Abstracts

Sektion 1: Mündlichkeit und frühes Lesen- und Schreibenlernen

Barbara Graßer & Angelika Redder (Universität Hamburg)

Schüler auf dem Weg zum Erklären

Die Kompetenzentwicklung vom 1. zum 2. Schuljahr betrifft im Bereich der gesprochenen Sprache zentral die Strukturierung und eigenständige Ausbildung von unterrichtsrelevanten Wissensinhalten in rezeptiver und produktiver Weise. Denn es wird ja nicht nur von den SchülerInnen verlangt, dass sie sich neues Wissen aneignen und es sprachlich reproduzieren können, sondern auch, dass sie mit dem Angeeigneten produktiv weiterarbeiten und kooperativ aushelfen. Dieser Umgang mit unterrichtsspezifischem Wissen erfordert die Aneignung und Handhabung bestimmter Basisqualifikationen (Ehlich 2005), die über Vorerfahrungen im Elementarbereich hinausgehen. In den beiden Vorträgen sollen exemplarisch das Erklären als eine diskursive Basisqualifikation und die wissensinterne Bezugnahme als eine spezifische semantische Qualifikation anhand empirischen Unterrichtsmaterials diskutiert werden. In einem allgemeiner gehaltenen Teil werden die übergeordneten Fragestellungen aus einem aktuellen BMBF-Projekt vorgetragen und in einem zweiten empirischen Teil werden konkrete Ausschnitte aus Unterrichtskommunikation im 1. und 2. Schuljahr analysiert. Die Fähigkeit der wissensbezogenen Bezugnahme wird insbesondere anhand von deiktischen oder deiktisch abgeleiteten Ausdrücken diskutiert. Der Kompetenzerwerb der diskursiven Großform Erklären bildet die sprachliche Bezugsgröße.

Literatur:

Ehlich, Konrad (2005) Anforderungen an Verfahren der regelmäßigen Sprachstandsfeststellung als Grundlage für die frühe und individuelle Förderung von Kindern mit und ohne Migrationshintergrund. Eine Expertise für das Bundesministerium für Bildung und Forschung. Bonn/Berlin: BMBF.

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Sara Fürstenau & Imke Lange (Universität Münster)

Schulerfolg und sprachliche Bildung – eine Unterrichtsstudie

Gegenstand unseres Beitrags ist eine Unterrichtsstudie über ‚Durchgängige Sprachbildung’. Dieser Begriff bezeichnet im Rahmen des Modellprogramms FörMig (Förderung von Kindern und Jugendlichen mit Migrationshintergrund, 2004-2009) die schnittstellenübergreifende Planung und Gestaltung sprachlicher Bildungsprozesse von Kindern und Jugendlichen. Sprachbildung wird hier durchgängig umgesetzt – zwischen den beteiligten Bildungsstufen, Lernbereichen und Institutionen. Ziel einer Durchgängigen Sprachbildung ist das Register Bildungssprache. Eine Arbeitsgruppe hat sich im Rahmen von FörMig auf den Schwerpunkt „Sprache in allen Fächern“ konzentriert. Ein Ergebnis der Arbeit mit sieben Modellschulen (Klasse 5/6 bzw. 7/8) aus fünf Bundesländern bündelt die Erfahrungen aus fast zwei Schuljahren: „Durchgängige Sprachbildung: Qualitätsmerkmale für den Unterricht“.

Diese und andere Qualitätskriterien für sprachliche Bildung im Unterricht wollen wir in der Unterrichtsstudie empirisch überprüfen, indem wir gezielt den Unterricht ‚erfolgreicher’ Lehrerinnen und Lehrer analysieren. In Zusammenarbeit mit der Abteilung Qualitätsentwicklung und Standardsicherung im Landesinstitut für Lehrerbildung und Schulentwicklung Hamburg wollen wir Lehrerinnen und Lehrer für die Studie gewinnen, deren Klassen in Lernstandserhebungen im Fach Deutsch überdurchschnittliche Leistungszuwächse erreicht haben. Im Frühjahr 2010 werden wir Unterricht in Grundschulen und in Sekundarschulen videographieren. 

In dem Beitrag zum Symposion Deutschdidaktik stellen wir ausgewählte Qualitätskriterien vor, die den Übergang von konzeptioneller Mündlichkeit zu konzeptioneller Schriftlichkeit im Unterricht betreffen. Die Umsetzung dieser Kriterien stellen wir anhand von Beispielen aus dem Grundschulunterricht zur Diskussion.

Literatur:

Ingrid Gogolin / Imke Lange: Bildungssprache und Durchgängige Sprachbildung, in: Migration und schulischer Wandel: Mehrsprachigkeit. Hrsg. von Sara Fürstenau und Mechthild Gomolla. Wiesbaden (erscheint 2010).

Sara Fürstenau / Imke Lange: Bildungssprache und schulischer Diskurs. Eine Spurensuche zu Sprache und Sprechen in der Grundschule. Münster (Beitrag erscheint 2010 in der Reihe FörMig Edition)

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Uwe Gellert (Freie Universität Berlin)

Mediale Mündlichkeit und Dekontextualisierung. Zur Bedeutung und Spezifik von Bildungssprache im mathematischen Anfangsunterricht

Ziel ist es, die Bedeutung und die Formen sprachlicher Dekontextualisierung und abgelösten Denkens für die erfolgreiche Teilnahme im mathematischen Anfangsunterricht zu rekonstruieren.

Im mathematischen Anfangsunterricht wird die Grundschulmathematik aus einem Schatz vorschulischer quantitativer, logischer und räumlicher Alltagserfahrung konstruiert. Es geht somit explizit um eine Ablösung von subjektiven Erfahrungsbereichen (Bauersfeld 1983) und um sprachlich vollzogene Begriffsbildung, Generalisierung und Abstraktion.

Für die Rekonstruktion wird an zwei Ausschnitten aus dem mathematischen Anfangsunterricht angesetzt: Erstens an einer Interaktion von L und S, in der eine Zahlengeschichte im Vordergrund steht; zweitens an einer Situation, in der S eine Bilderfolge als Mathematikgeschichte erzählen. Bei der interpretativen Rekonstruktion wird auf den Begriff „recognition rule“ (Bernstein 1996) und deren differentielle Beherrschung fokussiert, da hierin ein Schlüsselmoment für eine erfolgreiche Teilnahme am Unterricht gesehen wird.

Literatur:

Bauersfeld, H. (1983). Subjektive Erfahrungsbereiche als Grundlage einer Interaktionstheorie des Mathematiklernens und -lehrens. In: ders. et al. (Hrsg.), Lernen und Lehren von Mathematik. Untersuchungen zum Mathematikunterricht (S. 1–56). Köln: Aulis.

Bernstein, B. (1996). Pedagogy, symbolic control and identity. London: Taylor & Francis.

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Reyhan Kuyumcu & Anastasia Şenyıldız (Universität Flensburg)

Annäherung an die Schriftsprache russisch- und türkischsprachiger DaZ-Kinder: Voraussetzungen, Konzepte, didaktische Überlegungen

Viele Kinder mit Migrationshintergrund können sich im Deutschen am Ende der Kindergartenzeit flüssig und akzentfrei verständigen, weswegen der Eindruck entsteht, dass sie ihre Zweitsprache bereits gut beherrschen. In der Schule zeigt sich aber, dass sie die Unterrichtssprache teilweise nicht verstehen können.

Anhand von Unterrichtsbeobachtungen in der ersten Schulklasse und Analyse des authentischen Unterrichtsmaterials soll gezeigt werden, mit welchen sprachlichen Schwierigkeiten DaZ-Lerner in der Schule konfrontiert werden sowie was dies für das Lesen- und Schreibenlernen und das Verstehen der Unterrichtssprache bedeutet.

Auf der Grundlage unserer Langschnittsuntersuchungen soll über literale Erfahrungen von russisch- und türkischsprachigen Kindern, insbesondere aus buchfernen Familien, im häuslichen Umfeld sowie im Kindergarten berichtet werden. Welche Bedeutung haben diese für das Lesen- und Schreibenlernen? Welche Konsequenzen hat dies für sprachpädagogische Fördermaßnahmen sowohl im Kindergarten als auch in der Schule?

Literatur:

Kuyumcu, Reyhan (2006): „Jetzt male ich dir einen Brief.“ Literalitätserfahrungen von (türkischen) Migrantenkindern im Vorschulalter. In: Ahrenholz, Bernt (Hrsg.): Kinder mit Migrationshintergrund – Spracherwerb und Fördermöglichkeiten. Freiburg im Breisgau: Fillibach, S. 34–45.

Şenyıldız, Anastasia (im Druck): Wenn Kinder mit Eltern gemeinsam Deutsch lernen: soziokulturell orientierte Fallstudien zur Entwicklung – und zweitsprachlicher Kompetenzen bei russischsprachigen Vorschulkindern. Tübingen: Stauffenburg.

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Helga Andresen (Universität Flensburg)

Erlebtes und Fiktives - Zur Dynamik der Entwicklung von Erlebnis- und Phantasieerzählung im Vorschulalter

Der Beitrag basiert auf einem Forschungsprojekt zu Erzählerwerb und Erzählförderung von Kindern zwischen 4 und 6 Jahren. Sowohl in den Sprachaufnahmen zum Erzählerwerb als auch in den Fördersituationen zeigen sich dynamische Beziehungen zwischen der Darstellung realer Erlebnisse unter Einschluss alltäglicher Handlungsroutinen und dem Fabulieren fiktiver Inhalte. Die Beziehungen verändern sich mit dem Alter der Kinder und gestalten sich in den Fördersituationen, in denen mehrere Kinder gemeinsam erzählen, anders als in den Erhebungssituationen, in denen jeweils ein Kind als Erzähler agiert. Darüber hinaus führte in den Fördersituationen der Einbezug von Schriftlichkeit zu einer deutlichen Veränderung der Erzählprozesse und -produkte der Kinder.

Der Beitrag soll kurz einen Überblick über Struktur und Methoden des Projekts geben und sich dann vertieft und an Beispielen mit Realität und Fiktion im Erzählen von Kindern auseinandersetzen.

Literatur:

Andresen, Helga i. D.: Literalitätserziehung in der Vorschule. In: Spinner, K./Kämper-van den Boogaart, M. (Hg.): Lese- und Literaturunterricht. (=Deutschunterricht in Theorie und Praxis, XI, 2).

Nelson, Katherine (2007): Young Minds in Social Worlds. Experience, Meaning and Memory. Cambridge, Mass.: Harvard University Press.

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Daniela Merklinger (Universität Hamburg)

Frühe Zugänge zu Schriftlichkeit

Gibt man Kindern im Vorschulalter die Möglichkeit, einem erwachsenen Skriptor eigene Texte zu diktieren, so können sie Autoren sein, auch ohne die manuelle Seite des Schreibens bereits selbstständig zu beherrschen. Die Diktiersituation ermöglicht dabei Einblicke in die Vorstellungen, die Kinder von Schriftlichkeit und vom Schreiben haben – auch auf konzeptioneller Ebene. Anhand der Transkripte von 150 Diktiersituationen wurden folgende Forschungsfragen in den Blick genommen:

  1. Auf welche Aspekte von Schriftlichkeit richten Kinder am Übergang von der Mündlichkeit ihre Aufmerksamkeit?
  2. Worauf sollte der erwachsene Skriptor in der Diktiersituation achten, damit die Kinder diese Möglichkeit auch nutzen können?

Die Ergebnisse der Studie zeigen, dass die Kinder vor allem die Formseite von Sprache (62%) und das wortgenaue Formulieren (35%), aber auch die Schriftzeichen auf dem Papier (2%) und die Materialität des Schreibens (1%) für ihren Zugang zu Schriftlichkeit nutzen. Zudem wird das Verhalten des erwachsenen Skriptors als entscheidende Einflussgröße deutlich. Im Vortrag werden ausgewählte Ergebnisse der Studie vorgestellt.

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Barbara Lang (Universität Flensburg)

Was den Schriftspracherwerb vorbereitet: Dekontextualisierung von Sprache und Entstehung von Sprachbewusstheit im Medium des Sprachspiels

Das Spiel mit Sprache kann prinzipiell alle Ebenen des Sprachsystems aufgreifen. Es geht aus wechselnden Interaktionszusammenhängen hervor, ereignet sich spontan kreativ oder mit Rückbezug auf tradierte Formen und kann eigenaktiv erfolgen oder von außen initiiert sein. Indem Vorschulkinder im Sprachspiel geltende Regeln und Konventionen brechen und sich Sprache somit zum Aktionsgegenstand und gelegentlich auch zum Reflexionsgegen-stand machen, praktizieren sie sprachliche Dekontextualisierung in konkreten Handlungszusammenhängen. Sprachspiele im Vorschulalter können als Ausdruck tiefgreifender Veränderungen der mentalen Repräsentation von Sprache angesehen werden und als wegbereitend für weitergehende sprachliche Abstraktionsprozesse, die von zentraler Wichtigkeit sind für den Schriftspracherwerb sowie dekontextuelles Sprachhandeln im Allgemeinen. Ausgehend von einer eigenen Untersuchung zu Lautspieldialogen zwischen Kindern soll auf Indizien früher sprachlicher Bewusstwerdung und Ablösung im Sprachspiel hingewiesen und ihre Bedeutung für den schulischen Schriftspracherwerb sowie die sprachlichkognitive Entwicklung reflektiert werden.

Literatur:

Lang, Barbara (2009): Lautspieldialoge: Formale Kohärenzbildung und frühe Bewusstwerdungsprozesse von Sprache in der Interaktion zwischen Kindern. Flensburg: Flensburg University Press. (=Flensburg Linguistics: Applied and Interdisciplinary Research (F.L.A.I.R.) Band 2).

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Juliane Stude (Universität Dortmund)

Sprache als Gegenstand der Kommunikation mit und unter Vorschulkindern – Eine Untersuchung zu frühen Prozessen der Dekontextualisierung von Sprache

Lesen- und Schreibenlernen geht einher mit wesentlichen Veränderungen der kindlichen Sicht auf Sprache, die gleichsam wiederum als Voraussetzung für den Schriftspracherwerb gelten. Der Beitrag widmet sich der Frage, im Rahmen welcher kommunikativen Praktiken sich Kinder bereits früh aktiv mit Sprache auseinandersetzen und diese zum eigenen Gegenstand der Kommunikation erheben. Es wird aufgezeigt, auf welche Weise Kinder insbesondere in Abwesenheit eines erwachsenen Kommunikationspartners Sprache und sprachliches Handeln thematisieren und wie sie dabei selbständig jene kommunikativen Aufgaben bearbeiten, die in Erwachsenen-Kind-Interaktionen vornehmlich vom Erwachsenen geleistet werden. Datengrundlage bildet ein 30 Aufnahmestunden umfassendes Korpus, das sowohl natürliche Erzieherin-Kind-Interaktionen als auch Peerinteraktionen unter Drei- bis Sechsjährigen beinhaltet.

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Argyro Panagiotopoulou & Wiebke Hortsch (Universität Koblenz-Landau)

Literalitätsförderung beim Übergang in die Schule in Deutschland und Finnland – Ergebnisse ethnographischer Feldforschung

Seit den Ergebnissen der international vergleichenden PISA-Untersuchung gewann in Deutschland ein Vergleich mit anderen erfolgreicheren PISA Teilnehmerländern – hier besonders Finnland – an Bedeutung. Was jedoch im pädagogischen Alltag einer finnischen bzw. deutschen (vor-)schulischen Bildungseinrichtung tatsächlich (anders) gemacht wird, stand bisher – vermutlich nicht zuletzt aufgrund fehlender Feldforschung – weniger in der Diskussion. So könnte jedoch beispielsweise gefragt werden, welche literalen Bildungs- und Lernerfahrungen den Kindern im Alltag einer deutschen Kindertagesstätte oder finnischen Vorschule ermöglicht werden und welche Bedeutung diese für den Übergang der Kinder in die Schule haben. Welche Gemeinsamkeiten oder Unterschiede weisen ferner die didaktischen Alltagspraktiken der PädagogInnen und die kindlichen literalen Praktiken auf? Findet außerdem bereits im Elementarbereich eine gezielte Literalitätsförderung statt und wie wird diese gegebenenfalls im Primarbereich fortgesetzt? Diesen und weiteren Fragen wird im Rahmen unseres Vortrags anhand ethnographischer Beobachtungsprotokolle aus dem pädagogischen Alltag deutscher und finnischer Einrichtungen nachgegangen.

Literatur:

Panagiotopoulou, A./ Graf, K. (2008): Umgang mit Heterogenität und Förderung von Literalität im Elementar- und Primarbereich im europäischen Vergleich. In: Hofmann, B./ Valtin, R. (Hrsg.): Checkpoint Literacy. Tagungsband zum 15. Europäischen Lesekongress 2007 in Berlin. Deutsche Gesellschaft für Lesen und Schreiben, Berlin, S. 110–122.

Hortsch, W. (2010): Angebote zur Sprach(en)bildung für Kinder mit Migrationshintergrund in der finnischen Vorschule – erste Ergebnisse einer Feldstudie. Erscheint in: Heinzel, F./ Panagiotopoulou, A. (Hrsg.): Qualitative Bildungsforschung im Elementar- und Primarbereich. Hohengehren.

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Ute Fischer & Barbara Gasteiger-Klicpera (Pädagogische Hochschule Weingarten)

Leseförderung durch Wortschatzarbeit – Ergebnisse einer Interventionsstudie

Bei dem Vorhaben handelt es sich um eine Interventionsstudie im 2. Schuljahr. Es geht der Frage nach, ob eine intensive, kurzzeitige Intervention, die auf einer theoriegeleiteten Silbenarbeit basiert und den Wortschatz erweitert, Effekte erzielt werden können.

Die Stichprobe der Untersuchung umfasste insgesamt 134 Kinder aus zweiten Klassen. 65 Kinder bildeten die erste Kohorte, 69 die zweite, mit der das Design ein Schuljahr später wiederholt wurde. Das Alter der Kinder lag zwischen 6;6 und 8;7 Jahren. 70  Kindern waren Mädchen und 74 Jungen. 52 Kinder hatten einen Migrationshintergrund. Von diesen Kindern wurden die schwächsten 21 in einer Einzelförderung vier Tage in der Woche jeweils 25 Minuten unterrichtet.

Die Lesefähigkeit der Kinder wurde zu Beginn der 2. Klasse mit dem Lesetest des SLRT und dem ELFE 1–6 getestet. Im Anschluss daran erfolgte eine Intervention über einen Zeitraum von ca. 14 Wochen. Um Aussagen über die längerfristige Stabilität der Ergebnisse machen zu können, wurde als Follow-up am Ende des zweiten und des dritten Schuljahres erneut der SLRT und der ELFE 1–6 durchgeführt.

Es werden die Ergebnisse der verschiedenen Testzeitpunkte zwischen Beginn der 2.und Ende der 3. Klasse berichtet.

Literatur:

Fischer, U. (2009). Mit Königen den Schatz der Sprache entdecken. In: Grundschulzeitschrift: Leselandschaften. Heft 225/226, S. 44–49.

Fischer, U. & Gasteiger Klicpera, B. (2010). Leseentwicklung von geförderten und nicht geförderten Kindern in Jahrgangs- und jahrgangsgemischten Klassen. In: Arnold, K.-H./Hauenschild, K./Schmidt, B./Ziegenmeyer, B. (2010). Zwischen Fachdidaktik und Stufendidaktik. Perspektiven für die Grundschulpädagogik. Jahrbuch Grundschulforschung. Band 14. 1. Auflage. Wiesbaden: Verlag für Sozialwissenschaften (im Erscheinen).

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Anja Wildemann (Universität Vechta)

Frühe Sprachbegegnungen als Wegbereiter in die Schrift

Im Verlauf der institutionell organisierten Sprachausbildung finden bislang weder Vernetzungen zwischen den verschiedenen Sprachen i.S. einer kooperativen Sprachenbildung statt, noch werden die bei einer Vielzahl von Kindern bereits vorhandenen Erstsprachen berücksichtigt oder integriert. Das vorhandene sprachliche Potenzial bleibt damit ungenutzt, wodurch wichtige Schaltstellen für die schriftsprachliche Entwicklung nicht aktiviert werden. Durch systematische und ganzheitlich-spielerische Begegnungen kann die die Sprachaufmerksamkeit jedoch frühzeitig gefördert werden. Language Awareness impliziert hier ein Nachdenken über Sprache, das aus dem Vergleich von ähnlichen oder kontrastierenden Strukturen und Phänomenen zweier, vor allem aber mehrerer Sprachen hervorgeht. Dieses Nachdenken über Sprache geschieht dabei nicht zum Selbstzweck, im Sinne einer sprachlichen Akkumulation, sondern dient dazu, für die Besonderheiten und Eigenheiten sowohl der fremden als auch der eigenen Sprache zu sensibilisieren. Die Begegnung mit sprachlichen Phänomenen wird durch unterschiedliche Lernszenarien und -materialien, wie z.B. mehrsprachige Bilderbücher, Talkingbooks, Hörmedien und Liedern angeregt. Eine solche frühkindliche Sprachbildung, spielt für den schulischen Schriftspracherwerb eine evidente Rolle, da sie den Weg ebnet für den Aufbau eines mentalen Lexikons, für Erfahrungen mit literarischer Sprache und die Entwicklung von Sprachbewusstsein.

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Iris Kruse (Universität Kassel)

Kindermedienverbund und frühes literarisches Lernen

Kinderliterarische Medienverbünde bieten zahlreiche Möglichkeiten zur Entfaltung und Entwicklung literarästhetischer Kenntnisse und Fähigkeiten. Zugleich sind sie für den Anfangsunterricht eine Chance für komplexe Aufgabenstellungen. Literatur- und mediendidaktisch relevante (Forschungs-) Fragen, die aufscheinen, sind:

  1. Inwieweit kann die Nutzung der Kenntnisse, die Kinder im Umgang v.a. mit den auditiven und audiovisuellen Medien gewonnen haben, dazu führen, ihnen Wege und Einsichten in Literatur und poetisch gestaltete Sprache zu erleichtern?
  2. Inwieweit kann ein weiterführendes Umgehen mit den vorhandenen Kenntnissen und Erfahrungen dazu beitragen, die Kinder Bezüge zwischen den ‚Sprachen’ der verschiedenen Medien erkennen zu lassen?

Es werden Beobachtungen aus multimedialen Lernarrangements zu kinderliterarischen Medienverbünden präsentiert, die eine Richtung für zukünftige empirische Studien in diesem Forschungsfeld skizzieren. Im Mittelpunkt der Ausführungen wird ein im Februar/März 2009 in einer 1. Klasse durchgeführtes Medienverbundprojekt zu Oh, wie schön ist Panama stehen.

Literatur:

Bertschi-Kaufmann, Andrea: Lesen und Schreiben in einer Medienumgebung. Die literalen Aktivitäten von Primarschulkindern. Aarau: Sauerländer 2000.

Josting, Petra/Maiwald, Klaus (Hrsg.): Kinder- und Jugendliteratur im Medienverbund. Grundlagen, Beispiele und Ansätze für den Deutschunterricht. München: Kopaed 2007 (kjl&m 07.extra)

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Sektion 2: Das Verhältnis von Mündlichkeit und Schriftlichkeit

Stella Uesseler (Institut für Germanistik I, Universität Hamburg)

Bildungssprachliche Kompetenzen im Unterricht – mündlich und schriftlich

In meinem Vortrag möchte ich darauf eingehen, wie SchülerInnen bildungssprachliche Kompetenzen im Unterrichtsdiskurs und aus Texten erwerben und diese anwenden. Dabei stehen die unterschiedlichen Anforderungen, die durch Mündlichkeit und Schriftlichkeit an sie gestellt werden, im Vordergrund.

Bildungssprache wird häufig als situationsentbunden und als schriftsprachähnlich charakterisiert. Neben der Fokussierung auf konzeptionelle Schriftlichkeit auch im Mündlichen ist jedoch ein weiterer Aspekt in den Blick zu nehmen: die „Alltägliche Wissenschaftssprache“ (AWS). Unter AWS fallen Ausdrücke wie z. B. „zeigen“ oder „Körper“. Durch ihre Ähnlichkeit mit Ausdrücken der Alltagssprache sind AWS-Ausdrücke zunächst unscheinbar und werden weder von Lernenden noch von Lehrpersonen als unbekannt identifiziert. Sie unterscheiden sich jedoch von der Alltagssprache dadurch, dass ihre Bedeutung gegenüber der alltäglichen Bedeutung spezifiziert ist. Deshalb können AWS-Ausdrücke SchülerInnen beim Lesen und Schreiben von Texten sowie bei der mündlichen Sprachrezeption und -produktion Schwierigkeiten bereiten.

Die Untersuchung, die im Vortrag vorgestellt wird, ist in das Projekt „Bildungssprachliche Kompetenzen“ (BiSpra, Leitung: Prof. Redder) eingebunden, das anhand von authentischen Unterrichtsaufnahmen untersucht, wie SchülerInnen der 4. und 5. Klasse im naturwissenschaftlichen Unterricht (AWS) erwerben und produktiv nutzen.

Literatur:

Ehlich, Konrad (1999) Alltägliche Wissenschaftssprache. Info DaF 26/8, 3–24.

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Ulla Kleinberger (Departement Angewandte Linguistik, Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften ZHAW, Zürich CH)

Sprachbasierte Medienkompetenz

Über sprachbasierte Medienkompetenz von Kindern und von Jugendlichen ist noch wenig bekannt. Texte werden online in unterschiedlichen Übertragungskanälen (Forum, Blog, Chat, Twitter etc.) rege in teilweise wenig normierter Umgebung produziert und rezipiert. Dies erfordert permanente Transferprozesse auf unterschiedlichen sprachlichen Ebenen: syntaktisch, semantisch, pragmatisch.

Einerseits verfügen Kinder/Jugendliche über ein teilweise gefestigtes Textsortenwissen, das u. U. medial adaptiert werden muss: „Welche Aspekte transferiert werden und welche nicht, nach welchen Kriterien Kinder und Jugendliche entscheiden, bestimmte Elemente zu verwenden, abzuändern oder anders zu funktionalisieren, sind nur einige der bislang ungeklärten Fragen.“ (Wagner/Kleinberger 2009, S. 56) Andererseits müssen sie sich an inzwischen etablierte gruppeninterne Normen angleichen.

Als Erklärungsmuster hat das Modell zur „Konzeptionellen Mündlichkeit und Schriftlichkeit“ ein stärkeres Echo ausgelöst: Für schriftliche Texte werden auffällige und normabweichende Einheiten als Anleihen aus dem Kontext des Mündlichen angenommen.

Anhand eines Korpus mit mehreren Tausend Forumsbeiträgen werde ich versuchen aufzuzeigen, dass schriftbasierte Medienkompetenz von Kindern und Jugendlichen mit dem „output“ an geschriebenen Texten als dialogisch diskursive Einheiten ein komplexes Zusammenspiel verschiedener Faktoren ist und wie es Jugendlichen gelingt, Textaufgaben adäquat umzusetzen. Anleihen aus dem Mündlichen erfassen die Kompetenzen nur teilweise, zusätzliche Aspekte müssen ebenso fokussiert und berücksichtigt werden, die text- und normkonstituierend wirken.

Literatur:

Spiegel, Carmen / Kleinberger Günther, Ulla (2006): Schreiben im Internet als neue Aufgabe der Didaktik. In: Spiegel, Carmen / Vogt, Rüdiger (Hrsg.): Vom Nutzen der Textlinguistik für die Schule. Hohengehren: Schneider Verlag, S. 187–199.

Wagner, Franc / Kleinberger, Ulla (2009): Sprachbasierte Medienkompetenz von Kindern und Jugendlichen. In: Lenz, Friedrich (Hrsg.): Schlüsselqualifikation Sprache: Anforderungen – Standards – Vermittlung. Frankfurt a. M.: Peter Lang (Forum Angewandte Linguistik), S. 49–61.

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Anna Komor (Institut für Germanistik I, Universität Hamburg)

Spiele erklären – mündlich und schriftlich

In dem Beitrag wird diskutiert, welche Anforderungen an Schüler bei der Überführung von gesprochener in geschriebene Sprache gestellt und wie diese im Einzelnen umgesetzt werden. Bereits im Anfangsunterricht bildet das Schreiben von Texten zusammen mit der Ausbildung basaler Schreibfähigkeiten und Fähigkeiten des Rechtschreibens den Kernbereich dessen, was schulisches Schreiben-Lernen ausmacht. Insbesondere in den ersten Schuljahren geht der Textproduktion eine mündliche Bearbeitung des Themas im Plenum voran. Dabei kommt auch zur Sprache, was bei der Umsetzung von Mündlichkeit in Schriftlichkeit zu berücksichtigen ist.

Die Datengrundlage bilden Spielerklärungen von Schülern der 2. und 3. Klasse, die diese (1) mündlich im Unterricht und (2) schriftlich in Einzelarbeit realisierten. Die Daten wurden im Rahmen des BMBF-Projekts „Kommunikative Anforderungen in der Schule“ (Ltg.: Prof. Redder; Vorprojekt von BiSpra, s. den Vortrag von Stella Uesseler) erhoben und nach Kriterien der linguistischen Diskursanalyse ausgewertet. Die Ergebnisse zeigen, dass bereits in der 2. Klasse Fragen des formalen Aufbaus von Texten ebenso wie Hinweise zur variantenreichen Textgestaltung und zur Leserorientierung angesprochen werden. Die Ergebnisse zeigen auch, dass die Schüler die im Unterrichtsdiskurs erarbeiteten Hinweise zum Verfassen eines schriftlichen Textes teilweise bereits umsetzen. Allerdings weisen die Texte auch noch Merkmale des Mündlichen auf, insbesondere solche, die der Hörerorientierung dienen.

