprachlichem (Welt)Wissen verstehen und sinngerecht übertragen können, und um auf einen bestimmten Bereich spezialisierte Dialogsysteme, die Fragen in natürlicher Sprache angemessen in natürlicher Sprache beantworten können.

Von besonderem Interesse ist der Zugang zu einem System in natürlicher Sprache. In einer ersten Phase oder Komponente sind natursprachliche Sätze in Sätze einer Kunst- oder Programmiersprache zu übertragen. Der Vorgang stellt ein Grundproblem der KI-Forschung dar, denn Ausdrücke der natürlichen Sprache müssen in eine algorithmusfähige Sprache übersetzt werden, die mechanisch manipulierbar ist (nicht-numerisches Rechnen). Dabei muß die Übersetzung selbst auch formal durchführbar sein. Die Beantwortung einer Frage bzw. die Problemlösung erfolgt in einer (logischen) Kunstsprache. Diese bildet die Eingabe für eine dritte Komponente, die Sätze der Kunstsprache in natürliche Sprache überträgt.

Der Dreiphasen-Prozeß beginnt mit der lexikalischen Analyse; die syntaktische Analyse erzeugt eine semantische Interpretation, indem sie vorhandene Mehrdeutigkeiten auflöst, einen ->Kasusrahmen bereitstellt und besondere Merkmale der sprachlichen Oberfläche beachtet sowie elliptische Ausdrücke rekonstruiert. Im Interpretationsteil des Systems mit Generierungs- und Testzyklen greifen sprachliche und nichtsprachliche Wissenskomponenten  ineinander, die dort als Wissens-Quellen repräsentiert sind, u. zw. als begriffliche und referenzielle semantische (Gedächtnis)Netze, die auch komplexe (semantisch-pragmatische) Prozesse der->Inferenz bzw. Folgerung ermöglichen, die ausgelassene Kasusrollen auffüllen und Proformen referenziell auflösen. Zur Darstellung von Antworten in natürlicher Sprache.

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