Plenarvortrag I: (Mehr-)Sprachigkeit in schulischen Kontexten – von Menschen, Sprachen und ihren kontextuellen Einbettungen
Vertr.-Prof. Dr. Andrea Daase, Universität Bremen
Wenn von Mehrsprachigkeit im Allgemeinen und in Schule im Besonderen die Rede ist, fallen zwei Perspektiven ins Auge: Zum geht es um die dezidierte Aufgabe von Schule und das Ziel schulischer Bildung, alle Schüler*innen zur sogenannte Bildungssprache des Deutschen hinzuführen, wobei implizit der Fokus v.a. auf Schüler*innen aus mehrsprachigen Familien gelegt wird. Zum anderen wird auf die sogenannten Herkunftssprachen mehrsprachiger Schüler*innen verwiesen, welche als Ressource für das schulische Lernen und den Sprachausbau im Deutschen dienen soll. Beide Perspektiven gehen nicht von den Menschen aus, sondern von vermeintlich klar voneinander abtrennbaren Sprachen bzw. Registern, denen jeweils ein spezifischer Gebrauchskontext zugewiesen wird. Zudem liegt ihnen unter dem Deckmantel der Mehrsprachigkeit letztendlich ein monolingualer Habitus und eine einseitige Sicht auf die Funktion von Sprache zugrunde.
Ohne der beschriebenen Aufgabe von Schule, im Sinne der Bildungsgerechtigkeit alle Schüler*innen zu bildungssprachlichen Kompetenzen zu führen und dabei ihre (mehr-)sprachlichen Ressourcen einzubeziehen, in Frage zu stellen, soll in dem Vortrag ein erweiterter Blick auf (Mehr-)Sprachigkeit als Ressource in schulischen Kontexten eingenommen werden. Dabei wird von den individuellen historisch-biographischen Menschen und ihren sprachlichen Repertoires, die in unterschiedlichen Domänen ausgebildet und eingesetzt werden, ausgegangen. Es wird ein Verständnis von Sprache als sozialer Praxis zugrunde gelegt und die Funktionalität sprachlicher Register in den Blick genommen. Darauf basierend wird dafür plädiert, Sprachbildung in der Schule und für die Zukunft und das Leben der Schüler*innen wieder ganzheitlicher zu betrachten.