Abstracts

Kokou Azamede (Lomé/Togo)Von der Volks- zur Kirchensprache. Anwendung und Interpretation der Ewe-Sprache auf dem Gebiet der Norddeutschen Missionsgesellschaft in Westafrika, 1884–1939.

Im Gebiet, in dem die Norddeutsche Missionsgesellschaft tätig war, galt Ewe als die (Umgangs)sprache der Einheimischen, wurde aber auch zwischen Missionaren und Einheimischen gesprochen, wenn die Missionare Ewe gelernt hatten.

Sie war – neben dem Deutschen – die Sprache, in der die meisten afrikanischen Mitarbeiter ihre Berichte für den Missionsvorstand, ihre Korrespondenzen und Autobiographien schrieben. Bei Bedarf wurden manche Texte ins Deutsche übersetzt. Die deutsche Fassung gibt den Originaltexten christlich-europäisch orientierte Interpretationen, die lokale kulturelle Aspekte des originalen Textinhalts verdecken oder verändern können. Der vorliegende Aufsatz behandelt zwei Textbeispiele:

  • Zwei Brieftexte der Ewe-Missionsschüler Hermann Yoyo und Reinhard Kowu, 1885 übersetzt von dem deutschen Missionar Binder. Die beiden Missionsschüler schrieben dem Missionsinspektor Franz Michael Zahn einen Brief, in dem sie ihre Fehler bekennen.
  • Und die in Ewe abgefasste Autobiographie des Ewe-Pastors, Edmond Keleve Ayikutu, die ich ins Deutsche übersetzt habe. Pastor Ayikutu stellt seine Lebensgeschichte von der nicht christlichen Kindheit bis zur Zeit seiner Bekehrung zum Christentum.

Der Aufsatz zeigt, wie sich die Textinhalte aufgrund unterschiedlicher kultureller Perspektiven bei der Übersetzung verändern.

Archivalien

Kolonialarchiv des Schutzgebiets Togo

Im Staatsarchiv Lome ANT: FA 1/325: Die bei der Kolonialadministration angestellten Afrikaner. In Kartei Sebald. Signatur FA

Archiv der Norddeutschen Mission. In: Staatsarchiv Bremen. Signatur: 7,1025

  • 7,1025-29/5: 2.02. Afrikanische Mitarbeiter. Ausbildung in Deutschland. Bd. 1. 1885–1900
  • 7,1025-29/6: 2.02. Afrikanische Mitarbeiter. Ausbildung in Deutschland. Bd. 2. 1885–1900
  • 7,1025-30/1: 2.02. Afrikanische Mitarbeiter. Lebensläufe. Bd. 1 1917–1934
  • 7,1025-30/2: 2.02. Afrikanische Mitarbeiter. Lebensläufe. Bd. 2 1922–1923. ca. 1935

Literatur:

Alsheimer, Rainer (2007): Zwischen Sklaverei und christlicher Ethnogenese. Die vorkoloniale Missionierung der Ewe in Westafrika (1847–ca. 1890). Münster u. a.

Azamede, Kokou (2006): Von Komla-Kuma zu Albert Wilhelm Binder. Die Geschichte eines afrikanischen Pastors in Deutsch-Togo. 1858-1934. In: Jahrbuch für europäische Ethnologie. Paderborn u. a. 81–98.

Azamede, Kokou (2009): Transkulturationen? Ewe-Christen zwischen Deutschland und Westafrika, 1884–1939 (= Dissertation Januar 2008), i.V. beim Franz Steiner Verlag, Stuttgart.

 

Norbert Cyffer (Wien)Gibt es primitive Sprachen – oder ist Deutsch auch primitiv?

Sprachliche Beschreibungen afrikanischer Sprachen, die aus heutiger Sicht den Begriff ‚Grammatik‘ verdienen, gibt es seit dem 19. Jahrhundert. Aus den jeweiligen Methoden der Analysen können wir gut nachvollziehen, welche Entwicklung die afrikanistische Sprachwissenschaft durchgemacht hat. Aber auch außerlinguistische Betrachtungen hatten ihre Auswirkungen. Je nach den geistigen und politischen Strömungen in Europa schneiden afrikanische Sprachen in ihrer Bewertung unterschiedlich ab. Abgesehen von den damaligen Grammatikmethoden und den professionellen (Un-) Fähigkeiten der jeweiligen „Sprachwissenschaftler“ erkennen wir oft eine hintergründige Geisteshaltung (z.B. missionarischer oder kolonialer Auftrag, Rassismus).