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Natascha Naujok (FB Erziehungswissenschaft und Psychologie, Freie Universität Berlin)

Mündlichkeit und Schriftlichkeit im Kontext der gemeinsamen Rezeption von Spielgeschichten

Empirische Studien belegen eindrucksvoll das hohe Motivationspotenzial von Spielgeschichten, dies häufig besonders für schwächere Schüler/innen und Jungen (s. z. B. Bertschi-Kaufmann 2005). Wie ist der Einsatz von Spielgeschichten im Deutschunterricht im Feld von medialer und konzeptueller Mündlichkeit und Schriftlichkeit zu verorten und wie lässt er sich darüber hinaus mit Bezug auf die Aspekte Literalität und Literarität (s. Dehn 1999) fassen?

Die Beantwortung dieser Fragen soll in drei Schritten erfolgen. Zunächst wird – exemplarisch – das Verhältnis von Mündlichkeit und Schriftlichkeit in dem medialen Angebot der kinderliterarischen Hypermedia-Adaption „Eine Woche voller Samstage“ von Paul Maar in den Blick genommen. Auf Grundlage dieser medienzentrierten Annäherung werden in einem zweiten, rezeptionsorientierten Schritt Gesprächsausschnitte von Zweitklässler/inne/n während ihrer gemeinsamen Spielgeschichtenrezeption im Hinblick auf konzeptuelle Mündlichkeit und Schriftlichkeit und auf Spuren von Literarität analysiert. An die medien- und rezeptionsbezogenen Ergebnisse knüpfen schließlich didaktische Überlegungen an, in denen Potenziale des Einsatzes von Spielgeschichten zur Förderung von Kompetenzen in den Bereichen Mündlichkeit und Schriftlichkeit aufgezeigt werden.

Literatur:

Bertschi-Kaufmann, Andrea (2005): „Und was sah ich?!” Narratives Schreiben im Nachklang von multimedialen Lektüren. In: Wieler, Petra (Hg.): Narratives Lernen in medialen und anderen Kontexten. Freiburg i. Br., S. 119–134.

Dehn, Mechthild (1999): Texte und Kontexte. Berlin.

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Sabine Birck (Institut notabene Sprachkonzept, Essen)

„Sie denkt viel vor der Zeit von Helmut nach“– Zum Verhältnis von Sprachfähigkeiten und Schreiben

Nennen wir ihn „Philipp II.“ (Philipp I. ist passé, vgl. meine Fallstudie in „Der Deutschunterricht“ 2/93). Er hat diesen Satz in einer Inhaltsangabe in der 7. Klasse der Hauptschule geschrieben. Verständlich ist er, wenn auch syntaktisch nicht korrekt.

Der Satz führt ins Zentrum des Themas; gleichsam ins Auge des Hurrikans, der Vorstellungen und Gedanken aufwirbelt, um sie, in Zeichen zerlegt, auf dem Papier zur Ruhe kommen zu lassen. Um diesen Prozess geht es: Was muss ein Schüler, der sich in seiner Muttersprache nur tastend bewegt, leisten, wenn er Gedanken verständlich zu Papier bringen will? Worin liegt die dem Verhältnis von Sprache und Schrift immanente Spezifik dieses Vorgangs?

Es sind nicht die Buchstaben. Wenn der diagnostische Blick sich nur auf das Wort und seine Schreibung richtet, werden die Weichen für die Förderung falsch gestellt. Gerade das aber geschieht heute allerorten, obwohl die Ergebnisse der DESI-Studie 2006 längst andere Signale gesetzt hatten. Speziell die Kategorie „phonologische Bewusstheit“ soll unter diesem Aspekt kritisch betrachtet werden.

Literatur:

Wygotski, Lew S. (1906). Denken und Sprechen, Berlin.

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Katarina Farkas (PHZ Pädagogische Hochschule Zug, CH)

Schreibkonzepte junger Kinder zwischen Mündlichkeit und Schriftlichkeit

Das geplante Referat berichtet aus einem Dissertationsprojekt, das im Themenbereich „Frühschreiber/innen“ angesiedelt ist.

Kinder, die vor Schuleintritt bereits lesen und rechnen können, wurden in verschiedenen Studien in der Schweiz untersucht. Basierend auf Ersterhebungen wurden in der Schweiz bereits Longitudinalstudien zum Lernerfolg dieser Schülerinnen und Schüler gemacht. Im  Bereich „Schreiben“ wird bei Sprachstandsanalysen oft nur ein minimales Können getestet, nämlich das Schreiben von Buchstaben oder Einzelwörtern. Unsere Untersuchung setzt bei der Frage ein, welche Konzepte von fiktionalen und nonfiktionalen Texten Kinder im Alter zwischen 6 und 8 Jahren haben. Von 273 getesteten Kindern konnten 120 bereits im Kindergarten kurze Texte verfassen. 20 dieser Kinder im Alter von 6-8 Jahren nahmen im Herbst 2009 an einer Kinderhochschule teil. Um zu erfassen, welche Schreibkonzepte diese „frühschreibenden“ Kinder haben, ließen wir sie verschiedene fiktionale und nonfiktionale Texte diktieren. Im Referat werden die Erhebungsmethoden und erste Ergebnisse dieser Studie vorgestellt werden.

Literatur:

Feilke, H. & Schmidlin, R. (Hrsg) (2005): Literale Textentwicklung. Forum Angewandte Linguistik Band 45. Frankfurt am Main: Peter Lang

Stern, Elisabeth & Guthke, Jürgen (Hrsg.) (2004): Perspektiven der Intelligenzforschung. Lengerich, Berlin: Pabst Science Publishers

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Michael Krelle (Fakultät Germanistik, Universität Duisburg-Essen)

Zur Messung mündlicher Kompetenzen. Dimensionalitätsanalysen argumentativer Kompetenz im Fokus

Im Zuge der Kompetenzorientierung wird vermehrt betont, mündliche (dialogische) Fähigkeiten empirisch abgesichert zu bestimmen (so etwa Ehlich u.a. 2005, S. 62f., Vogt 2007, S. 34, Becker-Mrotzek 2008, S. 77). Dieses gestaltet sich aus mehreren Gründen schwierig: Die Flüchtigkeit des Gesprochenen hat zur Folge, dass bewährte paper & pencil-Tests nur bedingt eingesetzt werden können, das Zusammenwirken von Sprecher und Hörer erfordert besondere, bisher wenig erprobte Verfahren.

Es werden Ergebnisse einer Studie zur Messung mündlicher Argumentationskompetenz vorgestellt (N=100). Dabei wird auf eine Kombination gesprächslinguistischer Kategorien und kompetenzdiagnostischer Instrumente gesetzt, um das Konstrukt mit einem hohen Anspruch an empirischer Güte zu bestimmen.

Es stehen besonders Dimensionsanalysen im Fokus. Die reliable und valide Bestimmung von Kompetenzdimensionen ist nicht die Normalform gesprächslinguistischer Tätigkeit: Es wird gezeigt, dass sich aber Entsprechendes aus mündlichen Daten rekonstruieren lässt, wenn man Zuordnungen durch mehrere Raterinnen und Rater kontrolliert und anschließend mittels rechnerischer Maße und statistischer Verfahren generalisiert. Dabei stehen insbesondere auch didaktische Annahmen u. a. über Meinungsbildungsprozesse (Feilke 2008) auf dem Prüfstand.

Literatur:

Becker-Mrotzek, M. (2008): Gesprächskompetenz vermitteln und ermitteln. Gute Aufgaben im Bereich »Sprechen und Zuhören«. In: Bremerich-Vos, A/Granzer, D./Köller, O. (Hrsg.) (2008): Lernstandsbestimmung im Fach Deutsch. Gute Aufgaben für den Unterricht, S. 52–77.

Vogt, R. (2007): Mündliche Argumentationskompetenz beurteilen. Dimensionen, Probleme, Perspektiven. In: Didaktik Deutsch 23, S. 33–54.

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Carmen Spiegel (Institut für deutsche Sprache und Literatur, Pädagogische Hochschule Karlsruhe)

Anforderungen (und Kompetenzen) in mündlichen und schriftlichen Argumentationen – ein Vergleich

Eine differenzierende, vergleichende Betrachtung der Anforderungs- und Kompetenzbereiche für das Schriftliche und Mündliche steht noch aus.

Fokussiert man einen spezifischen schulischen Lernbereich wie z. B. das Argumentieren, fallen sowohl allgemeine als auch gegenstandsspezifische Anforderungen und, damit verbunden, zu schulende Kompetenzbereiche darunter. Um den Gegenstandsbereich „Mündliche und schriftliche Anforderungen und Kompetenzen“ zu präzisieren, möchte ich mich mit den folgenden Fragen beschäftigen, die ich exemplarisch am Lerngegenstand Argumentieren formuliere:

  • Welche Anforderungen stellen die Lehrenden an die Schüler/innen bei der mündlichen und schriftlichen Argumentation?
  • Welche Anforderungen entsprechen dem realen mündlichen und schriftlichen Argumentieren in alltagsweltlichen Kontexten?
  • Welche Kompetenzen benötigen die Schüler/innen, um mündliche und/oder schriftliche Argumentationen bzw. Erörterungen zu produzieren?

Literatur:

Grundler, E. (2009) Kompetent argumentieren. Ein Modell für die mündlich-dialogische Argumentationskompetenz. Unveröff. Diss, PH Ludwigsburg.

Spiegel, C. (2006): Argumentieren lernen im Unterricht – ein funktional-didaktischer Ansatz. In: Grundler, E./Vogt, R. (Hg.) Argumentieren in Schule und Hochschule. Tübingen, 63–76.

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Jürgen Belgrad, Barbara Schupp & Ralf Schünemann (Fach Deutsch, Pädagogische Hochschule Weingarten)

Leseförderung durch Vorlesen

Grundlage der Projektarbeit ist das erweiterte Hurrelmann´sche Lesekompetenzmodell, besonders der Zusammenhang zwischen Leseaktivität (Lesemotivation) und der Steigerung der Lesekompetenz. Ziel der Arbeit ist, über regelmäßige Vorleseaktivitäten das Freizeitverhalten der Schüler hinsichtlich einer Steigerung der persönlichen Leseaktivität positiv zu beeinflussen. Dabei interessieren unterschiedliche Aspekte/Variablen, die im Zusammenhang mit dem Vorlesen durch den Lehrer stehen: Welchen Einfluss haben unterschiedliche Vorleseweisen (neutrales vs. theatrales Vorlesen), welchen Einfluss hat die Wahl der Lektüre (Ganzschrift vs. Kurzgeschichte), verbessert die Anschlusskommunikation die Leseaktivität der Schüler (monologisch vs. dialogisch), verbessern sich die erhofften Ergebnisse durch eine gezielte Schulung der vorlesenden Lehrer (geschult vs. ungeschult), lässt sich die eigene Leseaktivität steigern, wenn Schüler den vorgelesenen Text parallel mitlesen (einkanalig vs. mehrkanalig)? Der Interventionszeitraum beträgt 13 Wochen (09/2009 bis 02/2010). Die Stichprobe umfasst ca. 1800 Achtklässler an Hauptschulen in Baden-Württemberg (1400 VG und 400 KG). Zur Erhebung der Daten wurden qualitatives und quantitatives Verfahren kombiniert: geschlossener Fragebogen, normierter Lesetest (SLS), (nicht) teilnehmende Beobachtung und Leitfadeninterviews mit Schülern und Lehrern.

Literatur:

Vorlesen im Kinderalltag. Repräsentative Befragung von Kindern im Vor- und Grundschulalter. Eine Studie der Deutschen Bahn, der ZEIT und der Stiftung Lesen. Mainz 2008

Lesen in Deutschland 2008. Mainz: Stiftung Lesen 2008

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Tabea Becker (Germanistisches Institut, Westfälische Wilhelms-Universität Münster)

Der Zusammenhang phonetisch-phonologischer Fähigkeiten mit dem Schriftspracherwerb bei Kindern mit Deutsch als Erst- und Zweitsprache

Das Verhältnis von gesprochener zu geschriebener Sprache beim Schriftspracherwerb impliziert nicht nur sprachtheoretische, konstitutive Bezüge, sondern auch konditionale und psychologische. Meist wird davon ausgegangen, dass die Beherrschung des Lautsystems der Sprache und der Zugriff hierauf die Voraussetzung für den Erwerb der geschriebenen Sprache bilden. Besonders relevant wird diese Frage, wenn davon auszugehen ist, dass Beherrschung und Zugriff eingeschränkt sind, wie dies dann der Fall sein kann, wenn Deutsch als Zweitsprache erworben wird.

In einer qualitativen Längsschnittstudie wurden acht einsprachig deutsche Kinder und neun türkisch-deutsche Kinder über die vier Grundschuljahre in ihrem Schrifterwerbsprozess begleitet. Während die deutschen Kinder eine altersgemäße phonologische Entwicklung aufwiesen, befanden sich die deutsch-türkischen Kinder in verschiedenen Aneignungsphasen bezüglich des deutschen Lautsystems, vor allem auf der produktiven Ebene.

Untersucht werden soll die Frage, ob sich phonetisch-phonologische Fähigkeiten in der Art und der Ausprägung des Schriftaneignungsprozesses widerspiegeln. Einerseits lässt sich die Hypothese aufstellen, dass sich lernersprachliche phonologische Phänomene in den Schreibungen reflektieren. Möglicherweise ist auch die grundsätzliche Einsicht in die Phonem-Graphem-Korrespondenzen betroffen. Andererseits könnten gerade in Situationen mit eingeschränkt verfügbarem Lautsystem autonome Aspekte der Schriftsprache in den Vordergrund treten, bei der die Schrift als unabhängiges System wirkt.

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Birgit Eriksson (PHZ Pädagogische Hochschule Zug, CH)

Hörverstehen und Leseverstehen im Vergleich: Ergebnisse aus den HarmoS-Tests in der 2., 6. und 9. Klasse

Im Vortrag werden die Hörverstehens- und Leseverstehensleistungen von Schülerinnen und Schülern der 2., 6. und 9. Klasse der französischen und der deutschen Schweiz präsentiert. Die Hör- und Leseverstehensleistungen wurden im Schweizer Bildungsstandard-Projekt HarmoS (2005-2009) in einer Large-Scale-Studie in der 6. und 9. Klasse (je 3000 Schülerinnen und Schüler pro Klassenstufe und Sprachregion) und in einer Feldtest-Studie in der 2. Klasse (je 140 Schülerinnen und Schüler beider Sprachregionen) erhoben.

Thematisiert wird im Vortrag der Zusammenhang zwischen den globalen Hör- und Leseverstehensleistungen in Abhängigkeit von Alter, Geschlecht, Herkunftssprache und Nationalität. Die Ergebnisse werden vor dem Hintergrund der publizierten Resultate anderer Leistungsmessungsstudien und der Verstehensprozessforschung interpretiert.

Literatur:

Eriksson, Brigit; Waibel, Saskia (im Druck, 2010). Bildungsstandards Zuhören – ein Bericht aus dem Schweizer Bildungsstandard-Projekt HarmoS. In: Bernius, Volker & Imhof, Margarete (Hrsg.).(Titel noch offen). Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht.

Eriksson, Brigit; Lindauer, Thomas; Sieber, Peter (2008): HarmoS 'Schulsprache' – Kompetenzbeschreibungen und Basisstandards. In: Beiträge zur Lehrerbildung (=BzL) 3/2008, 338–350.

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Nora Knechtel (Zentrum Lesen, Fachhochschule Nordwestschweiz, CH)

Unterschiede in den mentalen Repräsentationen beim Hör- und Leseverstehen

Die Studie befasst sich mit Kongruenzen und Differenzen beim Hör- und Leseverstehen in der Entwicklung laut- und schriftsprachlicher rezeptiver Fähigkeiten bei Kindern der zweiten und dritten Klasse. Insbesondere interessiert, inwieweit sich Zusammenhänge beim Hör- und Leseverstehen beobachten lassen und welcher Art diese Zusammenhänge sind. Hinsichtlich der Förderung in der Praxis ist noch ungeklärt, inwiefern frühe Lesekompetenzen mit frühen Hörverstehenskompetenzen in Verbindung gesehen werden müssen. In dieser Hinsicht wird gefragt, ob und wie sich Lesende, die über ein gutes Textverstehen bei schriftlichen Texten verfügen, von solchen Lesenden, deren Leseverstehen schwächer ist, im Verstehen von Hörtexten unterscheiden. Zwei Verständnisdimensionen werden dabei in die Analyse einbezogen: das Nachvollziehen der propositionalen Struktur von Texten (auch: lokale Kohärenzherstellung) sowie Aspekte hierarchiehoher Verstehensprozesse (Situationsmodell) (vgl. Richter/Christmann 2002). Der Zusammenhang von Hör- und Leseverstehen bei Kindern wurde bisher vor allem anhand lokaler Kohärenzherstellungsprozesse untersucht und beschrieben, nicht jedoch auf Textebene (vgl. Marx/Jungmann 2000). Hier setzt das Forschungsvorhaben ein. Es begleitet 30 Lernende zu drei Messzeitpunkten mithilfe von Tests zum Verstehen narrativ-beschreibender Texte beim Hören und Lesen. Im Vortrag werden erste Schlussfolgerungen aus den ersten Erhebungszeitpunkten aufgezeigt.

Literatur:

Marx, H. / Jungmann, T. (2000): Abhängigkeit der Entwicklung des Leseverstehens von Hörverstehen und grundlegenden Lesefertigkeiten im Grundschulalter: Eine Prüfung des Simple View of Reading-Ansatzes. In: Zeitschrift für Entwicklungspsychologie und Pädagogische Psychologie, 32(2): 81–93.

Richter, T./Christmann, U. (2002): Lesekompetenz: Prozessebenen und interindividuelle Unterschiede. In: Groeben, N./Hurrelmann, B. (Hrsg.): Lesekompetenz. Bedingungen, Dimensionen, Funktionen. Weinheim: Juventa, 25–58.

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Sektion 3: Sprachliches und literarisches Lernen im Vorschulalter fördern

Julia Knopf (Universität Bamberg)

Literarisches Lernen im Vorschulalter: Ergebnisse einer empirischen Studie

Der Vortrag widmet sich den Ergebnissen einer empirischen Studie, welche die Fähigkeiten beim Verstehen und Interpretieren literarischer Texte im Vorschulalter untersuchte. Dabei wurden die Aussagen von 160 Kindern zunächst hinsichtlich der Kriterien Inhalt, Form, Sprache, Funktionalisierung von Form und Sprache sowie Interpretation analysiert. Die auf diese Weise gewonnenen Ergebnisse zeigen unter anderem, dass bereits Kinder über eine hohe Sensibilität für die formal-sprachliche Strukturiertheit von Literatur verfügen. Doch wenngleich sich die Äußerungen überraschend positiv von denen älterer Befragter abheben, muss darüber diskutiert werden, inwieweit gestaltend-analytische Verfahren, welche kognitiv-analytische sowie handlungs- und produktionsorientierte Ansätze funktional zusammenführen, die Rezeption literarischer Texte im Kindergarten noch gezielter fördern können.

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Hanna Sauerborn-Ruhnau (PH Freiburg)

Literacyentwicklung von Kindern im letzten Kindergartenjahr

In vielen Kindergärten Deutschlands wurde im Hinblick auf Voraussetzungen zum schulischen Schriftspracherwerb bisher vor allem die phonologische Bewusstheit fokussiert. Im englischen Sprachraum ist der Blick weiter und bezieht sich auf Literacy - ein Konstrukt das sprachliches, schriftsprachliches und literarisches Lernen subsumiert. In einer Längsschnittstudie wurden Kinder (N=76)  zwei Mal im letzen Kindergartenjahr (T0 und T1) befragt. Es wurden allgemeine kognitive Fertigkeiten (T0), Aspekte von Literacy (T0 und T1) und die phonologische Bewusstheit (T1) erhoben. Am Ende der ersten Klasse (T2) werden Lese- und Schreibleistungen erfasst. Mittels einer Korrelationsanalyse soll der Zusammenhang der einzelnen Variablen untersucht werden. Ziel ist es, neben der phonologischen Bewusstheit weitere Aspekte des vorschulischen Schriftspracherwerbs zu untersuchen. In diesem Beitrag sollen drei Aspekte der Untersuchung thematisiert werden: (Wie) kann man Literacy messbar machen? Welche  der untersuchten und mit dem Literacy-Konzept verbundenen Fertigkeiten verändern sich im Laufe eines Kindergartenjahres? Wie heterogen ist die Stichprobe im Hinblick auf diese Fertigkeiten? Darauf aufbauend soll nach der Bedeutung von Literacy für vorschulische und schulische Bildungsarbeit gefragt werden. 

Literatur:

Brügelmann, Hans (2005): Das Prognoserisiko von Risikoprognosen – eine Chance für "Risikokinder". In: Hofmann, Bernhard (Hg.): Übergänge. Kinder und Schrift zwischen Kindergarten und Schule. Berlin: Deutsche Gesellschaft für Lesen und Schreiben (DGLS-Beiträge, 3), S. 146–172.

Kress, Gunther R. (2000): Before writing. Rethinking the paths to literacy. Repr. London: Routledge.

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Britta Juska-Bacher (PH Nordwestschweiz)

Lesen bereits im Vorschulalter? Literale Förderung und Entwicklung in der altersgemischten Schuleingangsstufe

Mit dem Schulversuch der Grund- und Basisstufe, in der Kindergartenkinder und Erstklässler (und z. T. Zweitklässler) gemeinsam unterrichtet werden, beschreitet die Schweiz einen Sonderweg. Für dieses altersgemischte Lernen und damit verbunden die frühe Förderung u. a. der Lese- und Schreibentwicklung fehlen allerdings bisher fachdidaktische Standards.

Hier setzt unserer Projekt an. Erkenntnisinteressen sind eine fachdidaktische Bestandsaufnahme zur Unterrichtspraxis, die Entwicklung literaler Aktivitäten und Motivationen sowie eventuelle Bezüge zwischen literalen Entwicklungen und spezifischen sozialen und unterrichtlichen Bedingungen.

Die Längsschnittstudie erhebt Daten von 150 Schüler(innen). Anhand der Daten aus Interviews und Tests werden Lesekompetenzen, literale Aktivitäten und Motivationen, literales Selbstkonzept und Unterrichtserleben der Kinder in Beziehung gesetzt.

Literatur:

Schneider, Hansjakob, Bertschi-Kaufmann, Andrea, Juska-Bacher, Britta, Knechtel, Nora (2010): Literale Förderung und Entwicklung von Kindern in der Schuleingangsstufe. In: Leseforum Schweiz: Literalität in Forschung und Praxis. (letzter Zugriff am 21.01.2010).

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Ingrid Barkow & Annette Graf (PH Ludwigsburg)

Frühe Literalität – die Entstehung graphischer Symbolik bei Kindern vor dem Erwerb konventioneller Schriftzeichen

Entwicklungsverläufe von Kindern beim Erwerb der Schriftsprache sind in der Forschungsliteratur vielfach dokumentiert und beschrieben worden, jedoch meist erst ab dem Stadium, in dem die konventionellen Schriftzeichen des Alphabets ins Spiel kommen. Die frühe Phase des „Kritzelns“ ist bisher aus sprach- und schrifttheoretischer Sicht kaum erforscht worden. Unser Forschungsprojekt wendet sich diesen Frühformen des Schreibens bei Drei- bis Vierjährigen zu. Ein Ziel der Studie ist, auf der Grundlage empirischer Daten ein Kategorienraster zur differenzierten und systematischen Beschreibung des Kritzelstadiums zu entwickeln. Dabei gehen wir davon aus, dass Kinder bereits in diesem Stadium in ihren graphisch transformierten Repräsentationen zwischen piktoralen und verbalen Kodierungen zu unterscheiden wissen. Das Projekt sieht zwei Querschnittuntersuchungen vor, die im Abstand von 8 Monaten mit einer Population von 50 – 60 Kindern durchgeführt werden.

In einer Interventionsstudie, die ein kontinuierliches Angebot an „writing events“ vorsieht, werden zudem Einzelfallanalysen auf der Basis von Langzeitbeobachtungen mit 4 – 6 Kindern erstellt. Wir versprechen uns Aufschluss über die Genese graphischer Sprachzeichen und deren soziale Bedingungen, aus denen sich Konsequenzen für die Förderung von Literacy im Elementarbereich ableiten lassen.

Literatur:

Rowe, Deborah W. (2008): Social Contracts for Writing: Negotiating Shared Understandings About Text in the Preschool Years. Reading Research Quarterly 43 (1), 66 – 95

Schmid-Barkow, Ingrid (2009): Schuleingangsdiagnostik des Schreibens und Perspektiven auf das Schreiben “vor der Schrift”. In: Jeuk, Stefan/ Schmid-Barkow, Ingrid (Hrsg.): Differenzen diagnostizieren und Kompetenzen fördern im DU. Freiburg: Fillibach. 189–208

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Sibylle Künzli (PH Zürich) & Dieter Iseler (PH Nordwestschweiz)

Frühe Literalität als soziale Praxis – (schrift-)sprachliche Erfahrungen von Vorschulkindern in unterschiedlichen Familien und im Kindergarten

Bereits beim Schuleintritt besteht einen deutlichen Zusammenhang zwischen sozialer Herkunft und sprachlichen Leistungen. Dieser Zusammenhang ist aber nicht deterministisch. Es ist davon auszugehen, dass die konkreten familiären Lernerfahrungen der Kinder und deren Passung mit den schulischen Bildungsangeboten für einen guten Schulstart ausschlaggebend sind. Damit stellen sich Fragen nach den Ausformungen familiärer und vorschulischer Praktiken und den Auswirkungen von Divergenzen auf die Lernwege der Kinder. Um diesen Fragen nachzugehen, wurden im Rahmen des Forschungsprojekts "Lernwelten – literacies" vier Kinder in ihren Familien und im gemeinsam besuchten Kindergarten begleitet. Die rekonstruierenden Auswertungen der Daten aus teilnehmenden Beobachtungen, Interviews, Audio- und Videoaufzeichnungen verdeutlichen die Komplexität und Verwobenheit (schrift-)sprachlichen Handelns. In diesem Beitrag wird anhand ausgewählter Daten ein Modell von früher Literalität als sozialer Praxis vorgestellt und im Hinblick auf die Förderung in vorschulischen Betreuungs- und Bildungsinstitutionen diskutiert.

Literatur:

Isler, D. & Künzli, S. (2010). Schulische Praktiken in der Vorschule. In: A. Brake & H. Bremer (Hrsg.), Alltagswelt Schule (S.211–229).Weinheim: Juventa.

Künzli, S.; Isler, D. & Leemann, R. (2010). Frühe Literalität als soziale Praxis. Zeitschrift für Soziologie der Erziehung und Sozialisation, S. 60–73.

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Miriam Morek (TU Dortmund)

Förderung kindlicher Erklärfähigkeiten in außerschulischen und schulischen Interaktionen

Die Fähigkeit, in Gesprächen übersatzmäßige Einheiten produzieren zu können, stellt eine zentrale Diskursfähigkeit dar, die vorschulisch vor allem in familialen Interaktionen erworben wird. Mit Schuleintritt spielen dann unterrichtliche Kontexte eine zentrale Rolle für Ausbau und Förderung dieser Diskursfähigkeiten. Auf Basis mikroanalytisch-rekonstruktiver Analysen video- bzw. audiographierter Familien- und Unterrichtsgespräche wird am Beispiel des Erklärens gezeigt, ob und wie Erstklässlern in Interaktionen mit Eltern, Lehrern und Mitschülern diskursiver (Übungs-) Raum zugestanden und zugeteilt wird, übersatzmäßige Einheiten als verantwortliche Sprecher beizutragen und wie zuhörerseitige Aktivitäten der jeweils erwachsenen Interaktanten sie dabei hinsichtlich der Strukturierung dieser Einheiten unterstützen. Damit wird ein Beitrag geleistet zu der Frage, welche außerschulischen Ressourcen den Schulanfängern jeweils zur Verfügung stehen, welche Fördermöglichkeiten der institutionelle Kontext des Unterrichts ermöglicht und in welchem Zusammenhang familiale und schulische Diskursaktivitäten und Erwerbskontexte stehen. 

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Sören Ohlhus (TU Dortmund)

Ressourcen literaler Sozialisation in mündlichen Erzählinteraktionen

Mündliches Erzählen kann in unterschiedlichem Ausmaß und in unterschiedlicher Weise an literarische Vorbilder anknüpfen und Schriftlichkeit auf diese Art auch in Erwerbsprozesse einbringen.

In meinem Vortrag möchte ich Spuren literaler Praktiken (vgl. Barton/Hamilton 2000) in mündlichen Phantasieerzählungen rekonstruieren, die im Rahmen eines längsschnittlichen Forschungsprojektes mit Kindern kurz nach ihrer Einschulung erhoben wurden. Die Inszenierungsweisen, die erwachsene Zuhörer und kindliche Erzähler nutzen, um dieses Erzählgenre in seiner Affinität zu literarischem Erzählen gemeinsam hervorzubringen, gewähren nicht nur Einblicke in diejenigen Merkmale des Erzählens, die die Teilnehmer selbst für einschlägig und genre-typisch erachten. Im Kontext der Interaktion eröffnen sie auch einen Zugang zu den Erfahrungen der Kinder mit literalen Praktiken und verweisen auf zentrale Ressourcen, die im Prozess der literalen Sozialisation genutzt werden.

Literatur:

Barton, David; Hamilton, Mary (2000): Literacy practices. In: Barton, David; Hamilton, Mary; Ivanic, Roz (eds.): Situated literacies. Reading and writing in context. London: Routledge, S. 7–14.

