Kasusrahmen.

Bei Ch. J. Fillmore ein Bündel der mit einem Verb gegebenen kasussemantischen Erwartungen; das Arrangement semantisch-syntaktischer Rollen und ihre Zuordnung zu bestimmten Mitspielern eines durch einen Satz repräsentierten realen oder vorgestellten Sachverhalts. Die Funktion des Kasusrahmen besteht in der Verbindung von Sachverhaltsbeschreibungen mit Beschreibungen zugrunde liegender syntaktischer Repräsentationen. Der Kasusrahmen soll eine Brücke sein zwischen der Beschreibung von Situationen und der Tiefenstruktur von Sätzen. Die Zuschreibung von Rollen bzw. Tiefenkasus erfolgt dabei immer unter einer bestimmten Perspektive.

In Modellen der künstlichen Intelligenz (z. B. Goldstein und Papert 1977) gilt ein Satz als verstanden, wenn eine Anzahl geeigneter Kasusrahmen aktiviert wurde und die Leerstellen eines Rahmens mithilfe syntaktischer, semantischer und pragmatischer Information gefüllt werden konnten (Kasusrahmen als Steuerungsinstanz und Endprodukt der Analyse). Die Konzeption des Kasusrahmen basiert auf der Annahme, daß unser sprachliches und sachliches (bzw. konzeptuelles) Wissen in Form von durch sprachliche Mittel aktivierbaren Schemata, Rahmen, Szenen oder Skripts gespeichert ist, die typische und wiederholbare Konstellationen und Ereignisse des Alltags repräsentieren (Wörter und Sätze aktivieren Wissen und Erfahrung).

Vgl. ->Rahmen, Kasusgrammatik, semantisches Gedächtnis, kognitive Psychologie.

Fillmore Ch. J., Frame semantics and the nature of language. In: Harnad S. u. a., Hrsg., Origins and evolution of language and speech. 1976. Ders., Scenes-and-frames semantics. In: Zampolli A., Hrsg., Linguistic structure processing. 1977. Heringer H. J., Neues von der Verbszene. In: Stickel G., Hrsg., Pragmatik in der Grammatik. 1984 (Sprache der Gegenwart, Bd. 60). Kintsch W., dt. Gedächtnis und Kognition. 1982. Schank R. C. Abelson R. P., Scripts, plans, goals and understanding. 1977.