Afrikanische Sprachen wurde kaum in die Möglichkeit gegeben, mit den Sprachen der Kolonialherren gleichzuziehen. Das durften sie auch nicht, denn sonst wäre ein vordergründiges Argument für die koloniale Idee abhanden gekommen. Wenn man dann noch eine afrikanische Sprache mit den grammatikalischen Kategorien und Regeln einer europäischen Sprache beschreiben will, kommt zwangsläufig zu dem Schluss, dass sie primitiv sein muss.

Innerhalb Afrikas tauchten auch noch Einteilungsbegriffe wie „Herrensprache“ auf. Damit war eine Qualifizierung gemeint, die sich nach europäischen Sprachen ausrichtete. Wir sind also weit davon entfernt, von einer wissenschaftlichen Analyse zu sprechen. Da störten vielleicht auch die neuen methodischen Ansätze des Beginns des 20. Jahrhunderts (z.B. Strukturalismus), die bemüht waren, Sprachanalysen objektiv durchzuführen.

In diesem Vortrag werden die Beschreibungen einiger westafrikanischen Sprachen aus dem 19. und frühen 20. Jahrhunderts herangezogen, um die Fehleinschätzungen, aber auch positiven Ergebnisse zu illustrieren. Wenn die Sprachen dann noch nach der „Hamitentheorie“ beurteilt werden, dann verlassen wir, auch aus damaliger Sicht, jede wissenschaftliche Objektivität. Die Hamitentheorie wollte beweisen, dass gewisse Sprachen, meistens des afroasiatischen – früher auch hamitosemitsch genannten – Phylums, anderen Sprachen gegenüber überlegen sind. Und wenn man diese Wertung auf die Sprachen anwenden kann, so lässt es sich auch auf die Menschen, die diese Sprachen sprechen übertragen. „Herrensprachen“ werden also von „Herrenmenschen“ gesprochen.

Natürlich müssen wir unsere Betrachtungen differenziert vornehmen und unzulässige Verallgemeinerungen vermeiden. Selbstverständlich wissen auch wir, dass es andere Sprachbeschreibungen gibt, die erfolgreich die Sprachen nach ihren eigenen und nicht den deutschen oder lateinischen Kategorien analysierten.

Fazit: wenn wir Deutsch mit den linguistischen Kategorien des Yedina am Tschadsee (50.000 Sprecher) oder dem Swahili in Ostafrika (50 Millionen Sprecher) beschreiben wollen, dann muss man zu dem Schluss kommen, dass Deutsch auch primitiv ist.

 

Thomas Geider (Institut für Afrikanistik, Universität Leipzig)Überblick über die afrikanistische Sprachforschung 1880-1945 in den ehemals deutschen Kolonial- und Missionsgebieten

Die afrikanistische Sprachforschung, die in den Jahren 1880-1945 in den Kolonien (Deutsch-Ostafrika, Deutsch-Südwestafrika, Kamerun, Togo) und weiteren Missionsgebieten bzw. nach 1918 zum Teil auch mit afrikanischen Informanten in Deutschland betrieben wurde, ist in Fachzeitschriften und Sprachmonographien sichtbar. Eine genauere Analyse und Evaluation dieses ‚Korpus’ ist selbst im Fach Afrikanistik bisher noch nicht geleistet worden, das hiermit bessere Klarheit über die eigenen Ressourcen und Orientierungen für künftiges Arbeiten gewinnen könnte. Gegenstand des Beitrags ist, einen Überblick über die geographische Verteilung, die Standardfragestellungen, besondere linguistische Einzelheiten, das deutsche und afrikanische Forschungspersonal und die Merkmale der institutionellen Infrastruktur zu geben. Ein Blick wird hierbei auch auf die entstandenen Texteditionen geworfen, die heutzutage in Afrika weitgehend unbekannt sind und einen Re-Transfer nach Afrika verdienen.