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Thérèse Thévenaz-Christen (Universität Genf)

Eine sprachliche Handlung als Unterrichtsgegenstand zu Beginn des schulischen Lernens

Dieser Beitrag befasst sich mit der Frage, wie sprachliche Handlungen – in diesem Fall das mündliche Erklären einer Spielregel – zu Beginn des schulischen Lernens (im Alter von 4–5 Jahren) zum Unterrichtsgegenstand gemacht werden können. Damit eine sprachliche Handlung zum Unterrichtsgegenstand gemacht und für den Erwerb sprachlicher Fähigkeiten genutzt werden kann, muss sie mit den Kindern in vereinfachter Form konstruiert und in ihrer kommunikativen Funktion thematisiert werden. Diese doppelte Anforderung verlangt von der Lehrperson die Herstellung einer komplexen Kommunikationssituation, die es erlaubt, eine geteilte Aufmerksamkeit für den Gegenstand aufzubauen und ein gegenseitiges Verständnis des Gegenstands  auszuhandeln. Mittels einer Analyse von Unterrichtseinheiten aus vier Kindergärten wird untersucht, wie das Erklären einer Spielregel von den Lehrpersonen und Kindern konstruiert und thematisiert wird. Aus der Analyse geht hervor, dass die Textart nur unter bestimmten Bedingungen zum Unterrichtsgegenstand wird. Der Beitrag gibt zudem einen Einblick in die Zugänge der Französischdidaktik zur vorschulischen Sprachförderung.

Literatur:

Schneuwly, B. & Thévenaz-Christen, Th. (Hrsg). (2006). Analyses des objets enseignés. Le cas du français. Bruxelles : De Beock

Dolz, J., Schneuwly, B. & Thévenaz-Christen, Th. (2008). L’articulation vygotskienne entre objet enseigné et outil médiateur comme fondement de la didactique. In M. Brossard & J. Fijalkow (Hrsg.), Vygotski et les recherches en éducation et en didactiques (S.144–156). Bordeaux : PUB.

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Eva Briedigkeit (TU Dortmund)

Sprachförderung und Sprachförderkompetenz: Professionalisierung von Erzieherinnen für Sprachförderaufgaben

Wirksamkeitsstudien lassen darauf schließen, dass Sprachförderprogramme im Elementarbereich ein wesentliches Handwerkszeug sind, um Erzieherinnen dabei zu unterstützen, Sprachförderung kompetent zu gestalten. Ob und wieweit das dann tatsächlich gelingt, hängt jedoch entscheidend davon ab, dass die Programme in adäquate sprachliche Interaktionen mit dem Kind umgesetzt sowie mit weiteren Angeboten stimmig verknüpft werden. Hier ist auf Seiten der Erzieherin eine didaktische Kompetenz vonnöten, die mit Hilfe des Konstruktes der „Sprachförderkompetenz“ theoretisch fundiert definiert und näher ausdifferenziert werden kann. Wie es um diese Kompetenz von Erzieherinnen bestellt ist, kann u. a. anhand von Studien beantwortet werden, die ausloten, welche sprachförderrelevanten Haltungen bzw. welches sprachförderrelevante Wissen und Können bei Erzieherinnen vorhanden ist. Der Vortrag erläutert theoretische Hintergründe pädagogischer Sprachförderung und Sprachförderkompetenz und stellt Möglichkeiten vor, sprachförderrelevante Situationen in Kindertageseinrichtungen einzuleiten, zu moderieren und einzuschätzen.

Literatur:

Fried, L. (2008): Professionalisierung von Erzieherinnen am Beispiel der Sprachförderkompetenz . In: Balluseck, H. von (Hrsg.): Professionalisierung in der Frühpädagogik (S. 265–277). Opladen.

Fried, L. (2009): Education, language and professionalism: issues in the professional development of early years practitioners in Germany. In: Early Years 29 (1), pp. 19–30.

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Julia Ricart Brede (Universität Jena)

Videobasierte Qualitätsanalyse vorschulischer Sprachfördersituationen

Die Förderung sprachlicher Fähigkeiten – insbesondere im Vorschulalter –ist derzeit stark im öffentlichen Bewusstsein: Zahlreiche Initiativen werden gestartet, Projekte finanziert, Programme und Materialien konzipiert. Doch wie läuft vorschulische Sprachförderung tatsächlich ab? In ihrer Dissertationsarbeit ging die Referentin dieser Frage nach, indem sie 48 vorschulische Sprachfördereinheiten videografierte und analysierte. Aufgezeichnet wurden solche Sprachfördereinheiten, die durch das Programm „Sag’ mal was – Sprachförderung für Vorschulkinder“ der Landesstiftung Baden-Württemberg finanziert wurden. Um darüber Aufschluss zu erhalten, welche Aktivitäten in den vorschulischen Sprachfördermaßnahmen durchgeführt und welche sprachlichen Lernbereiche fokussiert werden, aber auch, wie die Sprachfördereinheiten inszeniert sind, wurden alle videografierten Situationen auf Sichtstrukturen hin analysiert. In einer vertiefenden Analyse wurden 40 ausgewählte Handlungssequenzen zudem hinsichtlich der Realisierung bestimmter Qualitätsmerkmale analysiert. Denn insbesondere in Anbetracht der Fülle an Materialien gilt es, programmunabhängige Qualitätsmerkmale für die Sprachförderung zu bestimmen. In der vorliegenden Arbeit wurde der Fokus zu diesem Zweck auf den sprachlichen Input der Sprachförderperson gerichtet. So stellt sich die Frage, wie dieser gestaltet sein muss, um möglichst sprachfördernd zu wirken.

In Rahmen des Vortrags werden die Ergebnisse dieser Arbeit erstmalig in ihrer Gesamtheit vorgestellt und diskutiert.

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Astrid Schmidt (Universität Flensburg)

Die Flensburger Konzeption zur Sprachförderung im Elementarbereich. Ein Bericht aus Theorie und Praxis

Die Flensburger Konzeption zur Sprachförderung im Elementarbereich – Erzählen und Rollenspiel ist im Rahmen des von der Cornelsen Stiftung LEHREN UND LERNEN geförderten Projekts "Sprachliche Fähigkeiten vierjähriger Kinder beim Erzählen und Rollenspiel in einer förderorientierten Perspektive für den Kindergarten" von Prof. Dr. Helga Andresen und Astrid Schmidt an der Universität Flensburg entwickelt und in Zusammenarbeit mit Erzieherinnen eines Flensburger Kindergartens erprobt worden. Darüber hinaus wurde ein umfangreicher Datenkorpus zu Erwerbsverläufen beim Erzählen und Rollenspiel von Kindern zwischen vier und sechs Jahren erstellt und ausgewertet. Im Rahmen des Vortrags wird die Konzeption in ihren Grundzügen dargestellt und auf praktische Probleme bei der Umsetzung im Kindergarten und entsprechende Lösungsvorschläge, die sich in der Praxis bewährt haben, eingegangen. Empfehlungen zu geeigneten Materialien schließen sich an.

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Claudia Neugebauer (PH Zürich)

Förderung von Textkompetenz im Kindergarten – Wie Kinder mit Deutsch als Erst- und als Zweitsprache die Welt der Texte gemeinsam entdecken können

Zuhören und verstehen, wenn andere reden, mitreden, Texte verstehen und schließlich selber Texte formulieren – auf diesem Weg können Kinder im Kindergarten begleitet werden. Kinder mit Deutsch als Zweitsprache sind dabei doppelt gefordert: Neben dem Lernen der deutschen Sprache müssen sie gleichzeitig die für Schulerfolg notwendige Textkompetenz entwickeln. Im Kindergarten wird Textkompetenz vorwiegend beim Hören von Geschichten gefördert. Die im Vortrag präsentierten Beispiele zeigen weiterführend wie zur mündlichen Textproduktion angeleitet werden kann. Dabei steht die Frage im Vordergrund, wie der Unterricht in sprachlich heterogenen Gruppen so organisiert werden kann, dass alle Kinder – also jene mit Deutsch als Erst- und mit Deutsch als Zweitsprache – angemessen gefordert und gefördert werden.

Entstanden sind die vorgestellten Beispiele im Rahmen des mehrjährigen Schulentwicklungsprojekts netzwerk sims – Sprachförderung in mehrsprachigen Schulen. In schulinternen Weiterbildungen haben sich Lehrpersonen in über zwanzig Kindergärten mit theoretischen Grundlagen befasst, Settings zur Förderung von Textfähigkeiten geplant und umgesetzt und ihre Erfahrungen reflektiert.

Literatur:

www.netzwerk-sims.ch : Unterrichtsmaterialien :
Materialien für den Kindergarten I
Materialien für den Kindergarten II

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Sektion 4: Spielfilm: Filmwissenschaft und Filmdidaktik

Elisabeth Paefgen (Freie Universität Berlin)

Film macht Schule – Filme aus dem Kanon im Deutschunterricht

Der 2003 von der Bundeszentrale für politische Bildung publizierte erste deutschen Filmkanon hat einige Kritik erfahren, weil er aus filmhistorischer und –ästhetischer Sicht zusammengestellt wurde, nicht aber mit Blick auf die filmischen Rezeptionsgewohnheiten von Schülerinnen und Schülern. In diesem Vortrag sollen einige Filme dieses Kanons aus deutschdidaktischer Perspektive diskutiert werden. Deutlich werden soll auf diese Weise, dass in diesem Kanonvorschlag ein didaktisches Potential steckt, das nicht unmittelbar erkennbar ist, das es aber ermöglicht, diese Film in literaturorientierte Einheiten zu integrieren und auf diese Weise in Filmanalyse einzuführen.

Literatur:

Alfred Holighaus (Hg.). Der Filmkanon. 35 Filme, die Sie kennen müssen. Berlin 2005.

Elisabeth K. Paefgen: Wahlverwandte. Filmische und litearische Erzählungen im Dialog. Berlin 2009.

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Ingo Kammerer (Pädagogische Hochschule Ludwigsburg)

Genre, Autor, Spielfilm – Überlegungen zu einer textsortensystematischen Filmdidaktik

Die Filmanalyse ermöglicht, wie jede andere Textanalyse auch, die Integration außertextlicher Einflussfaktoren. Neben dem Regieautor als personale Textchiffre ist insbesondere die generische Zuordnung der Texte als wichtiges Merkmal der Kommunikation zwischen Film und Rezipienten zu bezeichnen: „Kino ist Genrekino“ (Lange 2007) und selbst der Regisseur kann dabei als (multi-)generisches Zeichen betrachtet werden. Somit ist das jeweilige Wissen um den Genre-Intertext für Filmauswahl und Gratifikationshoffnung des Rezipienten entscheidend. Eine Integration jener auswirkungsstarken Faktoren in die didaktische Auseinandersetzung mit dem Medium ist demnach nahe liegend.

In diesem Kontext sollen die Möglichkeiten einer textsortensystematisch fundierten Filmdidaktik für den Deutschunterricht verdeutlich werden. Zum Betrachtungsfokus des generischen Musterfelds (Intertext) kommt eine in diesem Bereich außergewöhnlich wirksame Autorität (Autor) hinzu und beide bestimmenden ‚Zeichenfelder’ werden in einer prototypischen Medieneinheit (Filmsequenz) exemplarisch erarbeitet. Orientiert an der konkreten Allianz Thriller-Hitchcock-Maisfeldszene liegt die Konzeption einer filmdidaktischen Werkstatt vor, deren Prinzipien vorgestellt und anhand von Beispielen verdeutlicht werden sollen.

Literatur:

Kammerer, Ingo (2009): Film – Genre – Werkstatt. Textsortensystematisch fundierte Filmdidaktik im Fach Deutsch. Baltmannsweiler: Schneider

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Jens Birkmeyer (Universität Münster)

Das Sehen sehen lernen. Zur Relevanz der Augen-Blicke für die Filmdidaktik

Ein Desiderat bisheriger Filmdidaktik besteht darin, dass die Bedeutung der Blicke während des Sehens nicht hinreichend beachtet wird. Dies liegt vor allem an der theoretisch unzureichenden Verknüpfung von filmsemiotischen, narratologischen und filmästhetischen Fragestellungen im Deutschunterricht. Das Sehen selbst müsste aber gerade im Moment der Filmbetrachtung wahrgenommen und beobachtet werden können. Wie lässt sich dieser Anspruch in filmdidaktischer Perspektive formulieren? Im Mittelpunkt stehen damit jene Augen-Blicke, durch die der Betrachter zum Komplizen des Betrachteten und dessen Choreographie wird. Auf welche Weise korrespondieren die Macht des Sehens und die Ohnmacht der Blicksteuerung miteinander? Der Vortrag diskutiert anhand von Filmbeispielen die Kategorie eines „Sehprotokolls“, indem die Bedeutung der Diegese für filmdidaktische Reflexionen begründet wird. Anhand der Frage, wer der Betrachter durch den Film im Film ist, wird zu klären sein, ob Film auch ein Medium möglicher Selbstbeobachtung sein kann und ob/wie sie didaktisch sinnfällig gemacht werden könnte.

Literatur:

Abraham, Ulf: Filme im Deutschunterricht, Velber 2009.

Birkmeyer, Jens: Die (Ohn)Macht der Augen-Blicke. Narrative des Sehens in „Das Schweigen der Lämmer“. Überlegungen zur Filmdidaktik. In: Matthias Lorenz (Hrsg.): Film im Literaturunterricht. Neue Ansätze zum filmischen Erzählen. Freiburg 2010.

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Yomb May (Universität Bayreuth)

Sichtwechsel. Filmdidaktische Wege zur interkulturellen Kompetenz im Deutschunterricht. Theorie und Empirie

Ziel des Beitrags ist es, filmdidaktische Wege und Möglichkeiten zur Herausbildung der interkulturellen Kompetenz im Deutschunterricht aufzuzeigen.

Ausgangspunkt des Beitrags ist die Annahme, dass das Medium Film ein zeitgemäßes interkulturelles Lernen ermöglichen kann. Voraussetzung dafür ist allerdings, dass sich der Einsatz des Films im Deutschunterricht didaktisch und methodisch gezielt mit kultureller Differenz sowohl inhaltlich als auch im Hinblick auf die Rezeptionsweisen befasst.

Der Beitrag basiert methodisch auf dem Konzept des Filmgesprächs, das theoretisch um die interkulturelle Komponente erweitert werden soll. Sodann wird das `interkulturelle Filmgespräch´ als didaktisches Konzept vorgestellt und an einer Unterrichtssequenz exemplifiziert.

Literatur:

Ulf Abraham: Filme im Deutschunterricht. Seelze, 2009 (Friedrich Verlag)

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Matthias Schönleber (Freie Universität Berlin)

Wer weiß was? Narrative Strukturen in Film und Text

Auch angesichts durchaus ertragreicher Bemühungen um die Integration des Films in die Aufgabenfelder des Deutschunterrichts bleibt festzustellen, dass im Zuge dieser Überlegungen bislang kaum strukturelle Parameter benannt wurden, die einen systematischen Vergleich von filmischer und literarischer Rede ermöglichen. Diese Parameter müssten in der Lage sein, sowohl das Verbindende als auch das Trennende der medienspezifischen Vertextungsverfahren zu extrapolieren. Mit Anke-Marie Lohmeiers Filmhermeneutik, neueren Ansätzen zur Filmnarratologie und Jurij Lotmans Theorie des semantisierten Raums liegen Analysemodelle vor, die Schnittstellen zwischen den Medienformaten sichtbar machen können, an denen Film und Text strukturell kompatibel sind. An diesen Schnittstellen kann ein Bewusstsein für die Leistungsfähigkeit der filmischen und literarischen Erzählweisen erzeugt werden. Im Rahmen eines filmintegrativen Deutschunterrichts soll ein themenzentriertes Vorgehen dazu dienen, in einem didaktischen Arrangement „Erzählprobleme“ zu präsentieren, deren Analyse eine medienübergreifende und mediendifferenzierende ästhetische Rezeptionskompetenz befördert und somit den „klassischen“ Aufgaben des Literaturunterrichts und denen, die unter dem Einfluss medienhistorischer Veränderungen neu formuliert werden müssen, gleichermaßen dient..

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Philippe Wampfler (Kantonsschule Wettingen)

Erzähltheoretische Kategorien und Film

Während in der Filmwissenschaft Formen des Erzählens Gegenstand der Diskussion sind, gilt Narratologie in der Literaturwissenschaft als eine etablierte Disziplin, in der eine beispielsweise an Genettes angelehnte Begrifflichkeit als tragfähig angesehen wird. Mit der Frage, ob sich narratologische Konzeptionen auf den Film übertragen lassen oder ob sich filmisches Erzählen eher mit der Begrifflichkeit der Theater und Inszenierungsanalyse erfassen lässt, kann der Blick auf intermediale Schnittstellen gerichtet werden, in denen in didaktischer Hinsicht ein analytischer Zugriff auf die erzählerische Darbietung eines Plots (in Film, Theater und Literatur) möglich wird. Für den Erwerb eines erzähltheoretischen Analyserasters auf der Sekundarstufe II ist gerade der Vergleich von literarischen Texten und Filmen dazu geeignet, erzähltheoretische Probleme darzustellen und zum Gegenstand der Reflexion zu machen. Am Beispiel von Thomas Glavinics Romans Die Arbeit der Nacht (2006) und Francis Lawrences Blockbuster I Am Legend (2007) soll ein solcher Vergleich ermöglicht werden.

Literatur:

Kaul, Susanne u.a. (Hg.): Erzählen im Film. Bielefeld: Transcript 2009.

Schäfer, Jerome Philipp: Grand Imagier oder Kamera? Zur Erzählinstanz im filmischen Kommunikationssystem. In: Medienobservationen, 05.09.2008.

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Bettina Kümmerling-Meibauer (Universität Tübingen)

Zufall oder Notwendigkeit? Der Schmetterlingseffekt im Film

Der auf den Meteorologen Edward Lorenz zurückgehende Begriff „Butterfly Effect“ (deutsch: Schmetterlingseffekt) beschreibt ein Modell, das Ideen der Chaostheorie aufgreift. Nach diesem Modell haben geringfügige Änderungen einer Ausgangssituation weitreichende Auswirkungen auf nachfolgende Handlungen und die Zukunft. Anhand der beiden Filme Der Zufall möglicherweise (Regie: K. Kieslowski, 1987) und Butterfly Effect (Regie: E. Bress u. J. M. Gruber, 2004) sollen folgende Aspekte untersucht werden: Wandel des Zeitkonzeptes, Bedeutung des Weltwissens und Illusionsbruch. Unter filmdidaktischer Perspektive sind diese Filme von großem Interesse, denn sie beziehen sich auf eine Fragestellung, die jeden Menschen interessiert: Was wäre wenn man in der Vergangenheit in einer bestimmten Situation anders gehandelt hätte? Dieses Ideenspiel wird in den  beiden Filmen mit unterschiedlichen Akzentsetzungen umgesetzt und regt nicht nur zu philosophischen Überlegungen, sondern auch zur Analyse der filmdramaturgischen Mittel an.

Literatur:

U. Abraham: Filme im Deutschunterricht. Stuttgart 2009.

K. S. Wozonig: Chaostheorie und Literaturwissenschaft. Wien 2008.

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Marja Rauch (Universität Regensburg)

Rückkehr des Phantastischen? Aktuelle Tendenzen in Literatur und Film

Die Auseinandersetzung mit dem Phantastischen hat sich nie auf Literatur beschränkt. In der heutigen Zeit hat sich die Situation aus literaturdidaktischer Sicht jedoch noch verschärft: Der erste Kontakt vieler Kinder und Jugendlicher mit kulturellen Inszenierungen des Phantastischen verläuft nicht mehr oder nicht allein über das Medium Literatur, sondern über das Medium Film (bzw. Comic, Computerspiel). Für den Deutschunterricht liegt darin zugleich eine Chance: Der Begriff des Phantastischen eignet sich für ein intermediales Arbeiten, wie es heute an den Schulen gefordert ist.

Vor diesem Hintergrund möchte der Beitrag der auffälligen Renaissance des Phantastischen nachgehen, um die zeitgenössische Literatur- und Filmkultur kritisch in den Blick zu nehmen. Gegenstand der Untersuchung sind – auch im Hinblick auf die unterschiedlichen Voraussetzungen von männlicher und weiblicher Sozialisation und deren Vermittlung – Herr der Ringe und Eragon auf der einen Seite, Tintenherz u. a. auf der anderen Seite. Dabei soll es keineswegs um die stereotype Frage nach den Möglichkeiten der Verfilmung literarischer Texte gehen, sondern vielmehr um die Frage nach den unterschiedlichen narratologischen und semiotischen Inszenierungen des Phantastischen im Kontext eines Konzeptes der Intermedialität, das dazu beitragen kann, schulische Lernprozesse zu fördern.

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Eva Fritsch (Universität Hamburg)

Film und Schule. Erfahrungen mit Lehrerfilmfortbildungen im Rahmen von Lernort Film

Seit 2009 ist das Thema Filmanalyse und Filmgestaltung für Hamburg und Bremen verbindlich im Rahmenplan verankert. Doch den meisten Lehrern fehlen Grundkenntnisse, so sind die klassischen Filmanalysemodelle für die meisten noch unbekannt. Eine Befragung bei Schülern ergab ein ähnliches Bild und machte deutlich, dass die Schüler dies sehr kritisch wahrnehmen und sich mehr Filmkompetenzvermittlung wünschen und mehr Integration der gezeigten Filme in die zu behandelnden Themen.

Im Vortrag soll gezeigt werden, wo die Lehrerfortbildungen mit Filmkompetenzvermittlung ansetzen können und wie sie ansprechenden Filmunterricht im Fach Deutsch, aber auch fächerverbindend  ermöglichen können, um dem Manifest Medienkompetenzförderung (Niesyto) gerecht zu werden. Dabei soll exemplarisch auf die Leitthemen der Rahmenpläne und die hierzu entsprechend ausgewählten Filme eingegangen werden. Zum Beispiel auf das Leitthema „Von Töchtern und Söhnen“ sowie „Schelmengattung“ mit den entsprechend ausgewählten Filmen: Das Weiße Band, Leuchtende Sterne, Das Wunder von Bern, Catch me if you can und Forrest Gump.

Literatur:

Fritsch, Eva/Fritsch, Dirk: Filmzugänge. Strukturen und Handhabung. Köln: Halem 2010.

Niesyto, Horst u.a.: Keine Bildung ohne Medien! Medienpädagogisches Manifest. http://www.keine-bildung-ohne-medien.de (März 2009).

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Andrea Wagener (Köln)

Förderung filmspezifischer Kompetenzen – Beispiele aus dem „Deutschbuch“ und aus „Texte, Themen und Strukturen“ (Neue Ausgaben, Cornelsen Verlag)

Der Film hat als Medium, das Jugendliche besonders fasziniert, Eingang in die Deutschbücher aller Jahrgangsstufen gefunden.

Die Ähnlichkeit filmischer und literarischer Erzählstrategien deutet auf kulturelle Grundmuster des Erzählens hin, welche den Lernenden einen Transfer analytischer Kriterien zwischen den beiden Medien ermöglichen kann. Filmspezifische Darstellungsmittel haben darüber hinaus eine eigene ästhetische Sprache, die als filmischer Code über das rein sprachliche Zeichensystem hinausgeht.

Der anschauliche Vortrag setzt bei diesen Aspekten an und zeigt anhand entsprechender Kapitel aus den Lehrwerken, wie man die Sach- und Methodenkompetenz der Schülerinnen und Schüler in der Filmanalyse sukzessive fördern kann. Anhand signifikanter Filmausschnitte aus „Das Parfum“ erläutert der Vortrag die erzählerische Funktion der Kamera sowie fachübergreifende Aspekte und bezieht sie auf die entsprechenden Beispiele des Oberstufenbandes.

Literatur:

Deutschbuch. Neue Ausgabe. Band 5 bis 10. Hrsg. von B. Schurf und A. Wagener. Cornelsen, Berlin 2004–2009

Texte, Themen und Strukturen. Deutschbuch für die Oberstufe. Neue Ausgabe. Hrsg. von B. Schurf und A. Wagener. Cornelsen, Berlin 2009

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Martin Ganguly (Berlin)

Edition Film (Klett Verlag)

Im Zentrum der modernen Mediengesellschaft steht der (Spiel) film. Wie Lesen und Schreiben zu den fundamentalen Kulturtechniken gehört, so gehört das Verstehen von Filmen und das Erkennen ihrer formalen und affektiven Sprache zu den Kulturtechniken des neuen Jahrhunderts.

Die ab Frühjahr 2010 erhältliche Edition Film des Klett-Verlags besteht aus einem Basisheft, das in erster Linie Schüler/innen (Sek I, Sek II) anspricht und in sinnlich anregender Form die Grundkenntnisse zur Filmbetrachtung liefert sowie einer Edition mit filmhistorisch und für den Unterricht bedeutsamen Spielfilmen auf DVD in Kombination mit spezifischen Arbeitsheften zu diesen ausgewählten Filmen, die sukzessive erscheinen werden. 

Film wird dabei  als eigenständige Kunstform der Literatur gegenübergestellt und Sprache im weitesten Sinne untersucht. Dabei soll in einem vielsinnlichen Ansatz auch der Blick auf die zugrunde liegenden literarischen Vorlagen geschärft werden.

Die Kombination aus Film, Bildern, Informationen und praktisch orientierten Aufgaben sollen Schüler/innen motivieren sich lustvoll mit der Kunstform Film zu beschäftigen und ihnen unabdingbare Grundlagen zur Medienanalyse liefern.

Literatur:

Edition.Film – Arbeitsheft Filmanalyse von Dr. Martin Ganguly , Schülerheft,.72.S. (8.–13..Schuljahr). 3-12-927530-6, Frühjahr 2010

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Raphael Spielmann (Freiburg)

Grundkurs Film (Schroedel Verlag) – ein integratives Konzept für die Filmbildung

Der integrative Ansatz der Lehrwerkreihe »Grundkurs Film« geht von einer komplexen Form der Filmbildung aus, die das Bilden durch Filme ebenso wie das Bilden von Filmen beinhaltet und dabei gleichermaßen rezeptions- wie produktionsorientiert vorgeht. Deutsch als Text formulierendes, Kunst als Bild  gebendes und Musik als Ton gestaltendes Fach tragen hierzu maßgeblich bei. Das Konzept ist so angelegt, dass weitaus mehr Materialien zur Verfügung stehen als pro Kurs oder Klasse thematisiert werden können. Je nach Bedarf können einzelne Aspekte ausgewählt und mit anderen Teilen des Buches zu eigenen Unterrichtsreihen kombiniert werden.

Ein neues Lernkonzept stellt die Reihe »Film Portfolio« dar. Mit ihr soll für Schüler/innen ein selbständig lernender Umgang mit den wichtigen Aspekten der Filmbildung ermöglicht werden. Dazu zählen für das Fach Deutsch die Bereiche Filmanalyse, Textproduktion (Ideen- und Drehbuchentwicklung) sowie Schauspiel. Anhand exemplarischer Beispiele wird ein möglicher Umgang mit diesen näher erläutert.

Literatur:

Reihe »Grundkurs Film«, Band 1–3. Schroedel Schulbuchverlag

Reihe »Film Portfolio«, Aspekte der Filmanalyse. Schroedel Schulbuchverlag

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Sektion 5: Textformen – Text formen

Thorsten Pohl (Universität Oldenburg)

Textformen – Text formen

Der Vortrag versucht eine inhaltlich-konzeptionelle Brücke zur Sektion „Textformen als Lernformen“ des letzten Symposions 2008 in Köln zu schlagen. Dort wurde in der Sektionsarbeit gemeinsam ein Konzept von „Textform“ erarbeitet, das grundlegend in drei Dimensionen situiert ist: Textformen sind immer zu verstehen als

  1. Ausformung einer konkreten Schreibentwicklungsphase,
  2. Ausformung einer konkreten Schreibprozessphase und
  3. lernerseitige Reaktion auf eine konkrete didaktische Situierung (Pohl & Steinhoff Hgg. im Dr.).

Genau in diesem Schnittpunkt entfaltet das Schreiben sein epistemisches Potential und dies als lernendes Schreiben nicht erst auf hohen Kompetenzstufen oder bei Schreibexperten. Der Vortrag skizziert zunächst diejenigen besonderen medialen wie konzeptionellen Bedingungen, die das Schreiben zu einer Lernform von exzeptioneller Bedeutung machen und eröffnet sodann die beiden in der Sektionsarbeit zu verfolgenden Perspektiven von einerseits Textformen (Produkt-/Werkaspekt) und Text formen (Prozess-/Tätigkeitsaspekt), bevor abschließend Leit- und Arbeitsfragen formuliert werden, die die Aufeinanderbezogenheit beider Perspektiven fokussieren.

Literatur:

Pohl, Thorsten & Torsten Steinhoff (Hgg.) (im Dr.): Textformen als Lernformen. Erscheint in: Kölner Beiträge zur Sprachdidaktik (KöBeS). Duisburg: Gilles & Francke.

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Norbert Kruse & Miriam Ludwig (Universität Kassel)

Effekte der Gruppenzusammensetzung auf die Text- und Überarbeitungsqualität beim Textschreiben in Klasse 3

Kinder erwerben Schreibfähigkeiten in einer mehr oder weniger strukturierten Schreibumgebung im sozialen Raum einer Schulklasse. Deshalb ist die Frage von Interesse, welchen Einfluss der Strukturierungsgrad der Lernumgebung und die soziale Kohäsion der Schülergruppe auf die Rückmeldungen der Schülerinnen und Schüler, auf die Textrevisionshandlungen sowie auf die Qualität der geschriebenen Texte haben.

Im Vortrag werden zwei Hypothesen zu einer der Leitfragen aus einem derzeit laufenden DFG-Forschungsprojekt zu kooperativen Schülerrückmeldungen bei der Textüberarbeitung in der Grundschule (Heinzel/Kruse/Lipowsky)  erläutert. Dabei gehen wir davon aus, dass die soziale Kohäsion der Gruppen Auswirkungen auf den Umfang der Textrevisionshandlungen hat. Ferner nehmen wir an, dass in Gruppen mit einer hohen sozialen Kohäsion die Textrevisionshandlungen umfangreicher sind, als in den Gruppen mit einer geringen sozialen Kohäsion. Die Studie setzt sich den Nachweis zum Ziel, dass den sozialen Beziehungen der Gruppenmitglieder untereinander eine zentrale Rolle für die Interaktionen beim Verfassen von Texten  zukommt und dass darüber hinaus der Strukturierungsgrad der Lernumgebung Textrevisionshandlungen erleichtert. Wenn sich Effekte von sozialer Kohäsion, Strukturierungsgrad und der Qualität der Arbeit am Text zeigen lassen, müsste der Erwerb von Textkompetenz stärker von konkreten sozialen Interaktionen her perspektiviert werden.

