Lesen im Studium

Wie Sie sicher festgestellt haben, besteht eine Ihrer Hauptbeschäftigungen an der Universität darin, zu lesen, und zwar diverse Sorten und große Mengen von Text: einführende Werke, spezifische Fachtexte, Aufsätze usw. usf.; vieles davon auf Englisch.

Ein Gros Ihrer Arbeit im Studium findet außerhalb der Veranstaltungen statt, nämlich in der Bibliothek, in der Arbeitsgruppe oder am heimischen Schreibtisch, wobei es im Wesentlichen darum geht, die Literatur zu rezipieren, die an Sie von den Veranstaltern herangetragen wird: die einzelnen Sitzungen müssen anhand dieser Literatur gründlich vor- und nachbereitet werden.

Die Fähigkeit, sich die in einem Text vorgestellen Inhalte selbständig anzueignen, ist also Grundvoraussetzung dafür, erfolgreich zu studieren, und doch lässt sich in jüngerer Zeit feststellen, dass immer mehr Studenten mit genau diesem, so zentralen Punkt erhebliche Schwierigkeiten haben.

Um den Prozess des Verstehens beim Lesen zu unterstützen, müssen Sie anfangen, aktiv mit einem Text zu arbeiten. Es reicht - insbesondere zu Studienbeginn - nicht aus, einen Text ein- oder zweimal durchzulesen und ggf. noch ein bisschen den Textmarker spielen zu lassen.

Die nachfolgenden Hinweise sollen Ihnen dabei helfen, dieses Problem gleich zu Beginn Ihres Studiums bei den Hörnern zu packen und zeigen Ihnen ein paar Techniken dafür, besser mit der zu lesenden Literatur klar zu kommen.

  1. Wenn in dem Text ein Fachbegriff auftaucht, den Sie nicht einordnen können: schlagen Sie ihn nach. Dazu dienen einerseits terminologische Wörterbücher, andererseits gibt es auch im Internet Möglichkeiten, gezielt nach Begriffen zu suchen. Bei diesen ist aber Vorsicht angebracht, da die Quellen nicht immer zuverlässig sind. Sie sollten darüberhinaus bei der Lektüre von englischen Texten stets ein Wörterbuch zur Hand haben.
  2. Organisieren Sie sich in kleineren study-groups: tun Sie sich mit Kommilitonen zusammen und befragen Sie sich gegenseitig zu den zu lesenden Abschnitten. In einer Gruppe mit drei Leuten könnte sich z.B. jeder Teilnehmer zwei Fragen (inklusive Antworten) zum Text überlegen, die er dann den anderen stellt. Auf diese Weise können Sie etwas gegen die Unsicherheit tun, die viele Studenten plagt, nämlich 'ich hab's zwar gelesen, aber ich weiß nicht, ob ich's auch kapiert habe'.
  3. Wenn Sie einen Text lesen: schreiben Sie dabei. Versuchen Sie sich z.B.
    1. an einer kurzen Gliederung des Textes: geben Sie die hierarchische Struktur des Textes wieder und bennenen Sie für jeden Gliederungspunkt die darin aufgeführten zentralen Keywords. Überprüfen Sie sich dabei aber selber: schreiben Sie diese Punkte nicht einfach ab, sondern hinterfragen Sie, ob Sie beispielsweise in der Lage wären, diese Keywords auch in eigenen Worten zu erklären.
    2. an einer Kurzzusammenfassung: versuchen Sie, die Argumentation des Autors und das, was er vermitteln möchte, schriftlich im eigenen Fließtext nachzuzeichnen. Auf diese Art mit einem Text umzugehen hat verschiedene Vorteile: zum einen können Sie diejenigen Stellen identifizieren, die Ihnen ggf. Schwierigkeiten machen. Zum anderen machen Sie sich den Text damit zu
  4. Wenn Sie Fragen zum Text haben: formulieren Sie diese schriftlich. Das zwingt Sie dazu, sich Klarheit über das vorliegende Problem zu verschaffen (was übrigens durchaus häufig dazu führt, dass sich selbiges auflöst). Wenden Sie sich mit diesen Fragen dann an Ihre Kommilitonen oder an Ihren Veranstalter. Dieser ist gerne dazu bereit, sich mit Ihnen auszutauschen. Das funktioniert aber nur, wenn Sie Ihre Fragen gezielt stellen.
  5. Inbesondere für linguistische Texte gilt noch Folgendes:
    1. Blättern Sie im Text zurück. Klingt banal, muss aber offensichtlich einmal explizit benannt werden. In linguistischen Texten werden sprachliche Beispiele verwendet, um bestimmte theoretische Probleme zu motivieren oder zu verdeutlichen. Diese Beispiele sind durchnumeriert und es tritt häufig die Situation ein, dass sich ein Autor nur per Nummer auf ein Beispieldatum bezieht, das vielleicht vier Seiten vorher aufgeführt wurde. Hier müssen Sie natürlich auf die entsprechende Seite gehen um das Beispiel noch einmal anzusehen. Gleiches gilt für Verweise im Text – wenn Sie im dritten Abschnitt einen Hinweis auf eine Textstelle im ersten Abschnitt lesen, sind Sie aufgefordert, sich erneut dorthin zu begeben um die fragliche Stelle zu rekapitulieren. Tun Sie das nicht, dürfen Sie sich nicht wundern, wenn Ihnen ein Großteil der Argumentation schleierhaft vorkommt.
    2. Noch ein Nachsatz zu den sprachlichen Beispielen: versuchen Sie diese immer dann, wenn es irgendwie geht, durch eigene Beispiele zu ersetzen. Auch dieses Vorgehen führt dazu, dass Sie sich den Text zu eigen machen.
Gehen Sie davon aus, dass Sie selber den größten Beitrag dazu leisten, einen Text zu verstehen.