 

Thomas Geider (Institut für Afrikanistik, Universität Leipzig)Missionare edieren „Lieder der Pokomo“ (1895) – Ihre Rekontextualisierung als Jagddichtung (1983/2009)

1895 erschienen in der Zeitschrift für afrikanische und oceanische Sprachen (Bd. 1, S. 324-328) drei 'Lieder der Pokomo', die von den Neukirchener Missionaren Ferdinand Würtz und Albert Böcking am Tanafluß in Kenia gesammelt und übersetzt worden waren. Die Edition beschränkt sich dabei auf die Pokomo-Originaltexte und ihre deutsche Übertragungen. Um welche Lieder es sich handelt, wer sie wozu sang und wie sie eigentlich im größeren Rahmen zu verstehen sind, bleibt offen. Eine 1983 vom Referenten durchgeführte Feldforschung und Archivrecherche klärt diese Lieder als Bestandteile einer Jagddichtung, die mittlerweile (2009) sogar noch eine zusätzliche Bedeutungsdimension erhält. Der Vortrag kann zeigen, wie sehr die heutige Afrikanistik bereits die Arbeiten ihrer frühen Beiträger einer philologischen Überprüfung und Rekontextualisierung zu unterziehen hat und wie bedeutsam die in ‚verstaubten’ Fachzeitschriften verborgenen Texteditionen in ihrem jeweiligen Ursprungsland selber sind.

 

Hermann Hiery (Bayreuth)Sprache und Herrschaft – Der Fall der deutschen Südseekolonien
In Preparation

 

Lothar Käser (Freiburg)„Den Buchstaben h können die Eingeborenen nicht aussprechen“ – Pater Laurentius Bollig (1883-1961) und die Sprache von Chuuk/Mikronesien

Pater Laurentius Bollig (1883-1961) war zu Anfang des 20. Jahrhunderts als Missionar im damaligen deutschen Kolonialgebiet „Südsee“ tätig, hauptsächlich auf Chuuk, einem Atoll in den Ostkarolinen. Von ihm stammt die erste dichte Beschreibung der Sprache der Inselgruppe. Die Bedeutung seiner Arbeit liegt darin, dass sie nicht nur linguistisch ausgerichtet ist, sondern ethnologisch, und dies sogar überwiegend. Weil Bollig zu kulturellen Phänomenen in akribischer Weise die entsprechenden sprachlichen Formen lieferte, hat er eine Quelle geschaffen, die spätere Forschungen sehr gefördert und erleichtert haben. Der Vortrag stellt diese Leistung (und gelegentliche Irrungen) anhand von Beispielen dar und zeigt insbesondere, welche Möglichkeiten das Werk Bolligs für die Feldforschung mit den Methoden der kognitive Ethnologie gegenwärtig bietet.

 

Peter Mühlhäusler (Adelaide)Die deutsche Sprache in Kiautschou

Obgleich Kiautschou nur von 1897 bis 1914 eine deutsche Kolonie war, fand die deutsche Sprache  sowohl als Standardvariante als auch in der Form eines Pidgin-Deutsch relativ grosse Verbreitung. Eine wichtige Funktion hatte die Benennung und Umbenennung von Orten dieser Kolonie. Die Ausbreitung der deutschen Sprache war einerseits Folge einer bewussten Sprach-und Kulturpolitik, andererseits der intensiven Interaktionen zwischen verschiedenen deutschen und chinesischen sozialen Gruppen.

In diesem Vortrag werde ich die soziohistorischen Faktoren , die bei der forcierten Eindeutschung von Kiautschou beteiligt waren, darstellen, um danach das Pidgin-Deutsch als eine unbeabsichtigte Folge  deutscher Sprachpolitik zu beschreiben.

 

Jürgen G. Nagel (Hagen)Koloniale Praxis und akademisches Ideal – Interessenkonvergenzen und -divergenzen in der Ethnolinguistik des deutschen Kolonialreichs

Das deutsches Kolonialreich entwickelte in der kurzen Zeit seines Bestehens einen nicht unbeträchtlichen Bedarf an der Erforschung indigener Sprachen in West-, Südwest- und Ostafrika sowie in Ozeanien. Zugleich schuf es gänzlich neue Rahmenbedingungen für die linguistische Forschung in den betreffenden Regionen. Diese Situation bedingte jedoch keine in sich geschossene Forschungsorganisation, sondern brachte vielmehr eine Gemengelage verschiedener konkurrierender Interessen hervor, die sich partiell unterstützen, aber auch konterkarieren konnten – ganz zu schweigen von der nicht unbedeutenden Frage nach den praktischen Möglichkeiten solcher Forschung vor Ort.