Literatur:

Heinzel, F./Kruse N. (2007): Die Rückmeldung als selbstständigkeitsorientierte Lehr-Lernsituation -  Interaktionen beim Textüberarbeiten in der Grundschule. In: Rabenstein, K./Reh, S. (Hrsg.): Kooperatives und selbstständiges Arbeiten von Schülern. Zur Qualitätsentwicklung von Unterricht, Wiesbaden: VS, S. 131-158.

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Frank Janle (Gymnasium Ellwangen/Jagst)

Beschreiben entdecken

Der Vortrag will einen Beitrag leisten zur Klärung der Fragestellung, welches spezifische Potenzial zum Erwerb von Textualitätsbewusstheit und Textgestaltungskompetenz das Beschreiben bzw. Textsorten des Beschreiben in sich tragen und welche Gelingensbedingungen für die Arbeit mit Textsorten des Beschreibens in der Schule hierbei zu berücksichtigen sind. Methodisch ist deshalb zunächst zu bestimmen, was vor dem Hintergrund aktueller (textlinguistischer, literaturwissenschaftlicher und didaktischer) Erkenntnisse unter „Beschreiben“ eigentlich zu verstehen ist, wobei die These zu Grunde liegt, dass das traditionelle schulische Text(sorten)konzept des Beschreibens auf bisher wenig reflektierten, z.T. fehlerhaften, z.T. sogar falschen Grundannahmen basiert und in verschiedenen Punkten korrigiert bzw. verbessert werden sollte. Im Zentrum des Vortrags stehen differenzierte Überlegungen zu einer innovativen, sprachwissenschaftlich fundierten Textsortenspezifik des Beschreibens, die auf der Basis umfangreicher Textbeobachtungen gewonnen werden konnte und anhand von Beispielen exemplarisch vorgestellt werden soll. In diesem Zusammenhang wird der Frage nachgegangen, was entsprechende Prototypen des Beschreibens – unabhängig von ihrer spezifischen didaktischen Einbettung – für die Kompetenzentwicklung im Deutschunterricht zu leisten vermögen und worauf bei der Arbeit mit diesen Prototypen besonders zu achten ist. 

Literatur:

Janle, Frank (2009): Beschreiben entdecken – Theoretische und empirische Grundlagen linguistischer und schreibdidaktischer Aspekte einer zentralen Sprachhandlung in Alltag, Schule und Literatur. Baltmannsweiler.

Klotz, Peter/Lubkoll, Christine (2005): Beschreibend wahrnehmen, wahrnehmend beschreiben. Freiburg i.Br./Berlin.

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Johannes Reinert (Universität Hildesheim)

Die Inhaltsangabe – Untersuchungen zur Einführung einer berühmt-berüchtigten Form der Textarbeit

Die Inhaltsangabe ist eine in Schule und Fachdidaktik ebenso populäre wie kontrovers diskutierte Textform. Einst von vielen wertgeschätzt, bestimmen heute Schwierigkeiten mit ihr die Diskussion. Welche Gründe lassen sich dafür anführen? In bisherigen Beiträgen wurde herausgestellt, dass das Verfassen einer Inhaltsangabe enorme, teils widersprüchliche Anforderungen an die Schreiber stellt, die vor allem im Zusammenhang literarischer Texte rasch unterschätzt werden können. Dennoch kann sie ihre Stellung in den Lehrplänen ungebrochen behaupten. Somit stehen Lehrkräfte an der Schwelle von der Unter- zur Mittelstufe vor der Aufgabe, diese obligatorische, aber wenig beliebte Form der Textarbeit einzuführen. In einer Video- und Interviewstudie wird diese kritische Phase der Einführung der Inhaltsangabe näher untersucht. Leitend ist dabei die Frage, auf welche Weise Lehrkräfte die Inhaltsangabe einführen und welche Rolle der Textfaktor dabei spielt. Dabei soll insbesondere die Perspektive der Lehrkräfte eingeholt werden: Welche Leistungen bescheinigen sie der Inhaltsangabe, welche Probleme sehen sie? Es sollen erste Ergebnisse vorgestellt und im Hinblick auf die Bedeutung der Inhaltsangabe für das Lernen mit und aus Texten diskutiert werden.

Literatur:

H. Melenk & W. Knapp 2001: Inhaltsangabe – Kommasetzung. Baltmannsweiler.

T. Zabka 2004: Literarisches Verstehen durch Inhaltsangaben? In: M. Kämper-van den Boogaart (Hg.): Deutschunterricht nach der PISA-Studie. (S. 201–222). Frankfurt a. M..

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Sara Rezat (Universität Gießen)

Schriftliches Argumentieren – Zum Erwerb konzessiver Argumentationskompetenz

Im Vortrag wird eine Untersuchung von Schülertexten zum Erwerb konzessiver Argumentationskompetenz vorgestellt. Die Befunde stützen sich auf die Analyse eines Textkorpus, das in der Grundschule (3., 4. Klasse) sowie in Sekundarstufe I (Hauptschule und am Gymnasium) erhoben wurde. Das konzessive Argumentieren stellt eine genuin literale Form des Argumentierens dar, von der angenommen wird, dass sie im Erwerb recht spät auftaucht. Auch in den Lehrplänen des Faches Deutsch sowie in den Bildungsstandards kommt das konzessive Argumentieren erst am Ende der Sekundarstufe I in Form der Erörterung in den Blick. Die Analyse der Texte zeigt dagegen, dass bereits in den Texten der Grundschüler präkonzessive Argumentationsstrukturen zu finden sind. Die im Curriculum erst am Ende der Sekundarstufe I vorgesehene Schwerpunktsetzung des schriftlichen Argumentierens ist erwerbslogisch daher in Frage zu stellen. Darüber hinaus wird bezogen auf den Erwerb konzessiver Argumentationskompetenz aus den Daten deutlich, dass für die Förderung konzessiver Argumentationskompetenz Aufgabenkontexte Voraussetzung sind, die eine persönliche Involvierung des Schreibers in die Kontroverse ermöglichen.

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Roman Looser (Kantonsschule Burggraben, St. Gallen)

Schreiben am Gymnasium – ein Bericht aus der Praxis

Der Vortrag beschäftigt sich exemplarisch mit dem Schreibunterricht am Schweizer Gymnasium. Es wird zunächst der Frage nachgegangen, welchen Stellenwert der Schreibunterricht im Fach Deutsch haben kann und soll.

Ausgehend von der Einsicht, dass Schreiben am Gymnasium sich grundsätzlich durch eine homogene Adressatenschaft und eine klare Sachorientierung auszeichnet, wird dann gefragt, welche Textformen gepflegt werden sollen. Plädiert wird für eine Abkehr vom klassischen Interpretationsaufsatz und eine Hinwendung zum „wissenschaftlichen“ Schreiben. Der Vortrag fragt zudem nach, welchen Stellenwert das kreative Schreiben in dem Zusammenhang haben kann.

Unter dem Aspekt „Texte formen“ wird aufgezeigt, wie der Erwerbsprozess auf der Stufe Gymnasium gestärkt werden kann, insbesondere auch, welche Rolle neue Medien in diesem Prozess spielen können.

Abschließend stellt der Vortrag Überlegungen dazu an, ob das gymnasiale Schreiben den Forderungen gerecht werden kann und soll, die von der Tertiärstufe an das Gymnasium herangetragen werden.

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Esther Wiesner (PH Nord-westschweiz, Aarau)

Schreibidentitäten und Texte formen

Anhand von Interviewdaten wird gezeigt, wie einzelne Komponenten des Konstrukts „diskursive Schreibidentitäten“ den Umgang mit und die Sicht auf Schreiben mitbestimmen.

Schreibidentitäten basieren auf Sozialisationserfahrungen mit Texten und konstituieren sich in Reflexionen und Narrationen (Kresic 2006). Ihrer daraus abgeleiteten diskursiven Natur wegen wird hier mit dem Konstrukt „diskursive Schreibidentitäten“ gearbeitet.

Die Komponenten diskursiver Schreibidentitäten – so die Annahme – stehen jedem Schreibprozess mitgestaltend zur Seite: als Erfahrungen (Schreibpraxis), als Selbstbilder, als ein Wissen um Normen und Muster und auch als Einstellungen bezüglich Schreiben.

Die linguistische Diskursanalyse von Interviews mit jugendlichen ProbandInnen soll klären: Wie entwickeln sich diskursive Schreibidentitäten gemäß Selbstinszenierungen in Interviewäußerungen der ProbandInnen sozialisatorisch? Wie interagieren die einzelnen Komponenten miteinander und in welcher Beziehung stehen sie zum Umgang mit Schreiben?

Literatur:

Kresic, Marijana (2006): Sprache, Sprechen und Identität. Studien zur sprachlich-medialen Konstruktion des Selbst. München: IUDICIUM.

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Michael Becker-Mrotzek (Universität Köln)

Zum Verhältnis von Schreibaufgaben und Erwerbsaspekten

Schreibaufgaben sind im schulischen Kontext der wohl häufigste Schreibanlass; sie formen die Textproduktion der Schüler/innen in entscheidendem Maße. Schreibaufgaben schaffen einen Handlungsanlass, in dem Schüler/innen schreiben müssen. Vor einem handlungstheoretischen Hintergrund geht der Vortrag zwei Fragen nach: Zum einen soll empirisch ermittelt werden, welche Schreibaufgaben in Lehrmaterialien und im Unterricht zu finden sind. Welche Schreibanlässe werden für die Vermittlung und den Erwerb der unterschiedlichen Textarten und Schreibfähigkeiten vorgeschlagen? Welche Impulse enthalten die Aufgaben? Wie umfangreich und detailliert sind die Vorgaben und Erwartungen? Gibt es Hinweise bzw. Erwartungen an das Produkt oder den Schreibprozess? Wie erleben Schüler/innen die Schreibaufgaben? Die zweite Frage bezieht sich dann auf das Verhältnis von Schreibaufgabe, Schreibprozess und Schreibresultat. Wie formen die verschiedenen Aufgabentypen die Texte der Schreiblerner? Welches schreibanregende Potential haben sie?

Ausgangspunkt der Studie ist die handlungs- und lerntheoretische Annahme, dass einen für die Schüler/innen nachvollziehbaren, funktionalen Schreibanlass bilden müssen. Denn nur dann verfügen sie über die für eine Schreibhandlung erforderlichen Steuerinstrumente. Hierzu gehören mindestens (vorstellbare) Adressaten und Textfunktionen.

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Jörg Jost (Universität Köln)

Aufgaben im Deutschunterricht – Zum Verhältnis von Erwartung, Test und Übung

Traditionell wird zwischen Lern-/Übungsaufgaben und Testaufgaben unterschieden. Erstere dienen dazu, Lernen i.w.S. zu unterstützen, mit Testaufgaben werden Wissens- und Fertigkeitsstände erhoben (Bremerich- Vos/Granzer/Köller 2008). Während erstere auf den Erwerbsprozess abzielen (sie unterstützen den Erwerb von Textwissen/-fertigkeiten), dienen letztere dazu den Erwerbserfolg anhand von Produkten zu überprüfen.

Beide Typen von Aufgaben sind für sich genommen Gegenstand sprachdidaktischer Forschung (vgl. z.B. Bredel et al. 2003). Das Verhältnis von Lern- und Testaufgaben hingegen ist bislang ungeklärt: Dies einerseits mit Blick auf die Erwartungen im Anschluss an Testaufgaben (Erwartungshorizonte, Kodieranweisungen), als auch im Hinblick auf den für beide Aufgabentypen relevanten Produktions-/Prozessaspekt (vgl. ‚Text formen’ und ‚Textform’). Wie z. B. wird unter dieser Perspektive der Annahme Rechnung getragen, dass Schreibaufgaben in erster Linie Problemlösungen und damit infinite Prozesse sind (Rekursivität im Schreibprozess(modell))? Während Übungsaufgaben Teil eines infiniten Prozesses sind, trifft auf Testaufgaben zu, was Pohl/Steinhoff als „gezieltes Beenden des Prozesses [welches] von außen an den Prozess herangetragen“ wird, bezeichnen.

Im Vortrag wird das als Forschungsdesiderat beschriebene Verhältnis von Lern- /Testaufgaben und Erwartungen theoretisch rekonstruiert und daraus resultierende Forschungsfragen für die Schreibdidaktik aufgeworfen/entwickelt.

Literatur:

Bredel, Ursula/Günther, Hartmut/Klotz, Peter et al. (Hgg.) (2003): Didaktik der deutschen Sprache. 2 Bände. Paderborn: Ferdinand Schöningh.

Bremerich-Vos, Albert/Granzer, Dietlinde/Köller, Olaf (2008): Lernstandsbestimmung im Fach Deutsch: Gute Aufgaben für den Unterricht. Weinheim: Beltz.

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Astrid Neumann (Universität Lüneburg)

Texte schreiben nach einem Aufgabenangebot – Warum wählen Schüler bestimmte Schreibaufgaben und erfüllen sie damit schulische Text(form)-Erwartungen?

Es werden Möglichkeiten der Zusammenarbeit zwischen Fachdidaktik und empirischer Bildungsforschung anhand schulischen Schreibens gezeigt. Für 514 Schreibende der Klassenstufen 5-10 können Zusammenhänge zwischen Aufgabenauswahl, Motivationslage, Einschätzung durch die Lehrkräfte und den geschriebenen Texten anhand multipler Regressionen analysiert werden.

Als Hypothesen sollen dabei Annahmen aus der Schreib- und Motivationsforschung geprüft werden, dass

  • die Wahlfreiheit der Aufgaben und das Fähigkeitsselbstkonzept die Textproduktion positiv beeinflussen,
  • ein breites Spektrum an Begründungen für die Aufgabenwahl vorzufinden ist, die Schreibenden in der Aufgabenbearbeitung letztlich schulischen Textarten(erwartungen) folgen und
  • Lehrer/innen die Aufgabenwahl und die Schreibkompetenz ihrer Schüler dabei nur mittelmäßig gut einschätzen können

Die Ergebnisse ermöglichen so einen differenzierteren, schülergerechten Blick auf Lernarrangements und Aufgabenentwicklungen in der Sekundarstufe I.

Literatur:

Struncius, A. J./Tulke, S. (2009): Untersuchung der Schreibmotivation von Schülern. Unveröffentlichtes Manuskript an der Universität Lüneburg.

Neumann, A./Weinhold, S. (2010): IMOSS. In: Torrance/Alamargot/Wegelin (Eds.): Learning to Write Effectively – Current Trends in European Research. European Union: OPOCE (in print)

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Werner Senn (PH Zentralschweiz, Luzern)

Schreibaufgabe – Kristallisationspunkt beim „Text Formen“ und von „Textformen“

Sprachhandlungen haben immer Handlungs- und Werkcharakter. Im Beitrag wird die Funktion der Aufgabenstellung im Schreibprozess und mit Blick auf das Schreibprodukt diskutiert. Dabei wird der Fokus auf die Frage gerichtet, welchen Beitrag eine gute Aufgabenstellung für einen zielgerichteten Schreibprozess und die Qualität des Schreibproduktes leistet.

In einem ersten Schritt werden Qualitätsmerkmale von guten Aufgabenstellungen dargestellt und diskutiert, und zwar für Schreibaufgaben (a) für den Kompetenzaufbau, (b) für das Training von spezifischen Schreibfertigkeiten und (c) für die Überprüfung von Schreibkompetenzen oder -fertigkeiten.

In einem zweiten Schritt werden Merkmale dieser drei Aufgabentypen an Beispielen illustriert und die Lern- bzw. Prüfarrangements einander gegenübergestellt. Dabei wird die Frage diskutiert, wie konkret und explizit Zielvorgaben in Aufgabenstellungen formuliert sein sollen.

Schließlich werden verschiedene Schreibaufgaben aus Lehrmitteln daraufhin untersucht, inwiefern sie die zuvor skizzierten Anforderungen erfüllen.

Literatur:

Bachmann, Thomas & Becker-Mrotzek, Michael (2010): Schreibaufgaben situieren und profilieren. In: Pohl, Thorsten & Steinbeck, Thorsten (Hrsg.). Textformen – Texte formen. KoeBeS (Kölner Beiträge zur Schreibforschung) (eingereicht)

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Hansjakob Schneider (PH Nord-westschweiz, Aarau)

Texte formen im digitalen Medium: Schreiben auf einer Web-Plattform

Neuere Strömungen in der Schreibdidaktik betonen, dass im Schreibunterricht funktionale Aspekte der Schriftlichkeit erfahrbar gemacht werden sollen (z.B. Bachmann 2007, Lindauer/Senn 2009). Gerade die neuen Medien bieten vielfältige Möglichkeiten zur Situierung des Schreibens und erweitern sowohl den Kanon der herkömmlichen Textformen als auch die Palette der Arten, Texte zu formen. Im Beitrag wird die web-basierte Schreib- und Leseplattform myMoment fokussiert, die für Schülerinnen und Schüler in der Anfangsphase des Schrifterwerbs konstruiert ist. Auf dieser Plattform können Kinder eigene Texte schreiben und veröffentlichen, Texte von anderen kommentieren und vieles anderes mehr. Eine quasiexperimentell angelegte Interventionsstudie untersucht die Entwicklung der Schreibkompetenzen unter den Bedingungen dieser Schreib-Plattform. Dabei stehen Schreibmotivationen als Teilbereich von Kompetenz im Vordergrund. Weil die Texte von den Kindern online geschrieben werden, gewähren Logfile-Daten auch Einblicke in die Entstehung dieser Texte, so dass z.B. Vergleiche von Textformungsprozessen mit Motivationslagen möglich werden.

Literatur:

Bachmann, Thomas; Ospelt-Geiger, Barbara; Ospelt, Kathrin; Vital, Nathalie (2007): Aufgaben mit Profil. Frühe Förderung funktional-pragmatischer Schreibfähigkeiten. Zürich: PHZH.

Lindauer, Thomas; Senn, Werner (2009): Beurteilen und Fördern. Kommentarband «Die Sprachstarken». Zug: Klett und Balmer Verlag.

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Sektion 6: Comics und Computerspiele

Bernd Dolle-Weinkauf (Universität Frankfurt)

Grafisches Erzählen im Manga

Fragt man die Fans des japanischen Comic nach den Gründen für die Faszination, die diese Erzählform ausstrahlt, so wird stets an erster Stelle das „unvergleichliche Artwork“ gelobt. Ungeachtet der unterschiedlichen Vorlieben für bestimmte Stoffe und Themen wird eine sowohl bildlich als auch sprachlich codierte Narration geschätzt, deren stilistische Eigenart aus der hybriden Verschmelzung eigenkultureller und westlicher Formelemente hervorging und dennoch als „typisch japanisch“ gilt. Ebenso wenig wie die europäische Tradition der Bildgeschichte mit dem modernen Comic identisch ist, leitet sich der Manga in der zeitgenössischen Jugendkultur unmittelbar aus den jahrhundertealten Traditionen des piktoralen Erzählens in Japan her. Der Vortrag versucht, anhand von Beispielen solcher Manga, die in der westlichen populären Literatur Verbreitung finden, die typischen Spielarten und spezifischen Erzählweisen zu bestimmen. Ins Blickfeld geraten dabei sowohl das grafische Zeichenrepertoire wie auch die die Spezifika der sprachlichen Gestaltung und die Besonderheiten und Regeln der Bildfolgen – und nicht zuletzt die Frage der Zusammenhänge zwischen der jeweiligen Machart und der Adressatenorientierung.

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Felix Giesa (Universität zu Köln)

Im Schatten der Graphic Novel – Comics für Kinder

In letzter Zeit wird die Etablierung des Comic besonders unter dem Begriff der „Graphic Novel vorangetrieben. Dabei handelt es sich zumeist um Titel, die sich originär an Erwachsene bzw. ältere Jugendliche richten. Comics für Kinder sind in dieser Wahrnehmung zumeist die bekannten Figuren aus dem Disney Universum bzw. aus dem frankophonen Sprachraum. Dass es jedoch jenseits dessen auch eine umfangreiche Kindercomic-Kultur gibt, wird kaum wahrgenommen. Seit Ende der 1990er Jahre erscheint im deutschsprachigen Raum eine Vielzahl Manga. Der Manga für Kinder konnte sich in der Folge erfolgreich auf dem Markt etablieren und verdrängt seither traditionelle Comicformate für Kinder. Durch die Begrifflichkeiten Manga und Graphic Novel geraten Comics für Kinder in ein Hintertreffen. Jedoch zeitigt eine Vielzahl Titel, dass der Comic für Kinder als Nischenprodukt weiterhin gedeiht. In diesem Vortrag sollen Comics aus Frankreich, der Schweiz, den USA und Deutschland vorgestellt und im Hinblick auf die Besonderheiten der Kunstform „Comic“ analysiert werden. Dabei soll besonders versucht werden, ein terminologisches Analysewerkzeug zu etablieren.

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Birgit Meurer (Realschule auf dem Röddenberg, Osterode am Harz)

Der Comic als intermediäres, methodisches Vehikel im Deutschunterricht

Der Erwerb von Medienkompetenz als Möglichkeit der Strukturierung, Kritik und Reflexion von audiovisuellen Lebenswirklichkeiten steht auch im Fokus methodisch-didaktischen Handelns. Zu diesem Zweck bildet der interdisziplinäre Umgang in der Auseinandersetzung mit audio-visuellen Medien einen wichtigen Eckpfeiler bei der Ausbildung von Medienkompetenz. Die Kenntnis und vor allem die Anwendung bildnerischer und literarischer Mittel qualifizieren Schüler zu einem einerseits hedonistischen, praxisorientierten, aber auch andererseits kritischen und reflektierten Umgang mit den neuen Medien. Unter dieser Zielsetzung verfassten Schüler im Rahmen eines Unterrichtsprojektes „Miteinander leben“ auf der bildnerischen Grundlage eines Comics als abstrahierte Adaption einer literarischen Vorlage ein Storyboard und erstellten daraufhin einen Kurzfilm, in dem sie Bildsequenzen nach ästhetischen Kriterien entwarfen und ausarbeiteten und anschließend deren filmische Umsetzung erprobten. Bei diesem Unterrichtsprojekt, das Gegenstand des Vortrags sein wird, stand der Prozesscharakter – das learning by viewing and doing – im Vordergrund.

Literatur:

Abraham, Ulf: Filme im Deutschunterricht. Seelze-Velber: Klett-Kallmeyer 2009.

Mikos, Lothar: Filmverstehen. Annäherungen an ein Problem der Medienforschung. In: medien praktisch, Sonderheft Texte 1 (1998), S.3–8.

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Claudia Blei-Hoch (Technische Universität Dresden)

Mit den Augen lesen lernen – Comics in Bild- und Kinderbüchern

Der Beitrag versteht sich als Grundlagenbeitrag zu einer für den Deutschunterricht  zu entwickelnden Bild- und Text(Lese-)didaktik. Er wird neueste Ergebnisse der Bild- und Textwissenschaften mit Blick auf den Deutschunterricht anhand aktueller Bilder- bzw. Kinderbücher betrachten und diskutieren.  Ausgangspunkt ist eine Einführung in die bildästhetischen und erzähldramaturgischen Besonderheiten aktueller Bilder- bzw. Kinderbücher, die Elemente des Comic in ihre Erzähltexte integriert haben. Es wird untersucht,  welche Möglichkeiten diese Bilder- bzw. Kinderbücher für die Entwicklung und Gestaltung interaktiver sprachlicher und bildnerischer Lernprozesse aufweisen. Abschließend wird auf notwendige Schlüsselkompetenzen eingegangen, die Erzieher- und LehrerInnen entwickeln müssen, um der spezifischen Bild-Textgestaltung dieser Bücher mit Blick auf das Lesen und Verstehen literarischer Texte gerecht zu werden.

Literatur:

Gabriele Lieber (Hrsg.): Lehren und Lernen mit Bildern. Ein Handbuch zur Bilddidaktik. Schneider Hohengehren. 2008.

Schmidt, Siegfried J. Schmidt: Kalte Faszination. Medien.Kultur.Wissenschaft in der Mediengesellschaft. Velbrück. Weilerswist. 2000

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Katrin Dammann-Thedens & Magdalena Michalak (Leuphana Universität Lüneburg)

Bildnarrationen als Fundament für die Vermittlung von literarischen und sprachlichen Kompetenzen in mehrsprachigen Klassen

Unser Beitrag versteht textlose Bildnarrationen als Fundament für die Vermittlung von bildnerisch-literarischen und sprachlichen Kompetenzen in mehrsprachigen Klassen. Die Chance dieses Mediums besteht darin, dass die gezielte Auseinandersetzung mit den spezifischen Merkmalen bildnerischen Erzählens ohne das schriftsprachliche Zeichensystem möglich wird. Komplexe Narrationen können so ohne Schriftsprache verstanden und sprachlich differenziert entfaltet werden. Der Beitrag fokussiert, welche Lernarrangements mehrsprachige Lerner benötigen, um sich mit einer komplexen Bildnarration in Bezug auf Inhalt und Darstellung angemessen auseinanderzusetzen und sich diesbezüglich sprachlich zunehmend adäquater äußern zu können. Am Beispiel von David Wiesners „Strandgut“ (2007) wird die Bedeutung bildnerischer Narrationen als Kunstform erläutert und der Inhalt der Geschichte analysiert. Aus diesen Erkenntnissen werden didaktische Konsequenzen formuliert, die an der Schnittstelle von literarischer Bildung und sprachlicher Förderung in das dreistufige didaktische Modell Wahrnehmung-Verständnis-Verständigung münden.

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Piet Mooren (Universitätversiteit van Tilburg/Holland)

Das Bilderbuch als Paraplugenre. Bericht über eine hermeneutisch/empirische Untersuchung

Das Bilderbuch repräsentiert alle klassischen Formen der Erzählkunst (das Zähl-Buch, das Abc-Buch, den Comic, das Märchen, die Fabel, die Parabel, das Liederbuch, die Gespenstergeschichte etc.) und damit auch alle Konventionen und ‘Gebrauchsanweisungen’ der verschiedenen Genres: typologische Hauptpersonen und narrative Strukturen, die Kindern helfen mit Genres, aber auch mit pragmatischen Textkennzeichen vertraut zu werden.

Diese multi-genremäßige Pragmatik lädt förmlich dazu ein, nach Allianzen zwischen spezifischen Bilderbüchern und den Disziplinen der Grundschule zu suchen, was an Bilderbüchern von J./A Ahlberg, R.S.Berner, R.Briggs, J.Burningham, N.Heidelbach, P.Hutchins, I.Misschaert/M.Coenen und M.Velthuijs demonstriert werden soll.

Literatur:

Mooren, P.: Het prentenboek als springplank. Cultuurspreiding en leesbevordering door prentenboeken (Das Bilderbuch als Sprungbrett. Kulturdistribution und Leseförderung durch Bilderbücher.) Nijmegen: SUN 2000.)

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Jens Meinrenken (Deutsche Welle, Berlin)

Karneval und Groteske im Zeitalter des Digitalen. Batmans Clinch mit dem Joker

Der Kampf zwischen Batman und Joker zeichnet ein Psychogramm der modernen Großstadt, dessen soziale Brisanz durch Christopher Nolans Film "The Dark Knight" (USA 2008) vor kurzem erst eindrucksvoll unter Beweis gestellt worden ist. Bereits in den Graphic Novels von Alan Moore ("Batman: The Killing Joke", DC 1988), Dave McKean ("Arkham Asylum: A Serious House on Serious Earth", DC 1989), Pepe Moreno ("Batman: Digital Justice", DC 1990) und Brian Azzarello ("The Joker", DC 2008) wird die ambivalente Beziehung zwischen den beiden Charakteren zum Dreh- und Angelpunkt der dargestellten Handlung. Der Vortrag möchte anhand der kunstgeschichtlichen Tradition des Karnevals und der Groteske die tiefer liegenden Bedeutungsschichten dieses Konflikts analysieren und grundsätzliche Einsichten in das Verhältnis von Comic und Computerspiel vermitteln. Dabei soll nicht nur die Codierung von Gewalt in beiden Medien kritisch reflektiert werden, sondern auch die ästhetischen Mittel zur Inszenierung von Realität und Traum in den Blick genommen werden. Ein Schwerpunkt der Untersuchung liegt auf dem Computerspiel "Arkham Asylum" (Eidos Interactive 2009), das in seiner stilistischen Überzeichnung der Figuren die grimassierende  Erscheinung des Jokers auf den Bildschirm überträgt.

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Danny Kringiel (Spiegel Online, Hamburg)

Computerspiele „lesen“ lernen – Wege zur Förderung einer computerspielspezifischen Medienkompetenz

In einer Zeit grundlegend medial geprägter Lebenswelten Heranwachsender beziehen sich die Lesefähigkeiten, die Kinder und Jugendliche zum Umgang mit Medientexten benötigen, längst nicht mehr nur auf das gedruckte Wort, sondern auch auf das kompetente „Lesen“ etwa von Bildern, Filmen, und Fernsehsendungen. Ein Medium, das im Zuge der Diskussion um medienspezifische Lesefähigkeiten bislang keine Berücksichtigung erfahren hat, das jedoch von herausragender Bedeutung für viele heutige Kinder und Jugendliche ist, ist das Computerspiel. Zugleich hat sich in den letzten Jahren eine besorgte öffentliche Diskussion um erzieherische Einflüsse digitaler Spiele entsponnen, in der diese Spiele vielfach als ein Medium eingeschätzt werden, dessen Nutzung in besonderem Maße kritische Lesefähigkeit erfordert. Der Vortrag zeigt Wege zur Förderung einer solchen „Computerspiellesefähigkeit“ auf, indem er beispielhaft Instrumente eines analytischen Werkzeugkastens zum kritischen „Lesen“ von Computerspielen vorstellt und Ausblicke auf Möglichkeiten der Förderung einer solchen Lesefähigkeit im Schulunterricht gibt.

