Linguistik in Bremen
            
                Der 4. Vielfaltslinguistik-Tagung hat die inhaltliche Ausrichtung der Bremer  Linguistik seit langem schon den roten Teppich ausgerollt. Das lokale Interesse  in Forschung und Lehre an der strukturellen und soziolinguistischen Diversität  menschlicher Sprache(n) kann direkt an den DFG-geförderten, crosslinguistisch  ausgerichteten Projekten 
                
                „Komitative und verwandte Kategorien“,  
                
                „Alienabilitätskorrelation in den Sprachen Europas“ (
                Split Possession),                    
                    
                    „Totale  Reduplikation“,                
                
                „Morphologische Irregularität“  und „Räumliche Interrogativa und ihre lokal-deiktischen Äquivalente“ abgelesen werden. Die bei diesen Projekten immer mitberücksichtigte  europäische Komponente hat dazu beigetragen, die vermeintlich strukturelle  Homogenität empirisch infrage zu stellen und somit einen bislang unbeachteten  Aspekt von Diversität auf engem Raum in die Forschung integriert.
            
               Wir möchten die 4. Vielfaltslinguistik zum  Anlass dafür nehmen, die (linguistisch-philologische) Interdisziplinarität noch  weiter zu stärken, indem auch die Diskurslinguistik und andere  Forschungsprogramme zu Wort kommen, die in unserem bisherigen  Diskussionskontext marginalisiert waren. Vielfalt soll sich auch auf die  Perspektive verschiedener Zugänge zum Phänomen Sprache beziehen. Wir verstehen  die 4. Vielfaltslinguistik zudem als Startsignal dafür, uns für die Etablierung  der Vielfaltslinguistik als akademische Disziplin zu engagieren.
  
            Die Bremer Linguistik ist  Redaktionssitz der Zeitschrift STUF – Language  Typology and Universals   sowie der Reihe Studia Typologica.  In diesen Publikationsorganen werden regelmäßig Forschungsarbeiten aus dem  Bereich der Vielfaltslinguistik der Öffentlichkeit vorgestellt.
             
                   
            Workshops und Tagungen
            Die Bremer Linguistik veranstaltet seit 1996  internationale Workshops und Tagungen, darunter die Jahrestagung der Societas Europaea Linguistica (SLE) 2006  und die Jahrestagung der Deutschen  Gesellschaft für Sprachwissenschaft (DGfS) 2019   sowie interdisziplinär die Jahrestagung  der Gesellschaft für Überseegeschichte (GÜSG) 2013. Weitere interdisziplinäre Konferenzen  z.B. mit Kultur- und Literaturwissenschaften haben unter dem Titel First Bremen Conference on Language and  Literature in Colonial and Postcolonial Contexts BCLL #1 (03.–08.2013), Second Bremen Conference on Language and Literature in Colonial and  Postcolonial Contexts BCLL #2 (03.–07.09.2014) sowie am Hanse-Wissenschaftskolleg im koloniallinguistischen Rahmen unter  dem Titel „Benennungspraktiken in Prozessen kolonialer Raumaneignung“ (16.–18.07.2015)  stattgefunden. 
     
            Die Volkswagen-Stiftung hat darüber hinaus  mehrere Tagungen gefördert, die einen thematischen Bezug zur  Vielfaltslinguistik aufweisen: Afrolusitanistik (1996), Individualität und Konvergenz (1996), Das Eigene und das Fremde in den Sprachen  Austronesiens und Amerikas (1999), Purismus (2001), Romanisierung weltweit (2005), Morphologien im Kontakt (2009), Sprachliche Imperien (2012).  Jede Tagung ist durch Sammelbandpublikationen dokumentiert.  Im Herbst 2009 wurde von der Bremer Linguistik das dreiwöchige Festival der Sprachen  mit täglichem Programm organisiert, zu dem auch ein Tagungsmarathon mit  dreizehn konsekutiven Tagungen und Workshops zu verschiedenen Themen gehörte.  Besonderes Augenmerk wurde dabei auf die Repräsentation von sog. Kleinsprachen  und bedrohten Sprachen gelegt.
          
         
        
        
        
              Koloniallinguistik
            Aus diesen Aktivitäten und den sie  begleitenden Forschungen zu Sprachkontaktphänomenen haben sich organisch  weitere vielfaltslinguistisch relevante Projekte entwickelt. 2011 wurde in  Zusammenarbeit mit der von Ingo H. Warnke vertretenen Interdisziplinären  Linguistik und Vertreter*innen des Instituts für Deutsche Sprache (IDS), der  Universitäten Würzburg, Wuppertal und Berlin (FU) das Forschungsprogramm der Koloniallinguistik  aus der Taufe gehoben, das mit zahlreichen Workshops und einer umfangreichen  Publikationsreihe  einen festen Platz in der internationalen akademischen Landschaft gefunden hat.  Die Koloniallinguistik war auch prominent in die erfolgreiche Bewerbung der  Universität Bremen bei der 2. Exzellenzinitiative involviert.
  
            
            Malta-Zentrum
            Seit 2012 besteht an der Universität Bremen  das ausschließlich linguistischen Fragestellungen gewidmete Malta-Zentrum,  das in Kooperation mit der Universität Malta geführt wird. In dieser weltweit  einmaligen Einrichtung werden Forschungsprojekte zum Maltesischen durchgeführt  und internationale Forschungs- und Tagungsaktivitäten koordiniert sowie  Publikationen betreut. Gegenwärtig läuft am Malta-Zentrum ein DFG-Projekt zur  „Grammatik der maltesischen Präpositionen“. Maltesische Strukturkurse gehören  zum festen Lehrprogramm der Linguistik auf BA- und MA-Niveau. Das Malta-Zentrum  dient als Muster für ein zukünftiges Zentrum für Vielfaltslinguistik, in das  auch unsere internationalen Kooperationen mit dem CIESAS (Mexiko), der  Walisisch-Abteilung der Universität Cardiff, dem Humanities Council of the  Northern Marianas (HCNM) (Saipan) u.a.m. integriert werden sollen.