Lexikalische Kompetenz oder Wortwissen

W as bedeutet es aber genau, ein Wort zu beherrschen? Und was ist eigentlich ein Wort?


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Da das moderne Swahili mit einer Alphabetschrift geschrieben wird, soll hier vereinfachend alles, was in der Schrift zwischen zwei Leerzeichen (oder Satzeichen) steht, als Wort aufgefasst werden. Da in der gesprochenen Sprache bei normalem Sprechtempo die Wortgrenzen nicht hörbar sind, ist das natürlich nicht unproblematisch. Ich könnte mir vorstellen, dass Swahili-Kinder, wenn sie schreiben lernen, große Schwierigkeiten haben, die Wörter voneinander zu trennen. Für ursprünglich getrennt geschriebene zusammengesetzte Wörter findet man auch in der Standardsprache echte Komposita wie z.B. für Zug – neben dem üblicheren trenigari la moshigari moshigarimoshi. Für na kadhalika und so weiter habe ich auch nakadhalika gefunden.

In den Wörterbüchern von Legère und Höftmann/Herms findet sich nur gari [la] moshi, bei Cosmo Lazaro neben diesem auch garimoshi. Das TUKI-Wörterbuch und das von Perrot/Russel haben nur garimoshi.

Damit aber zurück zu der Frage, was es bedeutet ein Wort zu beherrschen. Eine gängige, sehr verkürzte Antwort wäre, dass man es richtig aussprechen und schreiben kann und dass man weiß, was es bedeutet. Das führt aber sofort wieder zu weiteren Fragen. Wann kann man z.B. sagen, dass man die Bedeutung eines Wortes kennt?

Gerade Muttersprachler haben große Probleme, wenn sie die Bedeutung eines Wortes erklären sollen. Beim Fremdsprachenlehren und -lernen geht man meist den Weg, eine Entsprechung in der Sprache des Lerners anzugeben. Nehmen wir ein scheinbar einfaches Beispiel. Viele Swahili-Lehrwerke beginnen mit Grußformen. Wir lernen also z.B. harbari gani?, dessen Bedeutung vergleichbar mit wie geht's?, und die Antwort darauf nzuri gut' sei. Im Wörterbuch des Lehrgangs finden wir für das Adjektiv -zuri die Entsprechungen gut, schön. Aber ist das wirklich die Bedeutung von -zuri? Zum einen sind gut und schön im Deutschen doch ziemlich disparate Konzepte. Wenn man Omari alisoma kitabu kizuri mit Omari las ein schönes Buch übersetzt, bezieht man sich wohl eher auf äußere Erscheinungsmerkmale wie Einbandgestaltung, Papier- und Druckqualität, Illustrationen etc., während bei Omari las ein gutes Buch die inhaltliche Qualität im Vordergrund steht. Das Adverb in Tule vizuri wir sollen schön essen bedeutet eher ordentlich, anständig als gut oder schön:

Die Bedeutung von -zuri ist eigentlich relativ vage. Frederick Johnson bringt es auf den Punkt, wenn er in seinem Standard Swahili-English Dictionary die Bedeutung von –zuri wie folgt umschreibt:

-zuri, a. beautiful, good, fine, pleasing, i.e. pleasing in any way or degree to any taste or sense — usually of externals, and so translatable in a great variety of ways to suit the particular sense affected, and the degree to which it was affected. But also of what commends itself to the moral sense, not as good in itself so much as consonant with that sense, i.e. agreeable, amiable, worthy, excellent, praiseworthy. [...]

Mit anderen Worten: die genaue Bedeutung eines Wortes wie -zuri erschließt sich erst durch die Kontexte, in denen es verwendet wird. Es wäre falsch, dies als Mangel des oder der Swahili zu verstehen, ganz im Gegenteil.

-ema, a. good — including goodness of al kinds and degrees, whatever commends itself to feeling, taste reason or conscience, and translatable in a corresponding variety of ways, 'pleasant, beautiful, sensible, right. Mungu ni mwema God is good. [..]