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Marco Fileccia (Elsa-Brändström-Gymnasium Oberhausen)

Zocken für die Bildung

Computerspiele sind das Schmuddelkind der Bildungsmedien und mit denen spielt man bekanntlich nicht. Oder doch? Der Vortrag zeigt die Möglichkeiten des schulischen Einsatzes von Computerspielen auf, auch und gerade abseits von Serious Games. Er liefert Ideen, Ansätze, Konzepte und Beispiele dafür, wie Computerspiele in der Schule eingesetzt werden können. Ganz praktisch wird ein Best-Practise-Kompass der Landesanstalt für Medien NRW mit Unterrichtseinheiten zu Computerspielen vorgestellt und erprobte Medienprojekte für interdisziplinäre und fächerverbindende Umsetzungsmöglichkeiten.

Des Weiteren geht der Beitrag  explizit auf die Ergebnisse ein, die eine Analyse von Lehrplänen (am Beispiel NRW) in der u.a. Studie zum kompetenzorientierten Lernen erbracht haben. Darin wurde untersucht, inwieweit die Ansprüche der KMK-Bildungsstandards, der Deutsch-Kernlehrpläne und die Forderung nach Medienkompetenz in Einklang stehen. Theoretische Beispiele für einen kompetenzorientierten Deutsch-Unterricht mit Computerspielen werden vor- und zur Diskussion gestellt.

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Jan Boelmann (Universität Bochum)

Narrative Computerspiele als Medien literarischen Lernens

Computerspiele haben in Deutschland keinen guten Ruf. Obwohl sie im August 2008 durch den Deutschen Kulturrat zum Kulturgut erklärt wurden, werden sie in der Schule immer noch stiefkindlich behandelt. Dennoch können Computerspiele einen wichtigen Beitrag für den Deutschunterricht leisten, denn sie haben – im Gegensatz zum Buch – einen festen Sitz in der Lebenswelt vieler Schüler. Computerspiele können gerade für leseschwache männliche Schüler eine Brücke hin zum kompetenten Umgang mit Literatur schlagen. Der Vortrag fokussiert narrative Computerspiele als Gegenstand des Deutschunterrichts, an denen sich Kompetenzen erwerben lassen, die auf andere Gegenstandsbereiche des Deutschunterrichts übertragbar sind. Narrative Computerspiele können – nicht zuletzt durch ihr hohes motivationales Potenzial – gewinnbringend für die Vermittlung von Untersuchungsstrategien genutzt werden, die ebenfalls bei der Bearbeitung von Literatur Anwendung finden können. Ziel des Vortrages soll es sein, den Gegenstandsbereich der narrativen Computerspiele näher zu bestimmen und ihre Einflussmöglichkeiten auf das literarische Lernen an einem Beispiel zu skizzieren.

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Andreas Seidler (Universität zu Köln)

Perspektiven der Computerspielforschung für die Deutschdidaktik

Neuere wissenschaftliche Ansätze in der analytischen Beschreibung von Computerspielen erfassen diese nicht nur unter einer ludologischen Perspektive, sondern auch unter narratologischer, cyberdramatischer und filmanalytischer Perspektive. Diese Ansätze stellen somit bereits durch ihre Methodik ei-ne Verbindung her zu traditionellen Gegenständen des Deutschunterrichts wie Erzähltexten, Dramen und Filmen. Das geteilte Analyseraster sorgt für ei-ne Vergleichbarkeit der Medien, die sich auch der Deutschunterricht zu Nutze machen kann. Dies erlaubt einerseits, Computerspiele als Gegenstand in den Deutschunterricht mit einzubeziehen und den Lernenden analytische Kompetenzen in Bezug auf dieses Medium zu vermitteln, mit dem sie in der Regel praktisch bereits bestens vertraut sind. Andererseits kann das geteilte Analyseraster aber gerade auch dabei helfen, die Unterschiede der Medien in ihren Funktions- und Darstellungsweisen heraus zu arbeiten und somit zur Entwicklung eines allgemeinen medienreflexiven Bewusstseins bei den Heran-wachsenden beizutragen.

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Stephan Brülhart (Pädagogische Hochschule Nordwestschweiz)

Können Computerspiele einen Beitrag zur Leseförderung bieten? Game Based Learning am Beispiel „Der Fall Fox“

Computerspiele stehen bei Kindern und Jugendlichen hoch im Kurs. Kinder und Jugendliche sind es heute gewohnt sich aktiv an Prozessen zu beteiligen und mitbestimmende Akteure in virtuellen Abenteuern zu sein. Dabei verändern sie ihre Rolle von passiven Konsumenten zu aktiven, motivierten

Partizipienten. Was können wir als Lehrpersonen von Computerspielen für den Unterricht lernen? Was sind die Potentiale von Computerspielen für Lehr- und Lernprozesse im Fach Deutsch? Die Forschungslage spiegelt die wachsende Bedeutung von Computerspielen noch wenig wider. Ob Computerspiele den Unterricht bereichern können hängt entscheidend davon ab, wie diese in Lernumgebungen eingebettet werden und so individuelles und entdeckendes Lernen ermöglichen. Am Beispiel "Der Fall Fox" und "Lebenswelt Schweiz" sollen die inhaltlichen Möglichkeiten des Lerntransfers bei Computerspielen gezeigt und Einsichten in deren Entwicklung gegeben werden. Die Koppelung der Lebenswelt jugendlicher Nutzer mit der virtuellen Welt und den Optionen zur Förderung angewandter Medienkompetenz für den pädagogischen Alltag im Unterricht, stehen im Mittelpunkt der Analyse.

Literatur:

Bertschi-Kaufmann, Andrea/Kassis, Wassils/Sieber, Peter (2004): Mediennutzung und Schriftlernen. Weinheim und München: Juventa.

Gee, James Paul (2007): What Video games have to teach us about learning an Literacy. New York: Palgrawe MacMillan.

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Sektion 7: Deutsch als Zweitsprache im Deutschunterricht: Kompetenzmodelle und Kompetenzerwerb

Bernt Ahrenholz (Universität Jena)

Kompetenzmodelle und Deutsch als Zweitsprache

Der mit Deutsch als Zweitsprache umschriebene Wirklichkeitsbereich zeichnet sich durch große Heterogenität in Bezug auf die Lerner, ihre Lernvoraussetzungen und reale Sprachkenntnisse aus und umfasst einen weiten Bereich sprachbezogener Kompetenzen. Ziel des Vortrages ist es, die in dieser Perspektive für den schulischen Alltag bestehenden Voraussetzungen und Erfordernisse auf vorhandene Kompetenzmodelle zu projizieren und diese aus der dem Blickwinkel von Deutsch als Zweitsprache zu evaluieren.

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Mahzad Hoodgarzadeh (Universität Vechta)

Das Verständnis und die individuelle Wahrnehmung des Begriffs Muttersprache aus Sicht von Jugendlichen mit Migrationshintergrund

Die persönlichen Auffassungen von jungen MigrantInnen über Muttersprache(n) sind ein Forschungsschwerpunkt der Vorstudie im Rahmen meines Promotionsvorhabens, das sich mit dem „generationsübergreifenden Bildungspotenzial“ einer ausgewählten Migrantengruppe befasst.

In der Vorstudie wurden Jugendliche mit einem (sog.) Migrationshintergrund aus 23 verschiedenen Herkunftsländern die Frage gestellt: „Was ist für Dich Deine eigene Muttersprache?“. Aus den Antworten der Befragten ließen sich unterschiedliche Zuschreibungs- und Indentifikationsdimensionen herausfiltern, die die Komplexität des Begriffs „Muttersprache(n)“ und der damit verbundenen „sprachlichen Identität(en)“ widerspiegelt.

In Anlehnung an die fachliche Auseinandersetzung wird der Begriff „Muttersprache(n)“ stärker (als bisher) aus der Perspektive der Mehrsprachigen formuliert. Darüber hinaus stellt sich die Frage, inwieweit die Ansichten der o.g. Befragten einen Einfluss auf eine Didaktik, die sich mit Erst-, Zweit- und Mehrsprachigkeit auseinandersetzt, haben können. Die Ergebnisse der Vorstudie können beispielsweise zukünftige Kompetenzen bestärken oder in bisherige oder neue Kompetenzmodelle mit einfließen.

Literatur:

Haug, Sonja (2008): Sprachliche Integration von Migranten in Deutschland. Aus der Reihe „Integrationsreport“, Teil 2.  Bundesamt für Migration und Flüchtlinge.

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Patricia Nauwerck (Pädagogische Hochschule Ludwigsburg)

Sprachprofile um die Zeit des Schulanfangs im Längsschnitt

Im Übergang vom Kindergarten in die Grundschule nimmt der sprachliche Entwicklungsstand von Kindern eine prominente Stellung ein,  da Verstehen und Lernen häufig nicht durch Anschauung, sondern durch Sprache vermittelt werden und unzureichende Sprachkompetenz Lernprozesse nachhaltig beeinträchtigt. Laut Orientierungsplan für die baden-württembergischen Kindergärten soll das kindliche Sprachrepertoire auf der Basis von individuellen Sprachstandsfeststellungen  durch vielfältige Gespräche, Erzählen, Vorlesen und Spielen erweitert werden.

Der Vortrag bezieht sich auf ein Forschungsprojekt, bei dem DaZ-Kinder vom Kindergarten in die Grundschule in ihrem Spracherwerb durch wiederholte Sprachstandsmessungen begleitet werden. Es werden Sprachprofile einzelner Kinder vorgestellt, die Entwicklung  ihrer semantischen, morphologisch-syntaktischen,  pragmatischen und diskursiven Kompetenzen skizziert und daraus resultierende Förderschwerpunkte sowohl für den Vorschulbereich als auch den Anfangsunterricht diskutiert.  

Literatur:

Ehlich, Konrad et al. (Hrsg.): Referenzrahmen zur altersspezifischen Sprachaneignung, Bonn und Berlin 2008

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Yvonne Decker (Pädagogische Hochschule Freiburg)

Zweitspracherwerb und Integration bei Seiteneinsteigern in Baden-Württemberg. Chancen, Möglichkeiten und Problemstellen des Modells „Vorbereitungsklasse“

Baden-Württemberg ist nach wie vor eines derjenigen Bundesländer, innerhalb dessen Seiteneinsteiger zunächst ein Jahr lang in einer Vorbereitungsklasse (VKL) unterrichtet werden, um ihnen das sprachliche Rüstzeug für eine spätere Teilnahme am Regelunterricht zu vermitteln. Obgleich das Modell bereits seit den 1970er Jahren existiert und vielfach kritisiert wurde, erfolgte zu keiner Zeit eine wissenschaftliche Evaluation hinsichtlich seines Erfolges oder etwaiger Problemfelder. Dieses Desiderat auszugleichen, weiterführende Erkenntnisse über die Effektivität schulischer Sprachfördermaßnahmen zu gewinnen und so einen Beitrag zu deren Optimierung zu leisten, sind Ziele der von Juni 2008 bis März 2011 angelegten Studie. Hierzu erfolgt der Einsatz komplementärer Forschungsmethoden: Leitfadeninterviews und Fragebögen mit allen in Baden-Württemberg tätigen Lehrpersonen in Vorbereitungsklassen; Datenanalyse auf administrativer Ebene; zweijährige quantitative und qualitative Sprachstandserhebung bei 10 Schülerinnen und Schülern, inklusive Begleitung des Übergangs in die Regelklasse.

Der Vortrag soll einen Überblick über das Forschungsvorhaben bieten und zentrale, zum aktuellen Zeitpunkt vorliegende Forschungsergebnisse vorstellen.

Literatur:

Decker, Y.: Deutsch als Zweitsprache in Internationalen Vorbereitungsklassen. In: Ahrenholz, Bernt/Oomen-Welke, Ingelore (ed.): Deutsch als Zweitsprache. (Deutschunterricht in Theorie und Praxis, Handbuch in XII Bänden, hrsg. v. Winfried Ulrich. Bd. 9) Baltmannsweiler: Schneider 2008, 162–172.

BMBF = Bundesministerium für Bildung und Forschung (ed.) (2008, 2009): Referenzrahmen zur altersspezifischen Sprachaneignung. Bildungsforschung Band 29/I+II. Bonn, Berlin. 

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Beate Lütke (Humboldt-Universität zu Berlin)

Deutsch-als-Zweitsprache-Lernen im Kontext expliziter Sprachförderung

Untersuchungen zur Wirksamkeit eines nach Kriterien des focus-on-form-Ansatzes angelegten Sprachunterrichts geben Hinweise, dass eine derart konzipierte explizite Sprachförderung auch bei 10- bis 12-jährigen Kindern positive Effekte haben kann (vgl. z.B. Ellis 2002). Das dieser Untersuchung zugrunde liegende Förderkonzept basiert darauf, dass die Aufmerksamkeit der Schüler/innen über einen modifizierten Input, einen basalen Einsatz von Metasprache und ein sprachentfaltendes Feedback gezielt auf sprachlich schwierige Strukturen gelenkt wird, um weiterführend zur Analogie- und Hypothesenbildung anzuregen (vgl. Rösch 2007).

Im Vortrag wird eine qualitative Interventionsstudie vorgestellt, bei der dieser Förderansatz in modifizierter Form erprobt wurde. Zunächst werden der Erhebungskontext, der sprachliche Lerngegenstand (lokale Präpositionalphrasen), die im Zentrum stehende DaZ-Lerngruppe, die Anlage des Sprachförderkonzeptes und das methodische Vorgehen beschrieben. Den Schwerpunkt bildet eine zusammenfassende Darstellung der Gesamtergebnisse der Analyse von Transkripten mündlicher Äußerungen zur Sprachbewusstheit, Deklination, Syntax, zu semantischen und diskursspezifischen Aspekten. Abschließend werden Hypothesen zur Wirksamkeit dieses spezifischen expliziten Sprachförderkonzepts formuliert.

Literatur:

Ellis, Rod (2002): Does form-focused instruction affect the acquisition of implicit knowledge? A review of the research, in: SSLA 24, S. 223–236.

Rösch, Heidi (2007): „Fachdidaktik und Unterrichtsqualität im Bereich Deutsch als Zweitsprache“, in: Arnold, K.-H. (Hrsg.): Unterrichtsqualität und Fachdidaktik. Bad Heilbrunn: Julius Klinkhardt, S. 177–204.

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Lena Menges (Universität Dortmund)

Die Förderung mündlicher Sprachkompetenzen in einem sprachlich und kulturell heterogenen Deutschunterricht

Trotz der Neuorientierung der Deutschdidaktik im Rahmen der Kernlehrpläne, durch die dem Lernbereich Sprechen und Zuhören ein vollständiger Kompetenzbereich gewidmet wurde, konnte die Vermittlung mündlicher Sprachkompetenz noch keinen nachhaltigen Einzug in die unterrichtliche Praxis finden. Insbesondere für Schüler mit Migrationshintergrund, die durch sprachliche Defizite auffallen, stellt dies ein großes Problem in der Lernentwicklung dar.

In dem Vortrag ein didaktisches Konzept vorgestellt, das sich die Sprachförderung von Schülern mit Migrationshintegrund im Rahmen eines sprachlich und kulturell heterogenen Deutschunterrichts im Bereich der mündlichen Sprachkompetenzen zur Aufgabe gemacht hat.

Der Fokus richtet sich auf kooperative Lehr- und Lernmethoden. In diesem Kontext wird das Konzept des Sprachförder-Dreischritts entwickelt, das die herkunftssprachlichen Kompetenzen der Schüler mit in den unterrichtlichen Prozess einbezieht und einen gemeinsamen Lernprozess von Schülern mit und Schülern ohne Migrationshintergrund initiiert.

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Katja Schnitzer (Pädagogische Hochschule Freiburg)

Zur aktuellen Praxis des Sprachunterrichts im vielsprachigen Deutschunterricht der Hauptschule

Dieser Vortrags berichtet aus einem in eine qualitative und eine quantitative Teilstudie untergliederten Promotionsprojekt, das das Nutzbarmachen des vielsprachigen Potentials mehrsprachiger Schülerinnen und Schüler für den Sprachunterricht der Hauptschule thematisiert. Im Blickpunkt stehen dabei die Lehrpersonen, unter der Annahme, dass diese für den Umgang mit sprachlicher und kultureller Heterogenität im Unterricht nicht ausreichend gerüstet sind. Als einflussreich werden hier die im Unterricht verwendeten Unterrichtsmaterialien erachtet sowie die Einstellung zu und die Kenntnis über Mehrsprachigkeit.

Um den Ist-Zustand des Sprachunterrichts im Hinblick  auf den Umgang mit seiner vielsprachigen Schülerschaft aus der Sicht von Lehrpersonen zu bewerten, wurde in fünf Erprobungsklassen ein Materialeinsatz mit jeweils einer Unterrichtseinheit aus einem nach dem Language-Awareness-Konzept erstellten Unterrichtsmaterial durchgeführt. Zusätzlich fand vor und nach dem Materialeinsatz eine mündliche Befragung der beteiligten Lehrpersonen mittels Interviewleitfaden statt. Um die Ergebnisse der qualitativen Teilstudie auf einer breiteren Basis abgleichen zu können, wurde in einem zweiten Schritt in einer Baden-Württemberg weiten schriftlichen Befragung eine „Standortbestimmung des Sprachunterrichts an Hauptschulen“ erstellt.

Literatur:

Oomen-Welke, I. (2006): Der Sprachenfächer: Höflichkeit. Freiburg: Fillibach.

Schnitzer, K./Wanjek, M. (2009): Der Sprachenfächer: Ein Arbeitsmittel für den Umgang mit sprachlicher und kultureller Vielfalt im Deutschunterricht. In: Nauwerck, P. (Hg.): Kultur der Mehrsprachigkeit in Schule und Kindergarten. Freiburg: Fillibach, 301–317.

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Mathilde Gyger (Pädagogische Hochschule der Fachhochschule Nordwestschweiz)

Orientierungskompetenz zwischen Dialekt und Standardsprache

Zwischen Dialekt und Standardsprache situativ, rezeptiv und produktiv unterscheiden zu können, gehört in der deutschsprachigen Schweiz zu den Grundlagen der mündlichen und schriftlichen Kommunikation. Diese Grundlage – Orientierungskompetenz genannt – wird von deutschsprachigen Kindern sehr früh erworben. Mehrsprachige Kinder mit Migrationshintergrund, deren sprachliche Mittel im Deutschen limitiert sind, verfügen bis ins Jugendalter über eine eingeschränkte Orientierungskompetenz zwischen Mundart und Standardsprache.

In einem 4-jährigen Forschungsprojekt – getragen vom Schweizerischen Nationalfonds und drei Kantonen –, wurde in den Jahren 2007 bis 2010 untersucht, wie sich Orientierungskompetenz rezeptiv und produktiv manifestiert und wie sie sich zum jeweiligen Sprachstand der Probanden verhält. Aufgrund der Forschungsergebnisse wird ein Instrument für Lehrpersonen entwickelt, das dazu dient, die Orientierungskompetenz von Schülerinnen und Schülern im 6. Schuljahr zu beurteilen und Rückschlüsse auf den Sprachstand und den Förderbedarf zu ziehen.

Das Instrument und die Hintergrundforschung werden vorgestellt.

Literatur:

Gyger, Mathilde (2000). Das Diglossie-Dilemma. Jugendliche Migranten im Spannungsfeld zwischen Mundart und Standardsprache. In: Häcki Buhofer, Annelies (Hrsg.): Vom Umgang mit sprachlicher Variation. Soziolinguistik, Dialektologie, Methoden und Wissenschaftsgeschichte. Tübingen und Basel 2000, S. 227–244

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Monika Budde (Universität Flensburg)

Curriculare Grundlagen Deutsch als Zweitsprache: durchgängige Sprachförderung vom Basisunterricht bis zum regulären Unterricht

Curriculare Grundlagen Deutsch als Zweitsprache: durchgängige Sprachförderung vom Basisunterricht bis zum regulären Unterricht

Die Curricularen Grundlagen für Deutsch als Zweitsprache bilden seit dem Schuljahr 2009/10 in Schleswig-Holstein die Orientierungsgrundlage für den Unterricht in DaZ und sind am  schleswig-holsteinischen Mehrstufenmodell der durchgängigen Sprachbildung ausgerichtet.  Demnach erfolgt die gezielte Sprachförderung DaZ bei zunehmender Teilnahme am Regelklassenunterricht in drei Stufen: vom Vollzeitunterricht DaZ in der Basisstufe über die Aufbaustufe bis zur Integrationsstufe, die eine enge Verzahnung mit dem Unterricht in der Regelklasse vorsieht.

Die Curricularen Grundlagen bestehen aus einem allgemeinen Teil, der in die Didaktik DaZ einführt und aus den Konkretisierungen. Diese orientieren sich an den Empfehlungen des Europäischen Referenzrahmens und an den Vorgaben der Bildungsstandards für das Fach Deutsch. Sie sind aufgefächert in die Lernbereiche Hörverstehen und Sprechen, Schriftspracherwerb und Leseverstehen, Schreiben, SprachreflexionSeit Oktober 2009 befinden sich die Curricularen Grundlagen in der Erprobungsphase, in der ihre fachtheoretische und fachpraktische Eignung evaluiert werden.

Mit diesem Beitrag werden die Grundzüge der Curricularen Grundlagen vorgestellt, das Evaluationsprofil skizziert und erste Beobachtungen präsentiert. 

Literatur:

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Selda Aydoğdu & Markus Schrader (Universität Bremen)

Lernende nicht deutscher Muttersprache auf dem Weg zu qualifizierten Schulabschlüssen

Eine Analyse curricularer Vorgaben ergibt, dass Schule sich nur sehr bedingt die Passung zwischen ihrem Lernangebot und den Lernvoraussetzungen von Kindern und Jugendlichen nicht deutscher Muttersprache zum Anliegen macht, in besonderem Maße in der Sekundarstufe II. Bildungspolitisch und von den Lehrenden vor Ort wird nicht (an-)erkannt, dass der Fachunterricht fast immer auch eine Situation des Spracherwerbs bzw. des Sprachelernens ist. Bewährte Methoden und Prinzipien der Fremdsprachendidaktik finden daher keinen Eingang in den Unterricht: es fehlt an Textentlastungsverfahren, an Methoden zur affektiven Annäherung an die Zielsprache, am Verständnis für die Produktivität von Fehlern und für die Notwendigkeit von Interlanguage als Übergangsform usw. Allzu oft führt dies bei L2-Lernenden zu einem defizitären Blick auf die eigenen Möglichkeiten. Dies kann den Kompetenzzuwachs mitunter nachhaltig beeinträchtigen: Je mehr im Unterricht die Sprachkorrektheit selbstverständlich vorausgesetzt wird, desto größere Scheu kann sich entwickeln, eigene noch bestehende Defizite zu artikulieren und desto stressbesetzter werden Situationen durchlebt. Der Vortrag soll aufzeigen, wie auf diese Weise das Erreichen qualifizierter Schulabschlüsse erschwert wird, und er soll mögliche Wege zur Verbesserung dieser Situation erörtern.

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Rose Schrader (Lehrerin, Bremen & Universität Bremen)

Die Überrepräsentanz von Jugendlichen mit Migrationshintergrund an Förderzentren: Ursachen und Interventionsmöglichkeiten

Die vergleichsweise hohe Wahrscheinlichkeit, mit der Kinder mit Migrationshintergrund als „lernbehindert“ diagnostiziert werden, ist seit Langem gegeben und auch seit Langem bekannt. Der weitaus größte Teil der aufs Förderzentrum überwiesenen Kinder hat von Anfang an eine deutsche Grundschule besucht – warum ist der Grundschulunterricht nicht in der Lage gewesen, ihr schulisches Scheitern zu verhindern?

Es scheint gerade die Schriftsprachentwicklung - von ersten Lautierungsversuchen hin zum Formulieren eigener schriftsprachlicher Äußerungen und zum Erfassen vielschichtiger Texte - die bei Kindern mit Migrationshintergrund weniger gut gelingt. Dies hat weitreichende Konsequenzen für den Wissenserwerb in allen Bereichen, und auch die Effekte auf das Selbstbild und – damit verbunden – auf die Lernmotivation der Kinder sind oftmals gravierend. Nach unserer Analyse  reflektiert der Grundschuldeutschunterricht bei Weitem nicht ausreichend, dass Schriftspracherwerb von Bedeutungsvermittlung begleitet sein muss, wenn er gelingen soll - dies wird an Materialien und Methoden der Grundschule veranschaulicht werden.

Perspektivisch sollen die Möglichkeiten des Faches Deutsch zu primärer, sekundärer und tertiärer Prävention diskutiert werden.

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Magdalena Michalak (Universität Lüneburg)

Professionelle Kompetenzen der Lehrkräfte im multilingualen Kontext

Der Beitrag beschäftigt sich mit der Frage, welche professionellen Kompetenzen Lehrkräfte benötigen, damit sie in ihrem Berufsfeld im Umgang mit sprachlicher Vielfalt in deutschen Schulklassen kompetent handeln können. Diese Fragestellung steht im Zentrum einer qualitativ-empirischen Untersuchung von Lehrkompetenzen im Kontext des Deutschen als Zweitsprache an der Universität Lüneburg (Projekt LIDAG). Dafür werden DaZ-Förderlehrkräfte zur Selbsteinschätzung ihrer Lehrkompetenzen im Hinblick auf ihre zukünftige Arbeit in mehrsprachigen Klassen befragt. Auf dieser Grundlage erfolgt eine vergleichende Analyse der Einzelfälle, und ihre Gruppierung mündet in eine empirisch begründete Typenbildung. Die Studie verdeutlicht, dass die Ansätze der interkulturellen Pädagogik für die sprachliche Förderung von Zweitsprachenlernern nicht ausreichen. Vielmehr zeigt sich, dass für die gezielte sprachliche Förderung sowie die erfolgreiche Arbeit mit DaZ-Lernern in allen Fächern sprachwissenschaftliche und -didaktischen Lehrkompetenzen erforderlich sind. Daher wird in dem Beitrag diskutiert, inwiefern das Thema Mehrsprachigkeit unter dem sprachwissenschaftlichen und sprachdidaktischen Aspekt in der Lehrerausbildung explizit zu thematisieren ist.

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Sektion 8: Lehr-/Lernmedien und Lernaufgaben

Therese Grossmann (Schulverlag, Bern)

Mit Lernaufgaben kompetenzorientierten Unterricht implementieren

In Lernaufgaben bilden sich didaktische Konzepte von Lehrmitteln und damit verbundene Unterrichtserwartungen ab. Lernaufgaben repräsentieren wesentliche Aspekte des Lehr- und Lernverständnisses und beeinflussen die Lernmöglichkeiten von Schülerinnen und Schülern. Heutige Lernaufgaben sollen sich an grundlegenden Kompetenzen orientieren, für Lernende von Bedeutung sein und deren Vorwissen einbeziehen.

In der modularen Struktur des Schweizer Lehrmittels „Sprachwelt Deutsch“ (2003, www.sprachwelt.ch/) bilden die Lernaufgaben das Bindeglied zwischen dem „Sachbuch“ zum Thema Sprache und dem „Werkbuch“ mit Anleitungen und Hinweisen zur Arbeit an den Kompetenzen.

An Lernaufgaben aus „Sprachwelt Deutsch“ werden Aspekte des kompetenzorientierten Unterrichtens gezeigt, insbesondere die Verbindung von Auseinandersetzungen mit dem Inhalt und dem Aufbau von Teilkompetenzen. Anhand von konkreten Beispielen aus der Praxis wird auch diskutiert, inwiefern ein Lehrmittel grundlegende Unterrichtskonzepte vermitteln kann.

Literatur:

Baumann, Andreas / Peyer, Ann / u.a. (2003): Sprachwelt Deutsch. Bern, Schulverlag.

Grossmann, Therese (2008): Wenn dürfen müssen heisst: Kommunikation verstehen lernen. In: Profi-L. Magazin für das Lehren und Lernen, Nr. 2/08. Bern, Schulverlag. S. 18–19. Pdf unter: http://www.profi-l.net/files/2008-02-18.pdf .

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Kerstin Metz (PH Schwäbisch Gmünd)

Kognitiver Anspruch von Aufgaben im Deutschunterricht

Die Studie „Aufgabenkultur in der Hauptschule“ untersucht Lern- und Leistungsaufgaben in den Fächerverbünden der Natur- und Gesellschaftswissenschaften sowie in den Fächern Mathematik und Deutsch. Basis der empirischen Überprüfung sind insgesamt 127 Aufgaben der Jahrgangsstufen 7 und 8. Die Aufgaben repräsentieren einen Querschnitt an unterschiedlichen didaktischen Funktionen: Aufgaben aus Klassenarbeiten, aus Vergleichsarbeiten sowie fachdidaktisch „innovative“ Aufgaben aus einem integrativen Deutschbuch und Aufgabenbeispiele aus SINUS-Transfer (Mathematik). Zur Beschreibung der Aufgaben wurde ein fächerübergreifendes Kategoriensystem entwickelt, das u.a. die diagnostischen Fähigkeiten der Lehrkräfte stärkt.

Im Vortrag wird dieses Kategoriensystem zunächst vorgestellt und anhand der Beispielaufgaben aus Klassenarbeiten und Schulbüchern veranschaulicht. Abschließend sollen erste Erfahrungen im Umgang mit dem Kategoriensystem skizziert werden.

Literatur:

Metz, Kerstin / Maier, Uwe / Kleinknecht, Marc (2009): Kognitiver Anspruch von Aufgaben im Deutschunterricht. In: ide (Informationen zur Deutschdidaktik), Heft 3, S.74–87.