Für eine grobe Systematik können drei wesentlich Interessensphären unterschieden werden: (1) die administrative Sphäre, bestehend aus Kolonialverwaltungen (Reichskolonialamt, Gouvernemente, Bezirksämter etc.) und den Zentralen von Missionsgesellschaften und -orden sowie daneben auch kolonialen Interessenverbände (Kolonialgesellschaft, Kolonialwirtschaftliches Komitee etc.), (2) die akademische Sphäre, bestehend aus den an Sprachforschungen beteiligten Universitäten, Instituten und Akademien, und (3) der Sphäre der "men on the spot", bestehend aus einem sehr breiten Spektrum von (wenigen) ausgebildeten Linguisten im Feld über systematisch Sprachmaterial sammelnde Missionare bis hin zu (zahlreichen) Beamten oder Reisenden, die nur sporadische Aufzeichnungen beisteuerten. Es liegt auf der Hand, dass diese Sphären eine große Binnendifferenzierung aufwiesen und selbst innere Interessenkonflikte aufwiesen – dennoch ist mit ihnen die Grundstruktur beschrieben, in welche die koloniale deutsche Sprachforschung eingebettet war. Trotz eines geringen personalen Austauschs zwischen ihnen ist eine umfassende gegenseitige Beeinflussung dieser Sphären zu konstatieren. Vor diesem Hintergrund können die Sprachaufnahmen im deutschen Kolonialreich nicht als Ansammlung unterschiedlich großer, aber strukturell gleichwertiger Wissensspeicher aufgefasst und akkumuliert werden, sondern sind als Ergebnisse zahlreicher Formierungsprozesse unter dem Einfluss verschiedener Interessen und Faktoren anzusehen und zu bewerten.

Der Beitrag fragt nach diesen unterschiedlichen Interessen, ihren Beziehungen zueinander und ihren Einflüssen auf die praktische Sprachforschung. Dabei wird ein allgemeineres Panorama angestrebt, das eine Hintergrundfolie aus Historikersicht für die Diskussion der Tagung anzubieten versucht.

 

Alexandre Ndeffo Tene (Yaoundé/Kamerun)N.N.
In Preparation

 

Hans Schmidt (Hamburg)N.N.
In Preparation

 

Dirk Spennemann (Albury/Australien)Complex Predicates In Maltese - In The Perspective Of Neo-Arabic

 

Doris Stolberg (Institut für Deutsche Sprache Mannheim)Lexikalische Sprachkontaktphänomene Nauruisch-Deutsch in den linguistischen Schriften der Missionare Delaporte und Kayser

In den zwei Jahrzehnten vor dem ersten Weltkrieg standen weite Teile des Südpazifiks (fast ganz Mikronesien, Samoa, Teile Melanesiens / Neuguineas) unter deutscher Verwaltung. Die Tatsachen, dass das Deutsche hier in einem eng umrissenen geographischen Areal etwa 400 bis 500 anderen Sprachen gegenüberstand, führte zu einer besonderen  Situation in Bezug auf Sprachenpolitik, Sprachenverhältnisse und Sprachkontakt, die mit keiner anderen soziolinguistischen Konstellation in der Geschichte des Deutschen unmittelbar vergleichbar ist.

Die sprachkontaktbedingten gegenseitigen Einflüsse zwischen dem Deutschen und den indigenen Sprachen der Region sind bisher nur bedingt erforscht. In vielen der indigenen Sprachen in den ehemals unter deutscher Verwaltung stehenden Gebieten finden (bzw. fanden) sich lexikalische Entlehnungen aus dem Deutschen. So hat eine Untersuchung von 16 Sprachen Mikronesiens anhand zum Teil unpublizierter Materialien in 14 dieser Sprachen deutschen Lehnworteinfluss zu Tage gefördert (Engelberg 2006).

