Komplexe narrative Strukturen sind filmhistorisch betrachtet zwar nichts Neues,
erleben seit knapp drei Dekaden in Independent- wie Mainstream-Produktionen jedoch
eine viel beachtete Blütezeit. Die Tatsache, dass für den Trend weg von linearen,
eindeutigen, vorhersehbaren und zuverlässig erzählten Geschichten verschiedene Sammelbegriffe
eingeführt wurden („offbeat storytelling“, Bordwell 2006; „the new
disorder“, Denby 2007; „mind game movies“, Elsaesser 2009; „puzzle
films“, Buckland 2009; „disorienting media“, Eckel et al. 2013),
sollte allerdings nicht über die Heterogenität der in diesem Kontext besprochenen
Filme hinwegtäuschen.
In meinem Vortrag möchte ich versuchen, etwas Ordnung in dieses „neue Durcheinander“
zu bringen. Dabei gehe ich davon aus, dass komplexe Erzählungen oft eine oder mehrere
der folgenden drei Strategien wählen, die den Rezeptionsprozess maßgeblich bestimmen:
- Verwirrung (durch Paradoxien und Inkohärenzen)
- Verunsicherung (durch das Etablieren von Ambiguität)
- Täuschung (durch das Auslegen falscher Fährten)
Allerdings gilt es zu beachten, dass sich die genannten Strategien aufgrund gegenseitiger
Beeinflussung nicht wahllos kombinieren lassen. Die Analysen von Identity(USA 2003),
Abre los ojos (Sp/F/I 1997), Puppetboy(Schweden 2008) und weiteren Beispielen sollen
zeigen, welche Kombinationen häufig anzutreffen sind und welche Effekte sie zeitigen.
Ein besonderes Augenmerk wird zudem auf die Frage gerichtet, welcher Dramaturgie das
Zusammenspiel verwirrender, verunsichernder und täuschender Erzählverfahren folgt.
Erwähnte Literatur:
Bordwell, David. The Way Hollywood Tells It. Berkeley 2006.
Buckland, Warren (Hg.). Puzzle Films: Complex Storytelling in Contemporary
Cinema. Malden 2009.
Denby, David. „The New Disorder.“ In: The New Yorker, 5.3.2007.
Eckel, Julia et al. (Hg.). (Dis)orienting Media and Narrative Mazes. Bielefeld
2013.
Elsaesser, Thomas. „The Mind-Game Film“. In: Buckland 2009. S. 13–41.