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Markus Rohde (Universität Jena)

Multiple-Choice-Aufgaben als Lernaufgaben

Multiple-Choice-Aufgaben haben als Testaufgabenformat eine lange Tradition und sind aus Leistungstests nicht mehr wegzudenken. Doch auch als Lernaufgaben können sie einen wichtigen Beitrag für den Unterricht leisten. Unter Schüler(inne)n erfreuen sich Multiple-Choice-Aufgaben großer Beliebtheit. Ihr Gebrauch als Lernaufgaben in Schulbüchern ist allerdings bisher die Ausnahme.

Im Vortrag werden kurz zentrale Eigenschaften von MC-Aufgaben als Testaufgaben dargestellt, um dann kontrastiv Unterschiede und Gemeinsamkeiten in ihrer Funktion als Lernaufgaben aufzuzeigen. Dabei werden die Möglichkeiten und Grenzen ihrer Verwendung im Unterricht diskutiert.

Ein Kernaspekt beim Erstellen von MC-Aufgaben hängt mit der Plausibilität der Distraktoren zusammen. Am Beispiel von Leseverständnisaufgaben sollen im Vortrag zentrale Aspekte beschrieben werden, die diese Eigenschaft determinieren und durch die sie manipuliert werden können.

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Ilonka Zimmer (Universität Münster)

Literaturgeschichte kompakt? Überlegungen zum lehrmedienbasierten Transfer von literaturgeschichtlichem Wissen

Die Vermittlung und Erarbeitung von literatur- und kulturhistorischen Zusammenhängen und des Konstrukts ‚Literaturgeschichte‘ stellt sowohl in der Schule als auch in der Hochschule eine besondere fachdidaktische Herausforderung dar, der nach der empirischen Wende und angesichts der aktuellen Reform der Lehrer(aus)bildung mehr Aufmerksamkeit zukommen sollte. Der Beitrag skizziert eine Projektierung, welche die Inspektion von aktuellen Aufgabenstellungen und Arbeitsanregungen in Lehrmedien und Deutschmaterialien zu verbinden sucht mit der Frage nach der Professionalisierung literaturdidaktischer Kompetenz zukünftiger Lehrkräfte. Dabei geht es u.a. um die Frage, inwiefern bestimmte Material- und Aufgabenkonstruktionen den Aufbau literarischer Kompetenzen befördern und wie sich in literaturdidaktischen Professionalisierungskontexten Prozess und Erwerb von literaturhistorischem Wissen, literarischer Kompetenz und literarästhetischer Bildung in ein produktives Verhältnis setzen lassen.

Literatur:

Fingerhut, Karlheinz (2006): Didaktik der Literaturgeschichte. In: Klaus-Michael Bogdal / Hermann Korte (Hg.): Grundzüge der Literaturdidaktik. 4. Aufl. München, dtv. S. 147-165.

Literaturgeschichte entdecken (Themenheft) (2003): Der Deutschunterricht. Jg. 55, H. 6.

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Jana Mikota (Universität Siegen)

„einfach lesen“ – Arbeitsblätter im Deutschunterricht

Der Cornelsen-Verlag bringt seit einigen Jahren die Reihen „einfach lesen“ und „einfach klassisch“ heraus. Unterschiedliche Texte werden gekürzt und mit Fragen den leseschwächeren Schülern und Schülerinnen angeboten.

Der Vortrag fragt nach dem Zusammenhang zwischen solchen Aufgaben, Kürzungen und der literarischen Sozialisation, die der Deutschunterricht leisten sollte. Fördern solche Reihen tatsächlich die Freude an der Lektüre? Lässt sich zudem festhalten, inwieweit sich die Aufgabentypen nach PISA änderten und literarische Texte immer stärker mit ‚Sachfragen’ kommentiert werden? Der Vortrag blickt auch auf aktuelle Handreichungen und versucht mögliche Tendenzen aufzuzeigen.

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Karl Holle (Universität Lüneburg)

Lesen in allen Unterrichtsfächern: Unterrichtsentwürfe und lesedidaktische Auffassungen von Lehrer(inne)n

Lesen in allen Unterrichtsfächern: Unterrichtsentwürfe und lesedidaktische Auffassungen von Lehrer(innen)

Die Kultusministerkonferenz hat 2008 das bundesweite Projekt ‚ProLesen‘ initiiert, das der ‚Leseförderung in allen Unterrichtsfächern – Auf dem Weg zur Leseschule‘ dient. Das Projekt folgte einem Bottom-up-Prozess, indem die Lehrkräfte der Projektschulen ca. 600 Materialien zur Leseförderung entwickelten (ca. 80% Unterrichtseinheiten und ca. 20% Förderprojekte). Zur Beschreibung und Systematisierung dieser Materialien ist im Rahmen einer wissenschaftlichen Evaluation dieses Projektes ein Kategoriensystem entwickelt worden, das in dieser Sektion vorgestellt und diskutiert werden soll. Leitende Fragestellungen sind:

  • Was sind die didaktischen Felder für eine systematische Leseförderung in allen Unterrichtsfächern und wie sind sie methodisch zu bewältigen?
  • Zu welchen lesedidaktischen Ansätzen gelangen Lehrer(innen), deren Ausbildungsprofil keine lesedidaktische Akzentuierung aufweist?
  • Wie ist das Verhältnis zwischen der Deutschdidaktik und den anderen Fachdidaktiken zu denken, wenn es um das ‚Lesen (und Schreiben) in allen Unterrichtsfächern‘ geht?

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Harriet Bünzli & Christine Tresch (PH Zürich)

„Lesewerkstatt“, erste Erfahrungen mit individualisierendem Lesetraining am Computer

Empirische Leseforschung zeigt, dass die Automatisierung von begrenzten, hierarchieniedrigen Prozessen der Worterkennung und des lokalen Wort- und Satzverstehens eine wichtige Voraussetzung für den Aufbau komplexer, hierarchiehöherer Lesekompetenzen bilden. Dem Erwerb von Leseflüssigkeit (fluency) als Brücke zwischen der Alphabetisierung und dem Lesen in komplexen Handlungssituationen wird darum in der Deutschdidaktik vermehrt Aufmerksamkeit geschenkt. Die „Lesewerkstatt“, ein individualisierendes Lesetraining für die Klassen 2 bis 6, baut auf diesen aktuellen Erkenntnissen der Lesedidaktik auf. Die Software unterstützt Kinder durch gezieltes, systematisches und abwechslungsreiches Üben am Computer beim Aufbau ihrer Lesefähigkeiten. Und sie schlägt viele Brücken zum schulischen und außerschulischen Lesen.

Im Vortrag werden die lesedidaktischen Grundlagen der „Lesewerkstatt“ erläutert und erste Praxiserfahrungen mit dem Lehrmittel, das seit dem Sommer 2009 auf dem Markt ist, reflektiert. Auf dem Hintergrund dieser Reflexionen und Erfahrungen soll auch die Frage nach den Möglichkeiten und Grenzen eines Lesefertigkeits-Trainings am Computer zur Sprache kommen.

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Christine Trepkau (Universität Flensburg)

WebQuests im Deutschunterricht – ein didaktisches Konzept zur Förderung medienspezifischer Lese- und Schreibkompetenzen

WebQuests stellen ein didaktisches Konzept dar, das als computergestütztes Lehr- und Lernarrangement genutzt werden kann, um Projektarbeiten unter der Nutzung von Internetquellen zu planen und durchzuführen. Bislang lassen sich kaum WebQuests für den Deutschunterricht finden, obgleich sie methodisch die Möglichkeit bieten, Lese- und Schreibkompetenzen in einem handlungsorientierten Kontext zu fördern, der zusätzlich medienspezifische Vorgehensweisen erfordert.

Anhand der Ergebnisse einer qualitativ empirischen Studie soll im Vortrag darauf eingegangen werden, welche Kriterien hinsichtlich der Planung von WebQuests sowie der Durchführung im Deutschunterricht unter didaktischen Aspekten zu berücksichtigen sind. Dabei spielen u. a. die Aufgabenbeschaffenheit, die Wahl qualitativ wertvoller Internetquellen, die Interaktion der Beteiligten sowie für die Förderung von medienspezifischen Lese- und Schreibkompetenzen relevante Faktoren eine Rolle.

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Kathrin Gaebert (Universität zu Köln)

Sprachbetrachtung in der Sekundarstufe I am Beispiel der satzinternen Großschreibung

Sprachdidaktisch unumstritten ist die Annahme, dass Rechtschreiblernen ein individueller Konstruktionsprozess ist. Daraus können unterschiedliche didaktisch-methodischen Konsequenzen gezogen werden. Ein Unterrichtskonzept muss ein Konzept des gesamten Schulfaches sein, in dem sich der weiterführende Orthographieunterricht verortet. Der Vortrag stellt die Frage, inwieweit Lehr- und Lernmittel für die Sekundarstufe I

  • systematische Einsichten in den Bau der Sprache vermitteln, also die Ordnung der sprachlichen Vielfalt zu Kategorien sichtbar machen,
  • Methoden zur Verfügung stellen, mit denen man zu Kategorien gelangt,
  • Integration und Systematik verbinden.

Dies erfolgt am Beispiel der satzinternen Großschreibung. Dabei werden die Möglichkeiten und Grenzen des Schulbuchs als Unterrichtsmedium diskutiert.

Literatur:

Gaebert, Désirée-Kathrin / Günther, Hartmut (2010): Lehr- und Lernmittel. Die Behandlung der Orthographie im Schulbuch am Beispiel der satzinternen Großschreibung. In: Bredel, Ursula (Hg): Weiterführender Orthographieunterricht. Hohengehren: Schneider (Handbuch Deutschunterricht in Theorie und Praxis Bd. 5).

Günther, Hartmut & Gaebert, Désirée-Kathrin (2010): Schulbuch. In: Handbuch Bildung, Stuttgart: Metzler

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Susanne Riegler (PH Schwäbisch Gmünd)

Igel, Äpfel, Clown & Co – zur Modellierung des Gegenstands Schriftsprache in sog. (An-) Lauttabellen

(An-)Lauttabellen sind aus dem Anfangsunterricht heute kaum mehr wegzudenken. Ursprünglich als Leitmedium im Kontext eher ‚offener‘ Konzeptionen für den Schriftspracherwerb entwickelt, spielen (An)Lauttabellen zunehmend auch als Begleit- bzw. Ergänzungsmaterial zu Fibel-Lehrgängen eine zentrale Rolle. Diese Wertschätzung allerdings steht in einem eklatanten Missverhältnis zu der mangelnden Systematizität, die das Lernmedium (An-)Lauttabelle in vielen Fällen kennzeichnet: Auf der Basis einer kritischen Synopse ausgewählter neuerer Beispiele soll im Vortrag gezeigt werden, dass die Chance, den Lernenden mithilfe dieses Lernmediums ein tragfähiges Fundament für ihren weiteren Schrifterwerbsprozess zu vermitteln, häufig vergeben wird. Als Alternativentwurf wird eine selbst konzipierte, graphematisch fundierte Lauttabelle vorgestellt, die das Anliegen verfolgt, die Lernenden auf möglichst systematische Weise im Prozess der Aneignung des alphabetischen Prinzips unserer Schriftsprache zu unterstützen. Dabei soll auch zur Sprache kommen, welcher Stellenwert diesem Instrument in einem schriftsystematisch orientierten Anfangsunterricht zukommt.

Literatur:

Eisenberg, Peter / Fuhrhop, Nanna (2007): Schulorthographie und Graphematik. In: Zeitschrift für Sprachwissenschaft 26, S. 15-41.

Riegler, Susanne (2010): Auf die richtige Spur gesetzt. Das System der Buchstaben-Laut-Beziehungen in einer Lauttabelle. In: Praxis Deutsch 37/H. 221.

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Maike Löhden (HU Berlin)

Didaktisch oder nur dekorativ? Eine diachrone Untersuchung von Bildern in Lesebüchern

Die inflationäre Bebilderung aktueller Lesebücher bzw. Lehrwerke für den Deutschunterricht lässt sich als augenfälliges Merkmal eines Iconic Turn deuten. Spricht der Begriff des Iconic Turn (nach G. Boehm) Bildern jedoch ein sinnstiftendes Potential zu, folgt der Einsatz von Bildern in neueren Lesebüchern überwiegend dekorativen Ansprüchen, sind Zusammenstellung von Bild und literarischem Text hier didaktisch oft unmotiviert. Historische Lesebücher hingegen folgen in der Aufnahme von Bildern bisweilen deutlich konturierten didaktischen Konzepten.

Der Vortrag stellt erste Ergebnisse einer Schreibtischevaluation historischer und aktueller Lesebücher vor und deckt unterschiedliche (didaktische) Funktionen der eingefügten Bilder auf. Das Ziel der Untersuchung besteht zum einen darin, mögliche Entwicklungen bildintegrativer Konzepte in Lesebüchern nachzuvollziehen. Zum anderen wird die Frage verfolgt, wie sich Bild und Text zueinander in Beziehung setzen lassen, die dem Aufbau literarischer Kompetenzen dienlich sind.

Literatur:

Boehm, Gottfried (Hg.) (1994): Was ist ein Bild. München, Fink.

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Florian Radvan (Universität zu Köln)

An-Sehen, hin-schauen, über-blicken. Im Deutschunterricht Bildkompetenz aufbauen

In den vergangenen 30 Jahren sind Bilder zu einem Leitmedium in Lehr- und Lernmaterialien geworden. Einerseits ermöglichen sie einen affektiven und emotionalen Zugang zu den Themen des Deutschunterrichts, andererseits besitzen sie eine semantisierende oder mnemonische Funktion. Nach einem empirischen Teil, der anhand aktueller Schulbücher verdeutlicht, wie verschiedene Bildtypen (Fotografien, Gemälde, Comics, Grafiken und andere) funktional eingesetzt werden, widmet sich der Vortrag der Frage, wie sich eine Bildkompetenz systematisch aufgebaut lässt.

Welches Vokabular ist notwendig, um die Erfahrungen mit Bildern zu versprachlichen, und wie kann es eingeübt werden? Welche Ansatzpunkte bieten sich, wenn man mit Schülerinnen und Schülern mentale Bilder thematisiert, wie sie etwa durch die Lektüre literarischer Texte hervorgerufen werden? Welche Wirkung haben Bilder in unserem (kulturellen) Gedächtnis? Und allgemein: Wie lässt sich Bildliteralität gegenüber, aber nicht zugunsten von Literalität stärken? So lauten einige der Leitfragen, die aufgegriffen werden – auch mit dem Ziel, der Bilderflut mit sinnvollen und strukturierten Lernarrangements zu begegnen.

Literatur:

Bodensteiner, Paula et.al. (Hg.) (2007): Wissensgenese an Schulen: Beiträge einer Bilddidaktik. München, Hans-Seidel-Stiftung.

Lieber, Gabriele (Hg.) (2008): Lehren und Lernen mit Bildern. Ein Handbuch zur Bilddidaktik. Hohengehren, Schneider.

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Sektion 9: Sprach- und Textkompetenzen in der Sekundarstufe II

Clemens Kammler (Universität Essen-Duisburg)

Leistungs- und Entwicklungsniveaus literarischen Verstehens am Ende der 10. Klasse

In diesem Vortrag sollen auf der Grundlage von Fallbeispielen, die im Rahmen verschiedener Vergleichs- und Abschlussarbeiten ausgewertet wurden, Arbeitshypothesen über spezifische Leistungsniveaus am Ende der Jahrgangsstufe 10 vorgestellt werden.  Dies geschieht am Beispiel einzelner Kernkompetenzen literarischen Verstehens und vor dem Hintergrund der aktuellen Diskussion über literarische Kompetenzen und Standards im Literaturunterricht. Im Blick auf den Unterricht beider Sekundarstufen wird abschließend die Frage nach Möglichkeiten einer wirkungsvollen Förderung der entsprechenden Kernkompetenzen angerissen.

Literatur:

Kammler, Clemens (Hrsg.): Literarische Kompetenzen- Standards im Literaturunterricht. Modelle für die Primar- und Sekundarstufe.  Seelze: Kallmeyer/Klett 2006

Leubner, Martin/ Saupe, Anja: Textverstehen im Literaturunterricht und Aufgaben. Baltmannsweiler: Schneider Verlag Hohengehren 2008

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Michael Steinmetz (FSU Jena)

Interpretationsbewertungen zwischen Quantität und Qualität

Verhältnismäßig lange schriftliche Interpretationsarbeiten werden von schulischen Korrektoren häufig mit überaus guten Noten honoriert. Auffällig ist – so zeigen Ergebnisse der wissenschaftlichen Evaluation des Zentralabiturs Deutsch in NRW 2007 –, dass besonders die langen Texte von universitären Anschlusskorrektoren in der Regel deutlich schlechter bewertet werden; bei kurzen Texten kommen Bewertungsabweichungen in diesem Maß nicht vor. Tatsächlich unterscheiden sich lange und kurze Texte signifikant in den Mittelwerten der Differenz von Schul- und Universitätskorrektur. Hat die Textlänge in der Schule einen zu hohen Einfluss auf die Bewertung? Erhält dort Quantität gegenüber Qualität den Vorzug?

Sehr lange Texte lassen sich oft als assoziative Aneinanderreihungen von mal beschreibenden, mal deutenden und mal wertenden Äußerungen (die der sequenziellen bzw. linearen Ordnung der zu untersuchenden Texte folgen) beschreiben. Diese Struktur aber konfligiert mit den für das Abitur verbindlichen Anforderungen, die sich in den EPA (2002) manifestieren. Es ist zu vermuten, dass ein Großteil der sehr langen Texte (vor allem strukturelle) Qualität vermissen lässt; demnach – den schulischen Noten zum Trotz – verschiedenen bildungsadministrativ verbindlichen Anforderungen nicht Genüge leistet. Diese Vermutung gilt es (im Vortrag) anhand von empirischen Befunden zu Abiturarbeiten aus dem Zentralabitur NRW 2007 zu prüfen.

Literatur:

EPA Deutsch (2002): Einheitliche Prüfungsanforderungen in der Abiturprüfung Deutsch. Beschluss der Kultusministerkonferenz vom 01.12.1989 i.d.F. vom 24.05.2002.

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Dirk Scholten, Angela Kuhnen & Anna Mashkowskaya (Universität Essen-Duisburg)

Sprachkompetenzen Studierender

Verschiedene, aber unsystematische Beobachtungen aus allen Fächern deuten auf Probleme im sprachlichen Bereich der Studierenden in den Lehramtsstudiengängen hin. Nur mit Hilfe eines genaueren Blicks lassen sich aber die Probleme exakter beschreiben – und in der Folge auch über geeignete Maßnahmen entscheiden, diese Probleme abzustellen.

Um herauszufinden, ob und in welchen Bereichen Defizite im sprachlichen Bereich der Lehramtsstudierenden zu erkennen sind, wurde an der Universität Duisburg-Essen mit ca. 800 Studierenden aller Fächer zu Beginn ihres Studiums ein zweiteiliger Test durchgeführt. Dieser bestand zum einen aus einer Schreibaufgabe, in der das Anfertigen eines Fließtextes unter Berücksichtigung von Leitfragen gefordert wurde, zum anderen aus vier C-Tests, die auf der Basis von Stammtilgungen konzipiert waren und eine sinnvolle Ergänzung der teilgetilgten Texte verlangten.

Der Vortrag soll einen Überblick über die ersten Ergebnisse der Analyse sowohl der Schreibaufgabe als auch der C-Tests liefern und Auskunft über die Korrelation zwischen beiden Testteilen geben. Hinweise auf die sinnvollen Erweiterungen des sprachlichen Förderangebots im Rahmen des Lehramtsstudiums runden den Beitrag ab.

Literatur:

Grotjahn, Rüdiger. [Hrsg] 2002: Konstruktion und Einsatz von C-Tests: Ein Leitfaden für die Praxis. In: Der C-Test. Theoretische Grundlagen und Anwendungen. Bd. 4, S. 211–225. Bochum: AKS-Verlag

Böhme, Katrin/Bremerich-Vos, Albert/Robitzsch, Alexander (2009): Aspekte der Kodierung von Schreibaufgaben. In: Granzer, Dietlinde [Hrsg] 2009: Bildungsstandards Deutsch und Mathematik. S. 290–329. Weinheim und Basel: Beltz Verlag

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Gesa Siebert-Ott & Kirsten Schindler (Universität Köln)

Textkompetenzen im Übergang Oberstufe - Universität

Würden Textkompetenzen zu Beginn des Studiums allein an den Klagen der Lehrenden gemessen, so ließe sich ableiten, dass diese in keiner Weise hinreichend sind, um die schriftlich zu bewältigenden Anforderungen eines Studiums einzulösen. Neben basalen schriftsprachlichen Fähigkeiten würde Studierenden auch das Wissen um die Struktur, die Gestalt und die Adressatenorientierung von Texten fehlen. Schuld an dieser Situation sei die (fehlende Schreibausbildung an der) Schule. Solchen Klagen fehlen in der Regel empirische Befunde, sie basieren zudem auf einem häufig ungenauen Konzept wissenschaftlicher Textkompetenz.

In unserem Vortrag möchten wir erste Befunde eines Kooperationsprojekts vorstellen, dass die Textkompetenzen von Studierenden im Verlauf des Studiums an der Erledingung typischer Lerntextsorten dokumentiert, die Textkompetenz durch gezielte Textrückmeldung fördert und aus den Überlegungen Konsequenzen für die Schreibausbildung an der Universität ableitet. Wir fragen uns: Welche Textkompetenzen brauchen Studierende, um ein Studium erfolgreich zu absolvieren? Welche Voraussetzungen dafür benötigen sie, die ihre schulische Ausbildung schaffen muss? Welche Bedingungen dafür müssen an den Universitäten hergestellt werden?

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Inger Petersen (Universität Oldenburg)

Schreibkompetenz in Deutsch als Erst- und Zweitsprache

Schüler/innen mit Migrationshintergrund sind an Gymnasien deutlich unterrepräsentiert. Gleichwohl muss in der Sekundarstufe II auch heute schon von heterogenen Lerngruppen ausgegangen werden, in denen Schüler/innen, deren Erstsprache nicht Deutsch ist, zunehmend vertreten sind. Die lebensweltliche Mehrsprachigkeit dieser Jugendlichen ist mit unterschiedlichen Lernvoraussetzungen verbunden. Ob und in welchen Bereichen eine spezifische Sprachförderung benötigt wird, konnte bislang mangels empirischer Untersuchungen nur gemutmaßt werden.

Die hier vorgestellte Studie untersucht, ob und wie sich Textproduktionen von Schüler/innen sowie Studierenden mit Deutsch als Erst- und Zweitsprache unterscheiden und wie die Entwicklung ihrer Schreibfähigkeiten in der Sekundarstufe II bis in die ersten Studienjahre verläuft. Dazu wird ein Korpus von 300 Texten (Argumentationen und Zusammenfassungen) analysiert, die von 150 ein- und mehrsprachigen Schülern und Studierenden aus 3 Alterskohorten (11. Jahrgang, 13. Jahrgang, 2. /3. Studienjahr) verfasst worden sind. Das zu diesem Zweck entwickelte Analyseinstrument orientiert sich an Methoden aus der Korpuslinguistik und enthält Kriterien zur Untersuchung der sprachsystematischen Richtigkeit sowie der funktionalen Angemessenheit. Die Ergebnisse zeigen Tendenzen hinsichtlich der o.g. Forschungsfragen auf, machen aber auch deutlich, an welchen Stellen qualitative Analysen zu ergänzen sind.

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Angelika Storrer (TU Dortmund)

Schreibstile im Netz – am Beispiel von Wikipedia

Produkte der schriftlichen Netzkommunikation weichen oft erheblich von den normativen Erwartungen ab, die an die sprachliche Gestaltung von Sach- und Informationstexten gestellt werden. Wir plädieren dafür, im Deutschunterricht netztypische Schreibstile in größere Zusammenhänge (Mündlichkeit vs. Schriftlichkeit, Varietäten, mediale Stile) einzuordnen und das Bewusstsein dafür zu schärfen, dass die Wahl der sprachlichen Mittel auch in der Netzkommunikation adressatenspezifisch und situationsangepasst erfolgen sollte. Auf dieser Basis lassen sich weiterführende Kompetenzen zur kritischen Analyse und zur textproduktiven Weiterverarbeitung von Informations- und Diskussionsangeboten im Internet vermitteln. Hierzu möchten wir Unterrichtsideen vorstellen, in denen Produktionsprozesse in der Online-Enzyklopädie Wikipedia rekonstruiert und reflektiert werden. Dabei dient der Vergleich von Artikelseiten mit den zugehörigen Diskussionsseiten dazu, Aspekte des situations- und adressatengerechten Kommunizierens zu diskutieren. Durch die Analyse von Maßnahmen zur Qualitätssicherung in der Wikipedia sollen Leitlinien zum problembewussten Umgang mit Internetquellen in der weiterverarbeitenden eigenen Textproduktion abgeleitet werden.

Literatur:

Storrer, Angelika (2009): Rhetorisch-stilistische Eigenschaften der Sprache des Internets. In: Ulla Fix, Andreas Gardt & Joachim Knape (Hrsg.): Rhetorik und Stilistik – Rhetorics and Stilistics. Ein internationales Handbuch historischer und systematischer Forschung. Berlin. New York, 2211–2226.

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Jürgen Struger (Universität Klagenfurt)

Informationskompetenz: Recherche und Vertextung von Sachinformationen

Schwerpunkt des Vortrags ist die Rolle der Informationsaufbereitung im Erwerb von Schreibkompetenzen für Sachtexte. Mit empirischen Befunden wird die Relevanz der Informationskompetenz im Schreibkompetenzerwerb erörtert. Mangelnde Informationskompetenz führt vielfach zur Textmontage („Bricolage“, copy+paste etc.) statt zu eigenständiger, konzeptioneller Textarbeit.

  • Der Schreibkompetenzerwerb wird wesentlich durch den funktionalen Rahmen der Aufgabenstellung beeinflusst: Schreibhandlungsaufgaben (anstelle von Textaufgaben) fördern die Aneignung von Recherche- und Vertextungsstrategien und das Verständnis für die formalen Anforderungen an Sachtexte.
  • Der Erwerb formaler Kompetenzen kann durch die didaktische Betonung der Informationsaufbereitung gefördert/beschleunigt werden.

Der Vortrag referiert Ergebnisse einer laufenden empirischen Studie zum Thema „Schreiben von Sachtexten an Berufsbildenden Höheren Schulen“ und erörtert die Problemdimensionen des Schreibprozesses unter dem Aspekt der Verarbeitung von Sachinformationen.

Literatur:

Gorski, Martin (2008): Informationskompetenz im Spannungsfeld zwischen Schule und Universität. In: Bibliotheksdienst, Jg. 42 (2008), H.7, S. 738–761.

Ortner, Hanspeter (2007): (Schriftliche) Darstellung von Sachverhalten als Stimulus. In: Schmölzer-Eibinger, Sabine; Weidacher, Georg (Hrsg.) (2007): Textkompetenz. Eine Schlüsselkompetenz und ihre Vermittlung. Tübingen: Narr. S. 113–140.

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Thomas Berger (FSU Jena)

Rezeption und Produktion von Sachtexten

Die Sachtextanalyse hat neben der Literaturinterpretation in der gymnasialen Oberstufe einen schweren Stand. Sachtexte müssen dem Augenschein nach lediglich im Wortlaut verstanden werden. Unterrichtliche Zugänge beschäftigen sich deshalb kaum mit der Sicherung des inhaltlichen Zusammenhangs, sondern arbeiten ein umfangreiches analytisches Kategoriensystem ab (Stilmittel, Textfunktionen, textübergreifende Zusammenhänge). Aufschlussreich sind die Anforderungen der EPA zur „Analyse pragmatischer Texte“, in denen z.B. Argumentationen sogleich auf „Stichhaltigkeit und Schlüssigkeit“ geprüft werden sollen. Schwierigkeiten beim inhaltlichen Verstehen und der Darlegung argumentativer Zusammenhänge werden hier unterschätzt. Sie fordern eine genauere Analyse des Gedankengangs. Abiturklausuren zeigen oft erstaunliche Mängel bei der Sicherung des inhaltlichen Zusammenhangs. Viele Prüflinge sind kaum in der Lage, ein einzelnes Argument oder auch eine Beschreibung im – wichtigen und zuweilen auch problematischen – Detail aufzufassen und in eigenen Worten adäquat wiederzugeben. Ebenso problematisch sind Argumente, die nur hinsichtlich ihres Stellenwerts im Textganzen begriffen werden können und deren Verständnis die Etablierung globaler Kohärenz voraussetzt. Die Ergebnisse legen den Schluss nahe, dass die Sicherung des inhaltlichen Zusammenhangs bei der Sachtextanalyse in der gymnasialen Oberstufe einen höheren Stellenwert erhalten sollte.

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Michael Beißwenger (TU Dortmund)

Kompetenzen für das Schreiben im Internet

Der Vortrag unternimmt den Versuch einer Formulierung und Systematisierung von (Sprach-, Text-, Diskurs-, Sozial- und Medien-)Kompetenzen, die für die Arbeit mit Wikis, Weblogs und Foren im Deutschunterricht der Oberstufe erforderlich sind.

Ausgehend von einem Erfahrungsbericht zum Einsatz entsprechender Anwendungen in Schule und Hochschule wird gezeigt, dass für eine erfolgreiche Nutzung solcher Medien neben technischen Fertigkeiten verschiedene Kompetenzen relevant sind, deren Förderung schon bisher Gegenstand des sprachbezogenen Deutschunterrichts war, die in Bezug auf die netzgestützte Wissenskommunikation aber einer medienspezifischen Erweiterung bedürfen. Hierzu gehören z.B. ein Wissen um die Besonderheiten des Schreibens in und für Hypermedien sowie Einsichten in die Möglichkeiten kooperativer Textproduktion. Für den rezeptiven und rearrangierenden Umgang mit über Suchmaschinen recherchierten Informationsressourcen muss ein Problembewusstsein in Bezug auf die Verlässlichkeit von Online-Angeboten aufgebaut und müssen Techniken erarbeitet werden, anhand derer sich Inhalte im Netz einer kritischen Bewertung unterziehen lassen (Kontextualisieren, Hinterfragen, Nachrecherchieren). Auf Seiten der Lehrenden spielen ein Wissen um die sprachlichen und sozialen Besonderheiten internetbasierter Kommunikation, ein Bewusstsein für die Potenziale netzgestützter Schreib- und Kommunikationsumgebungen sowie – speziell im Hinblick auf Wikis – eine Prozessperspektive auf Text eine Rolle.