Ein konkretes Beispiel für kontaktbedingten lexikalischen Einfluss dieser Art bietet die sprachliche Situation auf der pazifischen Insel Nauru. Auf Nauru, ehemals Teil des deutschen Kolonialgebietes, hielten sich zu Anfang des 20. Jahrhunderts etwa zeitgleich zwei deutschsprachige Missionare auf, der Protestant Philip A. Delaporte und der Katholik Alois Kayser; beide trugen durch das Erstellen von Wörterbüchern, Bibelübersetzungen, anderen religiösen Texten sowie einer Grammatik des Nauruischen (Kayser) aktiv zur Dokumentation und schriftlichen Verwendung des Nauruischen bei. Ein Vergleich der Wörterbücher zeigt jedoch überraschenderweise deutliche Unterschiede, v.a. in Bezug auf die Herkunft von Lehnwörtern. Während bei Delaporte in allen auf Nauruisch verfassten schriftlichen Dokumenten eine größere Zahl an deutschen Lehnwörtern auftritt, finden sich bei Kayser an deren Stelle häufig die entsprechenden englisch-basierten Lexeme, sofern die betreffenden Lemmata überhaupt erfasst sind.

In dieser Untersuchung geht es um einen Vergleich der Wörterbücher von Delaporte und Kayser, wobei ergänzend eine Wortliste von Paul Hambruch (1914/15) sowie neuere nauruische Wortlisten  (Nauruan Swadesh List 1954, Petit-Skinner 1981) herangezogen werden. Eine zentrale Fragestellung ist, wie sich die Unterschiede zwischen Delaporte und Kayser erklären lassen und welche Schlussfolgerungen aus solchen Unterschieden in der Sprachdokumentation für die weitere Erforschung dieser und vergleichbarer Kontaktsitutationen zu ziehen sind (Zuverlässigkeit bzw. Bewertung linguistischer Dokumente). Als weiterer wichtiger Aspekt wird untersucht, wie es um die Nachhaltigkeit des lexikalischen Einflusses bestellt ist, der in den Wörterbüchern der beiden Missionare reflektiert ist; hierzu liefern die neueren Wortlisten ergänzende Informationen.

Dabei kommen auch methodologische Gesichtspunkte zur Sprache, u.a. die Schwierigkeit, eine aussagekräftige und quantitativ ausreichende Datenbasis zusammenzustellen, die eine möglichst zuverlässige Grundlage für die Evaluierung einer solchen historischen Sprachkontaktsituation bieten kann.

References:

Delaporte, Philip Adam. 1907. Taschenwörterbuch Deutsch–Nauru.

Engelberg, Stefan. 2006. Kaisa, Kumi, Karmoból. Deutsche Lehnwörter in den Sprachen des Südpazifiks. Sprachreport 22, 4, 2–9

Hambruch, Paul. 1914/15. Nauru. Ergebnisse der Südsee Expedition, 1908–1910. Hamburg: L. Friedrichsen

Kayser, Alois. 1936. Nauru Grammar. [hg. v. Karl H. Rensch, 1993.  Yarralumla (Australien): Botschaft der Bundesrepublik Deutschland]

Nauruan Swadesh List. 1954. Tri-Institutional Pacific Program, Department of Anthropology, Yale University

Petit-Skinner, Solange. 1981. The Nauruans. San Francisco, CA: Macduff Press

 

Thomas Stolz (Bremen) Koloniallinguistischer Konkurrenzkampf auf den Marianen: Die Wörterbücher und Grammatiken von Georg Fritz und Callistus Lopinot

Während der kurzen deutschen Kolonialzeit auf den Marianen sind gleich jeweils zwei grammatische Skizzen und Wörterbücher (Deutsch-Chamorro/Chamorro-Deutsch) entstanden. Die Autoren – der deutsche Bezirksamtmann Georg Fritz und der Kapuzinerbruder Callistus Lopinot – sind persönlich alles andere als gut miteinander ausgekommen, eine gespannte Beziehung, die u.a. darin mündete, dass der Bezirksamtmann die Aufnahme des Klerikers im amerikanischen Guam erfolgreich hintertrieb.

