Das Erkenntnisinteresse des Forschungsprojekts liegt auf der Entwicklung eines didaktisch-methodischen
Konzepts für eine systematische Verschränkung des lexikalischen Bereichs im Englisch-
und Lateinunterricht.
Gymnasien, die das so genannte Modell 'Latein Plus' übernommen haben, bieten Latein
als profilgebende Fremdsprache ab der fünften Klasse an und ziehen gleichzeitig
das Fach Englisch von der sechsten bzw. siebten Klasse in die fünfte Klasse vor,
um eine Unterbrechung des in der Grundschule begonnen Englischunterrichts zu vermeiden
und den altsprachlichen Bildungsgang zu stärken.
Was zunächst lediglich wie die Lösung eines strukturellen Problems aussieht, besitzt
ein enormes Potenzial: Zunächst könnte dieses Modell ein Beispiel für die allseits
geforderte Etablierung sprachen- und fächerübergreifender Unterrichtskonzepte darstellen.
Darüber hinaus könnte die Thematisierung von Cognates, d.h. sprachverwandten Vokabeln
zusammen mit einer Vermittlung von Erschließungs- und Memorierungsstrategien (Stichwort
'interlinguale Transfermöglichkeiten') einen Beitrag zur Fähigkeit lebenslangen
(Fremd-)Sprachenlernens (vgl. Gemeinsamer europäischer Referenzrahmen, Bildungsstandards
für die erste Fremdsprache) leisten. Nicht zuletzt wird es dem Fach Englisch durch
eine Kooperation mit dem Lateinunterricht möglich, den eigenen Beitrag zur sprachlichen
Allgemeinbildung der Lerner (neu) zu definieren und der Verantwortung gerecht zu
werden, die es als überwiegend erstes Fremdsprachenfach für lebenslanges Sprachenlernen
trägt.
Zurzeit fehlt es allerdings noch an Unterrichtskonzepten und Materialien, um ein
kontinuierliches sprachenverbindendes Lehren und Lernen in 'Latein Plus'-Klassen
zu ermöglichen. Im Rahmen eines Schulbegleitforschungsprojekts, an dem sieben Englisch-
und Lateinlehrkräfte und vier Klassen teilnehmen, wird deshalb erforscht, welche
Möglichkeiten es zur lexikalischen Verschränkung gibt bzw. wie Vokabeln sprachenverbindend
in 'Latein Plus'-Klassen der unteren Sekundarstufe I systematisch gelernt und gelehrt
werden können. Schriftliche und mündliche Befragungen von Lehrkräften und Schülerinnen
und Schülern sowie Lehrbuch-Analysen beleuchteten in einem ersten Schritt die für
die Entwicklung eines Konzeptes notwendigen Rahmenbedingungen sprachenübergreifenden
Lehrens und Lernens. Auf dieser Grundlage wurden sprachenübergreifende Vokabelübungen
entwickelt, die von Schülerpaaren bearbeiteten wurden, was wiederum aufgezeichnet
wurde. Die so gewonnenen Erkenntnisse flossen anschließend in die Entwicklung von
Unterrichtsmaterial ein, die von Lehrkräften erprobt und evaluiert wurden. Von diesen
unterschiedlichen Datensätzen ausgehend sollen dann im Sinne einer Datentriangulation
Ziele, Inhalte, Methoden und Rahmenbedingungen eines didaktisch-methodischen Konzeptes
abgeleitet werden.
Veröffentlichung: Sass, Annina (2015): Sprachenübergreifendes Vokabellernen. Eine qualitativ-interpretative Studie zur Vernetzung der Fächer Englisch und Latein.
Volltext hier [https://elib.suub.uni-bremen.de/edocs/00105616-1.pdf]