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Torsten Steinhoff (TU Dortmund)

Schriftliches Referieren

Für den polyphonen kommunikativen Alltag besitzt das schriftliche Referieren große Bedeutung. Wer sich im komplexen und dynamischen Informationsnetzwerk der öffentlichen, beruflichen und wissenschaftlichen Kommunikation orientieren, positionieren und sein Wissen unter diesen Bedingungen lesend und schreibend erweitern will, profitiert erheblich davon, wenn er das schriftliche Referieren beherrscht. Dies setzt eine Entwicklung verschiedener textrezeptiver und -produktiver Fähigkeiten voraus, die den Lerner u. a. dazu befähigen, ein kohärentes mentales Modell des Textinhalts aufzubauen, die Relevanz einzelner Wissenselemente zu evaluieren, die Argumentationsstruktur nachzuvollziehen und die fremden Äußerungen im eigenen Text angemessen wiederzugeben und zweckvoll zu kennzeichnen – und dies stets vor dem Hintergrund der die Aufgabe verkomplizierenden Tatsache, dass im schriftlichen Referat zumeist mehrere Texte aufeinander zu beziehen sind. Die Förderung dieser Fähigkeiten zählt zu den Kernaufgaben des Deutschunterrichts in der Oberstufe. Der Beitrag stellt ein kompetenz- und prozessorientiertes Förderkonzept vor, das verschiedene Formen des schriftlichen Referierens unterscheidet, relevante Entwicklungsphänomene verdeutlicht und didaktische Konzepte vorstellt, die es erlauben, das schriftliche Referieren in der Oberstufe als polyfunktionales Lernmedium zu nutzen.

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Eva Schoenke (Universität Bremen)

Textlinguistik für die Sek II

Textlinguistische Untersuchungen beziehen sich auf Texte sowie auf Prozesse der Textproduktion und der Textrezeption. Diese Komplexität lässt sich für textdidaktische Zwecke nutzen, u.a. zur Entwicklung von Strategien zum Verfassen und Verstehen von Texten. Das ist für die Sekundarstufe II im Sinne eines propädeutischen Unterrichts wichtig und auf der Grundlage der in der Oberstufe schon entwickelten Reflexionsfähigkeit auch möglich.

Im Sinne einer effizienten und didaktisch angemessenen Vermittlung der Textlinguistik als Bezugswissenschaft für den Bereich Reflexion über Sprache sollte man

  • den komplexen Bereich mit Konzentration auf die Schwerpunkte strukturieren,
  • die bisher entwickelte Reflexionskompetenz berücksichtigen und gezielt ausweiten,
  • implizites Textwissen bewusst machen, explizites Textwissen anwenden,
  • die wichtigsten textlinguistischen Termini erarbeiten, definieren (und von Alltagsbegriffen abgrenzen),
  • sich an einer Textdefinition orientieren, die sprachliches Handeln und  Wissensverarbeitung berücksichtigt.

Der Vortrag zeigt Möglichkeiten der Realisierung dieser Anforderungen an Beispielen zur Textarten-Klassifizierung, zu Schreib- und Überarbeitungsstrategien und an Textanalysen zur Themenentfaltung.

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Sektion 10: Professionelle Kompetenz von Deutschlehrer/-innen

Kathrin Lehnen (Universität Gießen)

Schriftliche Beurteilungskompetenz als Teil professionellen Handelns im Lehrerberuf

Das schriftliche Beurteilen von Lernprozessen gehört zum professionellen Handeln von LehrerInnen. Der Erwerb entsprechender Textkompetenz als Teil des Professionswissens von LehrerInnen ist bisher kaum Gegenstand der Lehramtsausbildung. In dem Beitrag wird ein textlinguistisch ausgerichtetes, schreibdidaktisches Konzept zur Vermittlung professioneller Beurteilungskompetenz in der Lehramtsausbildung des Faches Deutsch vorgestellt. Im Zentrum des Konzepts stehen die Analyse von Beurteilungstexten, die sich auf ein Korpus authentischer Beurteilungstexte stützt (u.a. Notenkommentare,  Berichtszeugnisse, Förderpläne); das exemplarische Erproben unterschiedlicher Rückmelde- und Bewertungsverfahren für Schülertexte (u. a. Kriterienkataloge) sowie das Schreiben und Überarbeiten von Beurteilungstexten, das durch Methoden des Peer-Feedbacks begleitet wird.

Das Konzept stützt sich auf ein umfassenderes empirisches Forschungsprojekt zu kommunikativen Anforderungen im Lehrerberuf. In dem Projekt wurden LehrerInnen anhand leitfadengesteuerter Interviews u. a. zu Schreiben im Berufsalltag befragt. In diesen Interviews wird deutlich, dass die Professionalisierung von Beurteilungshandeln ein Desiderat der Lehramtsausbildung darstellt.

Literatur:

Jost, Jörg (2008): Die Textsorte Lehrerkommentar in der Primarstufe. Ergebnisse einer Pilotstudie, Zeitschrift für Angewandte Linguistik 49, 95–117.

Rezat, Sara (2010, i. Dr.): Fachspezifische Leistungsbewertung und –beurteilung. In: Goer, Charis/Köller,  Katharina (Hrsg.): Fachdidaktik Deutsch. Paderborn: Wilhelm Fink Verlag

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Matthias Knopp & Ursula Bredel (Universität Köln)

Explizites und implizites Wissen von Deutschlehrer/innen über die Sprachentwicklung von Schüler/innen

Der Vortrag stellt einige Befunde einer Befragung von Deutschlehrern und /-lehrerinnen nach Sprachaneignungsprozessen (L1/L2), nach dem Stellenwert von Sprache sowie nach Fördermaßnahmen und (Weiter-)Qualifizierung vor. Durchgeführt wurde sie im Rahmen des BMBF-Projektes „Altersspezifische Sprachaneignung – ein Referenzrahmen“ (PROSA).

Eine Systematisierung der lehrerseitigen Antworträume erfolgt auf der Grundlage von Glinz’ Modell von „subjektiven Sprachtheorien“ sowie auf der Basis der Wissenssoziologie (vgl. Dewe et al. 1990).

Das wichtigste Ergebnis wird sein, dass das explizite Wissen von Lehrer/innen auf einem Aggregat von (wenig) wissenschaftlichem, (viel) institutionell tradiertem Wissen sowie (viel) Alltagswissen („gesunder Menschenverstand“) basiert. Das implizite Wissen von Lehrer/innen, das sich in der (Beschreibung der) konkreten Handlungspraxis bemerkbar macht, steht quer zu diesem expliziten Wissen – es basiert auf Intuition, die einen besonders fruchtbaren Ausgangspunkt für professionelles Handeln darzustellen scheint.

Wie sich eine solche Intuition entwickelt, wie die Entwicklung dieser Intuition gestützt werden kann und schließlich wie und ob die Intuition weiter professionalisiert werden kann, ist derzeit unbekannt. Die Vortragenden erhoffen sich hier eine fruchtbare Diskussion mit den Tagungsteilnehmer/innen.

Literatur:

Dewe, Bernd/Ferchhoff, Wilfried/Radtke, Frank-Olaf (1990): Die opake Wissensbasis pädagogischen Handelns – Einsichten aus der Verschränkung von Wissensverwendungsforschung und Professionalisierungstheorie. IN: Alisch, Lutz-Michael/Baumert, Jürgen/Beck, Klaus (Hgg.): Professionswissen und Professionalisierung. Braunschweig: Technische Universität, 291–320

Glinz, Hans (1987): Die Sprachtheorien in und hinter den Lehrern und die Entwicklung der Sprachfähigkeit in den Schülern. IN: Wimmer, Rainer (Hg.): Sprachtheorie – Der Sprachbegriff in Wissenschaft und Alltag. Düsseldorf: Schwann, 206–236

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Barbara Kleissendorf & Petra Schulz (Universität Frankfurt a. M.)

Diagnostische Kompetenz von Grundschullehrern in der Einschätzung sprachlicher Fähigkeiten von Kindern mit Deutsch als Zweitsprache

Diese Studie vergleicht die Einschätzung sprachlicher Fähigkeiten durch GrundschullehrerInnen mit den Ergebnissen standardisierter Sprachtests von Kindern mit Deutsch als Zweitsprache (DaZ). Die diagnostische Kompetenz ist bei der Einschätzung sprachlicher Fähigkeiten von Kindern mit DaZ besonders gefordert, da Kinder mit DaZ verdeckte Sprachschwierigkeiten (Knapp, 1999) aufweisen können. Unsere Studie untersuchte folgende Fragestellungen: 1) Stimmen die Einschätzung sprachlicher Fähigkeiten durch die GrundschullehrerInnen mit den Ergebnissen standardisierter Sprachtests überein? 2) Basieren die Abweichungen in der Beurteilung der sprachlichen Fähigkeiten auf einer Über- oder Unterschätzung der kindlichen Sprachfähigkeiten? Zwei standardisierte Sprachtests (LiSe-DaZ, Schulz & Tracy, erscheint, und AWST-R, Kiese-Himmel, 2005) wurden mit 49 Kindern mit DaZ (Alter im Mittelwert: 6;0 Jahre) durchgeführt, die an einer DaZ-Sprachfördermaßnahme teilnehmen. Auf der Basis der zwei Sprachtests entwickelten wir einen Fragebogen, mit dem die GrundschullehrerInnen (N=12) die sprachlichen Fähigkeiten der Kinder einschätzten. Die Einschätzungen wurden mit den Ergebnissen der Sprachtests verglichen. Die Studie liefert Belege dafür, dass Grundschullehrer, die sprachlichen Fähigkeiten von Kindern mit DaZ nicht in allen untersuchten Bereichen adäquat einschätzen.

Literatur:

Knapp, W. (1999): Verdeckte Sprachschwierigkeiten. Die Grundschule, 5, 30-33.

Schulz, P. & Tracy, R. (erscheint): Linguistische Sprachstandserhebung – Deutsch als Zweitsprache (LiSe-DaZ). Göttingen: Hogrefe.

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Irene Corvacho Del Toro (Universität Frankfurt a. M.)

Fachliches Wissen von Deutschlehrkräften und dessen Effekte auf die Rechtschreibentwicklung von Grundschülern Barbara

Im Fokus dieses Dissertationsprojektes stehen das fachbezogene Lehrerwissen und sein möglicher messbarer Effekt auf die Rechtschreibentwicklung von Grundschülern. Die naheliegende Annahme ist, dass dieses Wissen effektiveres Unterrichten ermöglicht und sich auf die Rechtschreibentwicklung der Grundschüler niederschlägt. Im Rahmen des Projekts PERLE (Corvacho del Toro & Greb 2007) wurde ein Fragebogen zu den relevanten Inhalten konstruiert. An den Projekten PERLE und NIL (Schulte-Körne & Thomé) teilnehmende Lehrkräfte haben den Fragebogen beantwortet. Diese Daten werden nach dem ein- parametrischen Rasch-Modell aus der Item-Response-Theorie skaliert. Die Rechtschreibentwicklung der Grundschüler (=abhängige Variable) wird längsschnittlich mit dem standardisierten Test DERET 1–2 (Stock & Schneider 2008) Ende der 1. und der 2. Klasse gemessen. Die Rechtschreibfehler werden qualitativ mit dem Instrument OLFA 1–2 (Thomé & Thomé 2009) analysiert. Eine multivariate Analyse soll korrelative Zusammenhänge zwischen fachbezogenem Lehrerwissen und der Rechtschreibleistung der Schüler prüfen. Ein positiver Zusammenhang würde für den Aufbau der sprachwissenschaftlichen Inhalte in der Lehrerausbildung sprechen.

Literatur:

Corvacho Del Toro, I.M. & Greb, K. (2007): Persönlichkeits- und Lernentwicklung von Grundschulkindern. Zur Anlage des Projekts PERLE. In: Möller, Hanke et. al (Hrsg.): Qualität von Grundschulunterricht. VS Verlag, Wiesbaden. 313–316.

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Daniel Scherf (Universität Augsburg)

Vorstellungen und Orientierungen zu Leseförderung: ein qualitativ-empirischer Beitrag zur fachdidaktischen Lehrerwissensforschung

Leseförderung, spätestens seit der Schulleistungsstudie PISA 2000 in aller Munde, steht für fortwährende fachdidaktische Innovation. Während frühere fachdidaktische Veröffentlichungen den Begriff noch eng mit der Steigerung der Lesemotivation in Verbindung bringen, beinhalten neuere Modellierungen lesefördernden Unterrichts ganz verschiedene Handlungsfelder für Lehrerinnen und Lehrer. Die – aus fachdidaktischer Perspektive – für Lehrende als notwendig erachteten lesedidaktischen Kenntnisse sind komplex und reichen von der Diagnostik von Lesefertigkeiten über lesesozialisatorische Voraussetzungen bis zu Fördermethoden.

Lehrerwissen und -handeln hingegen gilt gegenüber neuen Modellierungen und Impulsen als weitgehend resistent.

Das Forschungsprojekt betrachtet, was Lehrende im Kontext lesedidaktischer Innovation zu Leseförderung wissen, welche Vorstellungen und Orientierungen mit ihrem Leseförderhandeln einher gehen. Damit bewegt sich die Untersuchung in den Diskursfeldern der Lesedidaktik, der Lehrerwissens- sowie der Implementationsforschung. Neben theoretischen sowie methodischen Grundlegungen der Studie sollen erste Ergebnisse der empirischen Untersuchung qualitativer Daten vorgestellt werden. Diese zeigen, dass es sowohl fachdidaktisch-innovative ‚Resonanzböden‘ für Vorstellungen und Orientierungen der Lehrenden geben kann als auch solche, die bisher bei der Konzeption lesedidaktischer Aus- und Weiterbildung keine Rolle gespielt haben, da sie fernab fachdidaktischer Wissenshorizonte liegen.

Literatur:

Rosebrock, Cornelia/Nix, Daniel (2008): Grundlagen der Lesedidaktik und der systematischen schulischen Leseförderung. Baltmannsweiler: Schneider Verlag Hohengehren

Kolbe, Fritz Ulrich (2004): Verhältnis von Wissen und Handeln. In: Blömeke, Sigrid/Reinhodt, Peter/Tulodziecki, Gerhard/Wildt, Johannes (Hrsg.) (2004): Handbuch Lehrerbildung. Bad Heilbrunn/Braunschweig: Julius Klinkhardt und Westermann, S. 206–231

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Kerrin Kamzela (Universität Hamburg)

Lesenlehren und Lesenlernen in der Vorstellung von Lehrenden. Erste Ergebnisse aus problemzentrierten Interviews

Bislang hat sich die pädagogisch-psychologische Unterrichtsforschung in Bezug auf die Ermittlung von Kompetenzen Lehrender und der Untersuchung ihres Einflusses auf die Gestaltung von Unterricht sowie die Lernleistung der Lernenden weitgehend auf fachunabhängige Faktoren konzentriert, obwohl es hinreichende Gründe für die Annahme gibt, dass das didaktische Denken von Lehrenden und die Art und Weise des Unterrichtens von den Zielen und Inhalten des jeweiligen Faches entscheidend mitbestimmt werden (vgl. Bromme 2008).

Im Rahmen meines Vortrages möchte ich auf der Grundlage theoretischer Überlegungen zum Wissen und Handeln von Lehrenden und lesedidaktischer Überlegungen sowie erster Ergebnisse aus der Analyse von problemzentrierten Interviews mit Lehrerinnen und Lehrern der Frage nachgehen, inwieweit sich das professionsbezogene Wissen von Lehrenden über Leselernprozesse und Einflussfaktoren auf die Entwicklung von Lesekompetenz auf ihre Vorstellungen von Leseunterricht und die Reflexion des eigenen Handelns im Leseunterricht auswirkt.

Literatur:

Bromme, R. (2008): Lehrerexpertise. In: Schneider, W./Hasselhorn, M. (Hrsg.): Handbuch der pädagogischen Psychologie. Göttingen: Hogrefe, S. 159–167.

Kunze, I. (2004): Konzepte von Deutschunterricht. Eine Studie zu individuellen didaktischen Theorien von Lehrerinnen und Lehrern. Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften.

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Miriam Lotz (Universität Bamberg)

Wie gestalten Lehrkräfte Leseübungen im Anfangsunterricht? - Eine videobasierte Studie zu domänenspezifischer Unterrichtsqualität

Von Seiten der Unterrichtsforschung wird Lehrkräften empfohlen, einen kognitiv aktivierenden Unterricht zu realisieren (Klieme, Schümer & Knoll, 2001), also einen Unterricht, der „zum vertieften Nachdenken und zu einer elaborierten Auseinandersetzung mit dem Unterrichtsgegenstand“ (Lipowsky, 2009, S. 93) anregt. Es fehlen aber Studien, die diese Dimension der Unterrichtsqualität für den Deutschunterricht der Grundschule konzeptualisieren. Die Studie, die im Vortrag vorgestellt wird, intendiert daher die Beantwortung folgender Fragestellungen: Welche Merkmale charakterisieren kognitiv aktivierende Leseübungen? Wie lässt sich die Dimension kognitive Aktivierung domänenspezifisch operationalisieren? Zur Beantwortung dieser Fragen wird die quasi-experimentelle Videostudie aus dem PERLE-Projekt (Persönlichkeits- und Lernentwicklung von Grundschulkindern) ausgewertet. Um vergleichbare Bedingungen zu gewährleisten, bekamen die Lehrkräfte von 37 ersten Klassen inhaltliche Vorgaben zur Gestaltung einer 90-minütigen Unterrichtseinheit. Dabei bestand eine Aufgabe in der Durchführung einer Leseübung, welche für die vorliegende Studie als Analyseeinheit herangezogen wird. Zur Auswertung werden niedrig inferente Kategoriensysteme sowie hoch inferente Ratingsysteme entwickelt.

Literatur:

Klieme, E., Schümer, G. & Knoll, S. (2001). Mathematikunterricht in der Sekundarstufe I: "Aufgabenkultur" und Unterrichtsgestaltung. In E. Klieme & J. Baumert (Hrsg.), TIMSS - Impulse für Schule und Unterricht. Forschungsbefunde, Reforminitiativen, Praxisberichte und Video-Dokumente (BMBF Publik, S. 43-57). Bonn: BMBF.

Lipowsky, F. (2009). Unterricht. In E. Wild & J. Möller (Hrsg.), Pädagogische Psychologie (S. 74–101). Heidelberg: Springer.

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Rüdiger Vogt (PH Ludwigsburg)

„Was macht der (Lehrer) denn da?“ – Der Beitrag der videobasierten Unterrichtsanalyse für die Weiterentwicklung der professionellen Kompetenz von DeutschlehrerInnen

Ausgehend von der Vorstellung „Unterricht als Interaktion“ sollen in diesem Vortrag Potenziale aufgezeigt werden, die sich aus einer interaktionistischen Sicht auf Unterricht ergeben. Ohne weitere Voraussetzungen zu formulieren oder normative Postulate zu verkünden steht das beobachtbare und in Transkriptform dokumentierte Lehrerhandeln in einer Unterrichtssituation im Mittelpunkt des Interesses. Verpflichtet ist dieser Ansatz einem Konzept von unterrichtlichem Handeln als multimodalem, insofern neben der spezifischen sprachlichen Realisierung die für Mündlichkeit konstitutiven Aspekte der prosodischen und non-verbalen Gestaltung von Äußerungen in den Mittelpunkt gerückt werden. Dabei stehen insbesondere „kritische“ Momente im Mittelpunkt des Interesses, in denen die Lehrperson sich für eine Handlungsweise entscheidet, um eine problematische Situation zu bewältigen.

Nach einer einleitenden Orientierung auf die Möglichkeiten und Grenzen videobasierter Unterrichtsanalyse wird die Untersuchung einer exemplarischen Szene aus einer Unterrichtsszene vorgenommen. An diesem Beispiel werden exemplarisch Leitfragen formuliert, die für die Auseinandersetzung mit solchen Daten sowohl in der Lehrerausbildung als auch in der Lehrerfortbildung genutzt werden können. Zusammenfassend wird ein Konzept vorgeschlagen, mit dessen Hilfe eine fachlich begründete Supervision von Lehrkräften möglich wird.

Literatur:

Grundler, Elke (2008): „Gesprächskompetenz – Ein Systematisierungsvorschlag im Horizont schulischer Bildungsstandards und Kompetenzen“. In: Didaktik Deutsch 24.

Schmitt, Reinhold (2009): „Schülerseitiges Interaktionsmanagement: Initiativen zwischen supportiver Strukturreproduktion und Subversion“. In: Gesprächsforschung. Online-Zeitschrift zur verbalen Interaktion 10.

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Astrid Rank (Universität Regensburg)

Entwicklung der Diagnose-Förderkompetenzen der ersten Jahrgangsstufe – Befunde zu einem DFG-Projekt zu situiertem Lernen in der Lehrerfortbildung

Genaue Diagnose und passende Förderung stellen für Lehrerinnen im Schriftspracherwerb der ersten Jahrgangsstufe wichtige Aufgaben dar.

In dem hier vorgestellten DFG-Projekt zu situiertem Lernen in der Lehrerfortbildung wurden die Diagnose- Förderkompetenzen im Schriftspracherwerb vor und nach einer Fortbildungsreihe zum Schriftspracherwerb erhoben. Ausgangspunkt waren die Befunde zum schlechten Übertrag von (Lehrer-)Fortbildungsinhalten in die Praxis, die sich eventuell dadurch erklären lassen, dass häufig Lern- und Anwendungssituation zu sehr differieren und „träges Wissen“ aufgebaut wird. Diesem Umstand wurde in unserem Forschungsprojekt durch situiertes Lernen in den Lehrerfortbildungen begegnet.

Es handelt sich um eine Interventionsstudie mit experimentellem Design. Das Merkmal der Authentizität in den situierten Fortbildungsgruppen wurde gezielt variiert. Es wurden qualitative und quantitative Daten an vier Messzeitpunkten durch Fragebögen, Tests zum Transfer, Interviews und videographierte Unterrichtsbeobachtung erhoben.

In diesem Beitrag werden die Befunde für den Bereich der Diagnose- und Förderkompetenz dargestellt.

Literatur:

Rank, A., Hartinger, A. & Fölling-Albers, M. (2010, im Druck): Der Lernzuwachs von Grundschullehrerinnen in situierten Lehrerfortbildungen. In: In K.-H. Arnold, O. Graumann & K. Hauenschild (Hrsg.), Zwischen Fachdidaktik und Stufendidaktik: Perspektiven für die Grundschulpädagogik. Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften.

Hartinger, A., Lohrmann, K., Rank, A. & Fölling-Albers, M. (2010, im Druck): Situiertes Lernen. In E. Kiel & K. Zierer (Hrsg.), Basiswissen Unterrichtsgestaltung. Band 2: Unterrichtsgestaltung als Gegenstand der Wissenschaft.

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Anke Schöning (Universität Bielefeld)

(Selbst-)Beobachtung und Reflexion von DeutschreferendarInnen in Unterrichtsnachbesprechungen

Unterrichtsnachbesprechungen sind ein wesentlicher Bestandteil der 2. Phase der Lehrerausbildung. Wenn Reflexion den Kern der Lehrerprofessionalität ausmacht, ist die Unterrichtsnachbesprechung für die Auszubildenden der systematische Anlass für diese Reflexionsleistung, indem sie in und durch diese Gesprächssituation auf der Grundlage ihrer (Selbst-)Beobachtung das Reflektieren des eigenen Unterrichts und Lehrerhandelns üben.

Im Rahmen meiner Dissertation führe ich auf der Grundlage von authentischen Daten eine Querschnittsuntersuchung von Nachbesprechungen zum Literaturunterricht in der Sekundarstufe I und II durch. Dabei werden die Daten zunächst gesprächsanalytisch auf Formen der Gesprächsorganisation und –steuerung untersucht und diese mit normativen Leitfäden verglichen.

Von Interesse ist hierbei auch die Bedeutung eines ‚didaktischen Vokabulars’ beim Sprechen über Unterricht.

Im geplanten Vortrag sollen anhand von Audioaufnahmen und transkribierten Gesprächssequenzen erste Befunde bezüglich der (Selbst-)Beobachtung  von Auszubildenden vorgestellt werden.

Literatur:

Helmke, Andreas (2008): Wie können Lehrkräfte ihren Unterricht reflektieren und bewerten? In: Schule NRW 09/08. Amtsblatt des Ministeriums für Schule und Weiterbildung (60. Jahrgang Nr. 9).

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Jutta Dämmer (Universität Duisburg-Essen) & Heiner Willenberg (Universität Hamburg)

Wie bilden eigentlich die Universitäten die Deutschlehrer/innen aus? Bericht über ein Forschungsprojekt

Es hat sich ein Forschungsprojekt etabliert, das, vom BMBF gefördert, die „Länder-gemeinsamen Anforderungen“ zur Grundlage einer repräsentativen Untersuchung macht, um die Fähigkeit der Studierenden am Ende der BA- und der MA-Phase zu testen. Eine Gruppe von Kollegen/innen aus der Didaktik, der Pädagogik und der Pädagogischen Empirie hat die Testung der BA-Studierenden  2010 unternommen. Die MA-Studie wird noch  2011 folgen.

Wir werden die im Test benutzten Verzahnungen von Wissen und Fähigkeiten sowohl in den Bezugswissenschaften wie in den Didaktiken darstellen. Erste Ergebnisse zeigen, dass die Universitäten eher insulär ausbilden und die gewünschte Verzahnung nur selten erreichen. Zudem dass es große Lücken im literaturgeschichtlichen und im theoretischen Wissen gibt. Trotzdem werden wir versuchen, ein Kompetenzmodell vorzustellen.

Die Aufgaben, die von den Studierenden im linguistischen wie im literaturwissenschaftlichen Teil zu lösen waren, beziehen sich ausschließlich auf Aspekte dessen, was in den gängigen Einführungen thematisch wird. Die Testteilnehmer erinnerten sich auch an diesen "Stoff" und haderten damit, dass sie ihn zum großen Teil nicht mehr präsent hatten bzw. dass es zu wenig Gelegenheiten zum kumulativen Lernen gegeben hat. Insbesondere bei den didaktischen Aufgaben wird deutlich, wie heterogen die Lernbedingungen an den Hochschulen sind.

Literatur:

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Sektion 11: Theater: Text und Ereignis

Otto Neudeck (Universität München)

Mit allen Sinnen. Vom Literaturunterricht der Oberstufe zur ästhetischen Erziehung des Schülers

Angesichts eines Mankos im Bereich der Wahrnehmung und Erfahrung von Literatur wird im Vortrag zunächst zu begründen sein, dass und warum für Gymnasiasten der Oberstufe eine systematische Schulung und damit Förderung im Sinne einer ‚ästhetischen Erziehung’ notwendig bzw. wünschenswert ist. In einem zweiten Schritt soll dann ein Projekt zu einer solchen ‚ästhetischen Erziehung’, das vom Literaturuntericht im Fach Deutsch ausgeht und diesen begleitet, vorgestellt werden, wobei – neben der Konzeption – Verlauf und Ergebnisse der praktischen Erprobung zu erläutern sind.

Das Projekt zur ‚ästhetischen Erziehung’ zielt auf eine Sensibilisierung und Differenzierung der Wahrnehmung des literarischen Kunstwerks; es trägt damit in umfassendem Sinne zur kulturellen Bildung der Schüler bei. Darüber hinaus soll bei ihnen ein Bewusstsein dafür erzeugt werden, dass die literarische Kunst durch ihre multimediale Prozessualisierung einen ästhetischen Mehrwert entfaltet, der allein sinnlich erfahrbar ist und infolgedessen eine besondere sensitive Offenheit und Kompetenz erfordert.

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Marion Bönnighausen (Universität Münster)

Spielarten ästhetischer Erfahrung im theatralen Diskurs. Rezeptionsprozesse von Theaterstücken im Deutschunterricht

Die Auseinandersetzung mit einem Kunstwerk, mit Literatur, mit Bildern, mit multimedialen Texturen, mit Theater ist gleichermaßen von einem Prozess der Wahrnehmung sowie von dem Versuch einer Sinnstiftung bestimmt. Insbesondere Formen des Gegenwartstheater machen deutlich, dass beiden Parametern nicht unbedingt zu trauen ist: Der Wahrheitsgehalt der Wahrnehmung ist ebenso zweifelhaft wie eine finite Zuschreibung von Sinn. In dem Beitrag soll aufgezeigt werden, auf welche Weise die Rezeption von Theaterstücken im Unterricht spezifische Möglichkeiten bietet, ästhetische Erfahrungsprozesse anzuregen, die über das tradierte Interpretieren hinauszugehen, ineinander verschlungene Strukturen von Verfremdung, Ironie, Dekonstruktion sichtbar werden lassen und somit – am entgegengesetzten Ende einer möglichen Einfühlung und einer bruchlosen Anbindung an die eigene Lebenswelt – den ‚fremden‘ Blick in den Mittelpunkt stellen.

Literatur:

Kleimann, B. (2002): Das ästhetische Weltverhältnis. Eine Untersuchung zu den grundlegenden Dimensionen des Ästhetischen. München

Willems, H. (2001): Medientheatralität. In: Fischer-Lichte, E. et al. (Hg.): Wahrnehmung und Medialität. Tübingen/ Basel, S. 385–402.