Die Animositäten der beiden anscheinend starken Persönlichkeiten haben sich auch linguistisch niedergeschlagen. Sieht man von den lexikalischen Bemerkungen Adelbert von Chamissos ab, ist Georg Fritz der Pionier der deutschsprachigen Chamorro-Linguistik. Er hat 1903 eine grammatische Skizze des Chamorros veröffentlicht, der schon 1904 das Fritz’sche Wörterbuch folgte. Für beide Arbeiten hat Georg Fritz eine orthographische Repräsentation des Chamorros gewählt, die gezielt mit den spanischen Traditionen bricht. Callistus Lopinot brachte schließlich 1910 sein eigenes Wörterbuch heraus, das auch eine Chamorro-Kurzgrammatik enthält. Auf die in der Zwischenzeit neu aufgelegten Vorarbeiten seines Gegners Georg Fritz geht der Kapuziner jedoch mit keinem Wort ein, sondern führt eine völlig unabhängige Orthographie ein, die stellenweise wieder an die alten spanisch inspirierten Schreibregeln anschließt, auf jeden Fall aber deutlich von den Konventionen des Bezirksamtmanns abweicht. Dies gilt in gleichem Maße für die Kurzgrammatik Lopinots.

Auf diese Weise ist die kuriose Situation entstanden, dass das Chamorro auf den Nördlichen Marianen kurz vor dem Ende der deutschen Kolonialzeit gleich über drei Orthographien verfügte, nämlich die traditionelle sog. spanische Orthographie, die Fritz’sche und die Lopinot’sche. Ich werde in meinem Vortrag das Hauptaugenmerk darauf legen, zu eruieren, wie weit die Divergenzen zwischen Fritz und Lopinot auf lexikalischem und grammatischem Gebiet gehen.

Literatur:

Fritz, Georg. 1903. “Chamorro Grammatik.“ Mitteilungen des Seminars für Orientalische Sprachen an der Friedrich-Wilhelms-Universität 6, 1-27.

Fritz, Georg. 1904. Chamorro-Wörterbuch. Berlin: Georg Reimer.

Lopinot, P. Callistus. 1910. Chamorro Wörterbuch enthaltend I. Deutsch-Chamorro, II. Chamorro-Deutsch nebst einer Chamorro-Grammatik und einigen Sprachübungen. Hongkong: Typis Societatis Missionum ad Exteros.

 

Brigitte Weber (Klagenfurt)Über den Einfluss des Deutschen auf das 'pidgin English' von Kamerun

Das pidgin English von Kamerun ist die Varietät des Westafrikanischen Pidgin English, das in Kamerun / Cameroon / Cameroun gesprochen wird. Die reichhaltigen und verschiedenartigen Quellen der Sprache spiegeln die historischen Ereignisse wider, die dieses mehrsprachige und vielvölkische Land durchlebte. Während der deutschen Kolonialzeit, die von 1884 bis 1916 dauerte, diente diese 'vereinfachte Sprache' (auch 'Negerenglisch oder 'Küstenenglisch' genannt) als Verkehrssprache. Der Sprachkontakt zwischen dem Deutschen und dem Kamerun pidgin hatte einen Einfluss des Deutschen auf das pidgin zur Folge.

In diesem Vortrag werden Sprachdokumente vorgestellt, die während der Kolonialzeit verfasst wurden. Die Deutschen waren die ersten, die diese Sprache schriftlich aufzeichneten und es ist erkennbar, dass Merkmale der deutschen Sprache in diese Aufzeichnungen einflossen.

 

Dotsé Yigbe (Université de Lomé/Togo)Von Schlegel über Spieth bis Westermann: die Ewe-Sprache im Dienste der Ethnographie

Mit der Veröffentlichung seines Schlüssel zur Ewe-Sprache im Jahre 1857 legte der Missionar Bernhard Schlegel den Grundstein zur Erforschung nicht nur der Sprache, sondern auch der Seele des zu missionierenden Ewe-Volkes.

Dem Missionar fiel schon damals die dialektische Verästelung der Ewe-Sprache auf. Die Auseinandersetzung mit den verschiedenen Dialekten führte um die Jahrhundertwende (1900) zur Polemik, welcher Dialekt der Ewe-Sprache zur allgemeinen Schrift- und Verkehrsprache erhoben werden sollte.

Ziel des vorliegenden Beitrags ist zu zeigen, wie die Polemik um die Sprachenfrage entfacht worden war und wie die verschiedenen Stellungnahmen in bedeutenden ethnographischen Studien der protestantischen Missionare zum Ausdruck kamen.