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Matthias Warstat (Universität Erlangen-Nürnberg)

Pädagogische Potenziale und Erfordernisse der Aufführungsanalyse

Die theaterwissenschaftliche Methode der Aufführungsanalyse dient dazu, Theater als Ereignis systematisch zu beschreiben und zu reflektieren. Seit der Einführung der Methode unter den Vorzeichen der Theatersemiotik in den 1980er Jahren haben sich die Erkenntnisinteressen und methodischen Prinzipien der Aufführungsanalyse merklich verändert. Das hat sowohl mit Entwicklungen in der Ästhetik des Gegenwartstheaters als auch mit neuen theoretischen Impulsen zu tun. Nach wie vor geht es aber darum, die eigene Aufführungserfahrung in einen (wissenschaftlichen) Text zu transformieren.

In dem Vortrag sollen unterschiedliche Varianten der Aufführungsanalyse vorgestellt und an Textbeispielen diskutiert werden. In einem zweiten Schritt wird überlegt, welche Chancen und Probleme sich daraus ergeben könnten, aufführungsanalytische Praktiken vermehrt in den Unterricht zu integrieren. Welche Elemente der Methode ließen sich mit Schülerinnen und Schülern ausprobieren? Welche Vorteile wären zu erwarten, welche Probleme könnten auftreten?

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Anne Steiner (Universität Bayreuth)

Aufführungsanalyse ohne Aufführung?

Will Deutschunterricht angemessen auf die Teilhabe am kulturellen Leben vorbereiten, muss er auch das zeitgenössische Theater zu seinem Thema machen. Er darf sich dabei aber nicht nur dem dramatischen Text widmen, sondern muss sich auch mit der Analyse und Interpretation von aktuellen Aufführungen und Inszenierungen beschäftigen und die Auseinandersetzung mit theatralischen Zeichen und performativen und ästhetischen Aspekten eines Theaterereignisses ermöglichen. Dabei sieht er sich jedoch dem Problem gegenüber, dass eine Theateraufführung zwar immer ein einmaliges, unwiederholbares Ereignis darstellt, aber nicht immer auch als solches rezipiert werden kann – nicht jede Schule liegt im Einzugsbereich eines (für ihre spezifische Lerngruppe geeigneten) Theaters.

Wie Deutschunterricht darauf reagieren kann, ob und wie er auch ohne Theaterbesuch möglichst authentische Theatererfahrungen ermöglichen und die Auseinandersetzung mit dem Gegenwartstheater sinnvoll anregen kann, und welche Hilfestellung ihm aktuelle theaterdidaktische Ansätze für die „Aufführungsanalyse ohne Aufführung“ bieten, ist zu diskutieren. 

Literatur:

Paule, Gabriela (2009): Kultur des Zuschauens. Theaterdidaktik zwischen Textlektüre und Aufführungspraxis, München

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Jens Roselt (Universität Hildesheim)

Der lange Weg: Vom Text zur Aufführung

Ziel des Beitrags ist es, das komplexe Verhältnis zwischen dem Text und seiner Aufführung zu thematisieren, um zu zeigen, dass die Inszenierung eines Dramas nicht als „Umsetzung“, sondern als mediale Transformation gedacht werden muss. Besonderes Gewicht wird dabei auf die Produktionsbedingungen der Theaterpraxis gelegt. Es geht um die Frage, wie und unter welchen Bedingungen Inszenierungen im Theater überhaupt entstehen. Wer trifft die ästhetisch relevanten Entscheidungen und wer trägt die Verantwortung für eine Inszenierung? Damit rückt die Theaterprobe als kreativer Spielraum in den Blickpunkt, wobei insbesondere der kollektiven Dimension von Entstehungsprozessen im Theater Rechnung getragen werden soll. Zentrale Begriffe wie Regie oder Werktreue sollen reflektiert werden, um den impliziten Idealisierungen des Theaterbetriebs entgegen zu wirken.

Literatur:

Jens Roselt: Vom Diener zum Despoten. Zur Vorgeschichte der modernen Theaterregie im 19. Jahrhundert. In: Nicole Gronemeyer und Bernd Stegemann (Hg.): Regie. Lektionen 2, Berlin 2009, S. 23–37.

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André Barz (Universität Siegen)

„Postspektakulär!?“ Zum ästhetischen Gehalt gegenwärtigen Theaters

Ausgehend von der Behauptung, Theater „ermögliche ‚andere’ (als übliche) ästhetische Erfahrungen“ (Barz), und anknüpfend an den jüngst erneuerten Befund, Konzepte der Vermittlung und Aneignung von Kinder- und Jugendtheaterstücken seien nach wie vor dominant themenorientiert (Payrhuber), wird im Spiegel eines als „postspektakulär“ beschriebenen Theaters (Eiermann) nach dem tatsächlichen ästhetischen Gehalt und dem damit im Unterricht gegebenenfalls erkundbaren ästhetischen Potenzial gegenwärtigen Theaters gefragt. Mit letzterem ist gegenwärtiges Schreiben für das Theater ebenso gemeint wie gegenwärtige Inszenierungsweisen von zeitgenössischen wie ‚kanonischen’ Texten. Es ist bezogen auf das gegenwärtige Theater für Kinder, Jugendliche und Erwachsene

Literatur:

Barz, A.: Theater im Deutschunterricht […] In: Jahrbuch Medien im Deutschunterricht. München: kopaed, 2009.

Eiermann, A.: Postspektakuläres Theater […] Bielefeld: transcript, 2009.

Payrhuber, F.-J.: Das Drama in der Schule […] In: Theater und Schule. Ein Handbuch zur kulturellen Bildung. Bielefeld: transcript, 2009. 173–184.

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Stephan Hoffmann (Theater Junge Generation Dresden)

Schüler als Zuschauer – Beobachtungen und Überlegungen aus dem Alltag des Kinder- und Jugendtheaters

Die Inszenierung eines klassischen Stückes am Kinder- und Jugendtheater, ob „Faust“, „Emilia Galotti“ oder „Frühlingserwachen“, ist einer Vielzahl von Erwartungen und Vorurteilen ausgesetzt. Zwischen dem Anspruch auf Service für den Deutschunterricht und dem Beharren auf der Eigenständigkeit der Kunst können (theatrale) Welten liegen. Wie kann der schulische Besuch eines Theaters für alle Beteiligten (Schüler, Lehrer, Schauspieler, Regisseure, Theaterpädagogen, etc.) positiv erlebt werden? Was haben „das Theater“ und „die Schule“ einander zu bieten? Stephan Hoffmann war 2000 bis 2010 als Theaterpädagoge an den beiden größten deutschen Kinder- und Jugendtheatern, dem  „carrousel Theater an der Parkaue“ (Berlin) und dem „Theater Junge Generation“ (Dresden). Er berichtet aus der Praxis: von zahllosen Lehrerfortbildungen, missglückten Vermittlungsversuchen, produktiven Missverständnissen, seltenen Glücksmomenten und knapp verhinderten Schlägereien zwischen Zuschauern und Schauspielern.

Seit März 2010 ist er Referent für Kulturelle Bildung im Kulturamt der Landeshauptstadt Dresden.

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Jörg Holkenbrink (Universität Bremen)

Was Sie schon immer über Performance und Theater in der Lehre wissen wollten, aber bisher nicht zu fragen wagten. Eine Sprech-Stunde über Regiesprachen und Zuschauerkunst

In diesem Sektionsbeitrag geht es um die Entwicklung von Vorstellungen, wie eine sinnvolle Zusammenarbeit mit professionellen Theatermenschen in der Deutschdidaktik aussehen könnte, um im Unterricht folgende Lern- und Qualifikationsziele anzustreben:

  • Einübung der Fähigkeit, Regiesprachen zu verstehen (Inszenierungstypen, Dramaturgie), einschließlich experimenteller Formen der Theaterarbeit, die Raum, Bewegung, Zeitrhythmen, Klang als kompositorische Elemente benutzen
  • Einübung der Fähigkeit, einen veränderten Umgang mit der eigenen Wahrnehmung im zeitgenössischen Theater zu erproben
  • Einübung der Fähigkeit, Inszenierungen als Versuchsanordnungen zu begreifen und damit auch schöpferische Aspekte von Mehrdeutigkeit und Ungewissheit zu reflektieren
  • Einübung der Fähigkeit, die Produktivität der Fremdheit in der Begegnung mit theatralen Inszenierungen zu reflektieren

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Wolfgang Sting (Universität Hamburg)

Zur Vermittlung performativer Spiel- und Theaterformen in der Schule

Theaterpädagogische Vermittlung als didaktische Aufgabe stellt sich hier die Frage, welche Bedeutung künstlerische Formate und Verfahren der Performance für den Kontext „Theater und Schule“ haben und wie sie zu übersetzen sind. Grundlegende theaterpädagogische Überlegungen zur künstlerisch-praktischen Theaterarbeit in der Schule, insbesondere zu deren Produktionsästhetik, werden ergänzt durch Beispiele, wie performative Spielformen probiert, entwickelt und reflektiert werden können.

Literatur:

Klein, Gabriele/ Sting, Wolfgang (Hg.) (2005) Performance – Positionen zeitgenössischer szenischer Kunst. Bielefeld;

Liebau, Eckart/Klepacki, Leopold/Zirfas, Jörg (2009) Theatrale Bildung. Weinheim und München

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Stefan Krammer (Universität Wien)

Theater im Kopf. (Post)Dramatische Lese-Akte im Deutschunterricht

Die unterschiedlichen Konzepte im Umgang mit dem Theater, wie sie die Deutschdidaktik entwickelt hat, setzen insbesondere bei schul- und unterrichtsspezifischen Produktions- und Rezeptionssituationen an. Mein Beitrag möchte diese Diskussion aufgreifen und damit die Frage aufwerfen, welche theaterwissenschaftlichen Grundlagen nötig sind, um das Theater als Kunst für sich ästhetisch fassen zu können, sowohl in Abgrenzung zum szenischen Text als auch in produktiver Verschränkung mit diesem. Anhand von erprobten Unterrichtskonzepten (in Zusammenhang mit Arbeiten der Wiener Gruppe, von Thomas Bernhard und Elfriede Jelinek) soll demonstriert werden, wie SchülerInnen eine Lesefertigkeit für szenische Texte entwickeln können, die es ihnen ermöglicht, textliche Hinweise auf Bühnenrealisationen aufzuspüren und dabei einen plurimedialen Text entstehen zu lassen, der sich von den rein sprachlichen Kodes distanziert und theatrale Zeichen entstehen lässt. Der (post)dramatische Lese-Akt ist dann geglückt, wenn in der Fokussierung auf die Theatralität von Texten Theater im Kopf stattfinden kann.

Literatur:

Denk, Rudolf/Möbius, Thomas: Dramen- und Theaterdidaktik. Berlin: Schmidt Verlag 2008.

Lehmann, Hans-Thies: Postdramatisches Theater. Frankfurt/Main: Verlag der Autoren 1999.

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Hans Lösener (Universität Münster)

Den Körper in der Sprache entdecken. Schulische Theatererfahrung als sprachtheoretische Reflexion

Dramenlektüre und Theaterbesuch werden gewöhnlich als zwei Rezeptionsweisen des Dramatischen betrachtet, die so gut wie nichts miteinander gemein haben. Zugrunde liegt dieser Sicht eine strikte Trennung zwischen Lektüre und Inszenierung, die noch immer den schulischen Umgang mit Dramen dominiert. Diese Trennung ist zweifellos eine der wesentlichen Gründe für die vielfältigen Schwierigkeiten bei der Arbeit mit Dramentexten im Unterricht. Um sie zu überwinden, bedarf es einer Praxis des Lesens, die die theatrale Performativität des Textes realisiert, indem sie die Körperlichkeit der dramatischen Dialogizität erfahrbar macht. In dem geplanten Vortrag wird anhand verschiedener Unterrichtsbeispiele gezeigt, wie Schüler an die Gestaltung der Körperlichkeit des Sprechens in Dramentexten herangeführt werden können und diese erfahren und reflektieren können.

Literatur:

Lösener, Hans: Die intermediale Lektüre. Wege zur Inszenierung im Text. In: Marion Bönnighausen und Gabriela Paule (Hgg.): Theater intermedial. Schriftenreihe Jahrbuch Medien im Deutschunterricht. München 2009. S. 67–82.

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Marion Küster (HMT Rostock)

Theater ist Botschaft. Lass ich mich darauf ein, beglückt es mich mit Lebendigkeit – das gönne ich auch dir

Unter dem Titel „Die Schaubühne als eine moralische Anstalt betrachtet“ wurde Schillers Rede 1784 veröffentlicht.

Haben Schillers Forderungen nach einer moralischen, gesellschaftspolitischen und ästhetischen Anstalt und einer Schule praktischer Weisheit noch Gültigkeit?

In meinen Ausführungen möchte ich dieser Frage nachgehen und darüber nachdenken, wie Theater im Deutschunterricht zu verankern ist, damit Schüler zu begeisterten Nutzern dieser Quelle der Inspiration werden.

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Sektion 12: Fachliches Wissen und Literarisches Verstehen

Michael Steinmetz (Universität Jena)

Interpretationsbewertungen zwischen Qualität und Quantität

Verhältnismäßig lange schriftliche Interpretationsarbeiten werden von schulischen Korrektoren häufig mit überaus guten Noten honoriert. Auffällig ist, dass besonders die langen Texte von universitären Anschlusskorrektoren in der Regel deutlich schlechter bewertet werden; bei kurzen Texten kommen Bewertungsabweichungen in diesem Maß nicht vor. Hat die Textlänge in der Schule einen zu hohen Einfluss auf die Bewertung? Erhält dort Quantität gegenüber Qualität den Vorzug? Sehr lange Texte lassen sich oft als assoziative Aneinanderreihungen von mal beschreibenden, mal deutenden und mal wertenden Äußerungen (die der sequenziellen bzw. linearen Ordnung der zu untersuchenden Texte folgen) beschreiben. Diese Struktur aber konfligiert mit den für das Abitur verbindlichen Anforderungen, die sich in den EPA (2002) manifestieren. Diese Aspekte gilt es (im Vortrag) anhand von empirischen Befunden zu Abiturarbeiten aus dem Zentralabitur NRW 2007 zu veranschaulichen und zu prüfen.

Literatur:

EPA Deutsch (2002): Einheitliche Prüfungsanforderungen in der Abiturprüfung Deutsch. Beschluss der Kultusministerkonferenz vom 01.12.1989 i.d.F. vom 24.05.2002.

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Kaspar H. Spinner (Universität Augsburg)

Wie Fachwissen das literarische Verstehen stört und fördert

Wissen die Fachwissenschaftler(innen), was eine Metapher ist oder eine Parabel oder die Romantik? Sie streiten in unzähligen Abhandlungen über diese Begriffe, differenzieren sie aus und definieren sie um und so wird dieser Diskurs der Polyvalenz des Phänomens Literatur gerecht. Keine endgültige Definition – so könnte man sagen. Die Schülerinnen und Schüler aber sollen wissen und definieren können, was solche Begriffe bedeuten, und das hat oftmals verheerende Folgen für das literarische Verstehen. Und doch: Ohne (Vor)Wissen kann literarisches Verstehen nicht gelingen.

Welche Art von Fachwissen soll also im Literaturunterricht vermittelt werden? Im vorgesehenen Referat soll dies im Hinblick auf prozedurales/deklaratives und implizites/explizites Wissen erläutert werden. Als sinnvolle didaktische Perspektive wird vor allem das Lernen an Prototypen mit Bezug auf die theoretische Konzeption des mentalen Modells entwickelt.

Die Ausführungen werden sich auf alle Schulstufen von der Grundschule bis zur Sekundarstufe II beziehen.

Wissen die Fachwissenschaftler(innen), was eine Metapher ist oder eine Parabel oder die Romantik? Sie streiten in unzähligen Abhandlungen über diese Begriffe, differenzieren sie aus und definieren sie um und so wird ihr Diskurs dem Phänomen Literatur als polyvalenter Ausdrucksform gerecht. Keine endgültige Definition – so könnte man sagen. Die Schülerinnen und Schüler aber sollen wissen und definieren können, was solche Begriffe bedeuten, und das hat oftmals verheerende Folgen für das literarische Verstehen. Und doch: Ohne (Vor)Wissen kann literarisches Verstehen nicht gelingen.

Welche Art von Fachwissen soll also im Literaturunterricht vermittelt werden? Im vorgesehenen Referat soll dies im Hinblick auf prozedurales/deklaratives und implizites/explizites Wissen erläutert werden. Als sinnvolle didaktische Perspektive wird vor allem das Lernen an Prototypen mit Bezug auf die theoretische Konzeption des mentalen Modells entwickelt.

Die Ausführungen werden sich auf alle Schulstufen von der Grundschule bis zur Sekundarstufe II beziehen.

Literatur:

Knopf, Julia (2009): Literaturbegegnung in der Schule. München

Meissner, Almuth (2010): Domänenspezifisches Vorwissen und literarisches Verstehen. Erste Ergebnisse einer qualitativ-empirischen Studie zur Interpretation von Lyrik. In: Abraham, Ulf u.a. (Hg.): Poetisches Verstehen. Baltmannsweiler, S. 133–147

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Daniela A. Frickel (Universität Bochum)

Die Bedeutung deklarativen Wissens für literarisches Verstehen – Tieferes Verstehen Kleiner Prosa durch Gattungswissen?

Literarisches Gattungswissen gehört, so Eggert, „zum praktischen Lehrkanon eines Literaturunterrichts, der auf gesteigerte Komplexität literarischer Werke vorbereiten und zur Teilhabe an literarischer Kultur befähigen soll.“ (Eggert 2002, S. 188) An diesen Befund knüpft die Frage dieses Vortrags an, ob und wie Gattungswissen tieferes Verstehen von Texten befördern kann. – Erörtert wird dies am Beispiel Kleiner Prosa als einem traditionellen Gegenstand des Deutschunterrichts, der aufgrund einer Poetik der Verdichtung und der Auseinandersetzung mit Gattungstraditionen besondere Herausforderung an den Rezipienten stellt. Um verstehensfördernde Lernarrangements konzipieren zu können, so die These, bedarf es einer eingehenden Analyse der spezifischen Textschwierigkeit (vgl. Rupp 2010, S. 112), wobei insb. auch die Bedeutung von Gattungswissen für das Verstehen zu gewichten ist. – Neben einer Analyse der Darstellung Kleiner Prosa in Lehrwerken sowie der dazugehörigen Aufgaben soll in diesem Vortrag ein neuer gattungs-theoretischer Ansatz mit daraus ableitbaren didaktischen Konsequenzen für die Gegenstandswahl und Aufgabenkonstruktion vorgestellt werden.

Literatur:

Eggert, H.: Literarische Texte und ihre Anforderungen an die Lesekompetenz. In: N. Groeben/B. Hurrelmann (Hg.): Lesekompetenz. Bedingungen, Dimensionen, Funktionen. Weinheim: Juventa 2002, S. 186–194

Rupp, G.: Textseitige Einflussfaktoren auf die Leseleistung. In: N. Hinrichs/A. Limburg (Hg.): Gedankenstriche – Reflexionen über Sprache als Ressource. Tübingen: Stauffenberg 2010, S. 111–127,

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Tatjana Jesch (PH Freiburg)

Aktuelles Fachwissen zur narrativen Perspektive und sein Ertrag für den Literaturunterricht

Aktuelles Fachwissen zur narrativen Perspektive und sein Ertrag für den Literaturunterricht

Der Vortrag beschreibt zunächst Phänomene der narratorialen und figuralen Perspektivierung gemäß den Erkenntnissen der strukturalen und kognitiven Narratologie. Sodann sollen die Verstehensleistungen, welche die Perspektivgebung den Lesenden abverlangt, als Teilkompetenz des Literaturverstehens nachgezeichnet werden.

Im Anschluss an diese Kompetenzbestimmung stellt sich die Frage nach der Messbarkeit des Perspektivverstehens, bei deren positiver Beantwortung es für den Literaturunterricht empirische Instrumente der spezifischen Kompetenzdiagnostik und Unterrichtsevaluation zu entwickeln gälte.

Mit dem Ziel einer – letztlich empirischer Evaluation unterliegenden – Förderung der Perspektiverfassung sollen abschließend zielgerichtete Lesestrategien für den Literaturunterricht vorgeschlagen und zur Diskussion gestellt werden.

Literatur:

Point of View, Perspective, and Focalization. Modeling Mediation in Narrative. Hg. von Peter Hühn u.a. Berlin: de Gruyter 2009.

New Perspectives on Narrative Perspective. Hg. von Willie van Peer u. Seymour Chatman. Albany: State University of New York Press 2001.

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Tobias Stark (Universität Hamburg)

Zum Perspektivenverstehen und zum Umgang mit Fiktionalität beim literarischen Verstehen. Ausgewählte Ergebnisse einer qualitativen empirischen Untersuchung

In Leseprozessuntersuchungen mit modifizierten Lautdenkprotokollen und retrospektiven Interviews konnten Daten generiert werden, mit denen sich u.a. individuelles Perspektivenverstehen in konkreten Rezeptionssituationen rekonstruieren lässt. An ausgewählten Beispielen soll gezeigt werden, wie Schüler/innen im Rahmen kohärenzetablierender Prozesse beim Textverstehen zu erschließen versuchen, wer im Text jeweils spricht, wer denkt, wer wahrnimmt, wer was und wie viel weiß und ob es Autor- und/oder Textintentionen gibt und ggf. welche das sein könnten. Dabei lässt sich beobachten, dass das Perspektivenverstehen auch vom jeweiligen Fiktionalitätsbewusstsein und vom „Umgang mit Fiktionalität“ abhängt.

Im Anschluss folgen konzeptionelle Überlegungen, wie solche Momente der „problemlöseorientierten“ Auseinandersetzung mit der Erzählperspektive beim Textverstehen im Unterricht initiiert und produktiv nutzbar gemacht werden können.

Literatur:

Grzesik, Jürgen (2005): Texte verstehen lernen. Neurobiologie und Psychologie der Entwicklung von Lesekompetenz durch den Erwerb von textverstehenden Operationen. Münster: Waxmann.

Leubner, Martin/ Saupe, Anja (2006): Erzählungen in Literatur und Medien und ihre Didaktik. Balltmannsweiler: Schneider Hohengehren.

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Jessica Gahn (Universität Frankfurt)

Literarisches Verstehen als kognitiver Prozess – eine qualitativ-empirische Studie anhand von die Kohärenzetablierung erschwerenden Texten

Die qualitativ-empirische Studie, die vorgestellt werden soll, untersucht literarästhetische Verstehensleistungen von Gymnasiasten mittels lauten Denkens anhand von solchen literarischen Texten, die die Kohärenzetablierung erschweren und zu Irritation führen, weil sie bspw. einander widersprechende Einzeldeutungen erfordern. Das Verstehen der Schülerinnen und Schüler soll anhand eines kognitionswissenschaftlich orientierten Rasters (nach Jürgen Grzesik et al., 1982), das den theoretischen Bezugsrahmen der Überlegungen darstellt, abgebildet werden. Das zugrundegelegte Modell bietet für die Zwecke der Untersuchung einen entscheidenden Vorteil: Die Textverstehensleistungen der Schülerinnen und Schüler können mittels dieser theoretischen Grundlage differenziert auf verschiedenen Ebenen kategorisiert und eingeordnet werden. Im Vortrag wird die Anlage des Dissertationsprojektes vorgestellt; anhand eines Fallbeispiels wird aufgezeigt, wie die beschriebene „poetische Verstehenshürde“ von jugendlichen Rezipienten genommen wird, indem die Verstehensleistungen modellhaft dargestellt werden.

Literatur:

Grzesik, Jürgen; Fleischhauer, Peter; Meder, Norbert (1982): Interaktions- und Leistungstypen im Literarturunterricht. Opladen: Westdeutscher Verlag.

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Wiebke Dannecker (Universität Hannover)

„Jeder liest nicht gleich zwischen den Zeilen“ – Einblicke in eine empirische Untersuchung zum Reflektieren und Bewerten von literarischen Texten

Zwar liegen einzelne Ansätze zur theoretischen Konzeption eines Kompetenzmodells für das literarische Lesen vor, doch die empirisch fundierte Modellierung eines Kompetenzmodells literarischen Verstehens in seiner ganzen Komplexität steht bislang noch aus.

Im Rahmen einer im qualitativen Forschungsparadigma verorteten empirischen Untersuchung wurde erforscht, wie Schülerinnen und Schüler der Sekundarstufe II die Reflexion und die Bewertung eines Prosatextes bewältigen. Anhand einer Rekonstruktion von Fallbeispielen soll aufgezeigt werden, wie sich die Prozesse der Aneignung und Reflexion literarischer Texte vollziehen und wie diese im Lernkontext unterstützend begleitet werden können.

Der Vortrag gibt sowohl Einblicke in die theoretisch-konzeptionellen Annahmen zum Reflektieren und Bewerten literarischer Texte als auch in exemplarisch ausgewählte Fallrekonstruktionen.

Literatur:

Dannecker, W.: Eigentlich ist es schön zu lesen, nur es ist etwas irritierend“ – Zur Frage der Operationalisierbarkeit literarischen Verstehens. In: Empirische Forschung – Konzepte und Perspektiven. Hrsg. v. C. Lütge, A. I. Kollenrott, u.a. (Fremdsprachendidaktik inhalts- und lernerorientiert, Bd. 16). Frankfurt: Lang 2009. (S. 121–133)

Kämper-van den Boogaart, M. u. Pieper, I. Literarisches Lesen. In: Didaktik Deutsch Sonderheft 2008. (S. 46–65)

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Almuth Meissner (HU Berlin)

Formen von verstehensförderlichem Wissen und ihre Funktionalisierung bei der Interpretation von Lyrik in der gymnasialen Oberstufe

Die in der EPA Deutsch (2002) formulierte Forderung, Schüler/innen sollten über ein „verlässliches und vernetztes literatur-, geistes- und kulturgeschichtliches Orientierungswissen“ sowie eine „fundierte Verstehens[…]kompetenz“ (3) verfügen, wirft die Frage auf, was dies für die Rezeption literarischer Texte durch Schüler/innen der gymnasialen Oberstufe konkret bedeutet. Die qualitativ-empirische Studie will beschreiben, über welches für die literarisch-ästhetische Deutung eines Gedichts der Gegenwartslyrik notwendige – spezifisch literarische wie strategische – Vorwissen Schüler/innen der gymnasialen Oberstufe verfügen und inwiefern sie dieses in den Interpretationsprozess einbringen. Die Verbaldaten werden mithilfe einer Kombination aus Lautem-Denken-Protokoll, einer Aufgabe zur retrospektiven Rekonstruktion der kognitiven Prozesse sowie einem leitfadengestützen Interview zu (Wissens-)Vorraussetzungen der Proband/innen individuell erhoben. Die Ergebnisse der qualitativen Auswertung der so erhobenen Daten werden mit Blick auf die Anforderungen eines gelingenden literarisch-ästhetischen Verstehensprozesses diskutiert.

Literatur:

Kämper-van den Boogaart, Michael/Pieper, Irene (2008): Literarisches Lesen. In: Didaktik Deutsch Sonderheft, 46–65.

Peskin, Joan (1998): Constructing Meaning When Reading Poetry. An Expert-Novice Study. In: Cognition and Instruction 16.3, 235–63.

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Ricarda Freudenberg (Universität Jena)

Verstehenshilfe oder Hindernis? Der Einfluss domänenspezifischen Vorwissens auf das Erschließen literarischer Texte

Der Vortrag wird Forschungsergebnisse aus einer qualitativ-empirischen Studie vorstellen, die Abiturklausuren auf die Qualität der Anwendung domänenspezifischen Wissens zur Erschließung und zum Vergleich zweier Sonette von Hoffmannswaldau und Brecht hin untersuchte. Die leitende Frage war, welches Vorwissen den Prüflingen beim Verstehen insbesondere des Barocksonetts hilfreich war. Dass die Abiturient/innen mehrheitlich den Text nicht verstanden haben, ist sowohl auf die Güte des Vorwissens als auch auf die mangelnde Kompetenz, es flexibel zu nutzen, zurückzuführen. Daher wurde in einer vergleichenden Studie mit Zehntklässler/innen danach gefragt, ob das Verstehen des Sonetts eher gelänge, wenn die Leser/innen über kein spezifisches Vorwissen verfügen. Der Vortrag wird die Befunde beider Studien im Bezug zueinander diskutieren. Gleichzeitig will er Optionen aufzeigen, wie Literaturunterricht dazu beitragen kann, dass Schüler/innen mehr Gewinn aus den mannigfachen domänenspezifischen Wissensbeständen, die vor allem in der Kursstufe erworben werden, für das Verstehen literarischer Texte beziehen können – wie also intelligentes Wissen kumuliert werden kann.

Literatur:

Köster, J. (2008): Kompetenzerwerb und Wissensnutzung im Literaturunterricht. Vortrag auf dem Landesfachtag Deutsch in Kiel am 19.4.2008. Zugänglich via: www.didaktikdeutsch.de/vortraege/Kompetenzerwerb%20und%20Wissensnutzung.pdf

Winkler, I. (2007): Welches Wissen fördert das Verstehen literarischer Texte? Zur Frage der Modellierung literarischen Wissens für den Deutschunterricht. In: Didaktik Deutsch. H. 22, 13. Jg., S. 71–88.

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Jörn Brüggemann (Universität Erlangen-Nürnberg)

(Kultur-)historisches Wissen als Komponente von literarästhetischer Textverstehenskompetenz

Die Geschichte des Deutschunterrichts enthält eine Vielzahl misslicher Versuche, historisches Orientierungswissen interpretierend auf literarische Texte zu beziehen (vgl. Nutz 1997, Brüggemann 2008). Angesichts dieses Problems stellt sich die Frage, welche Rolle die Aneignung historischer Wissensbestände bei der Ausbildung literarästhetischer Verstehenskompetenz spielen soll. Im Sektionsbeitrag werden Ansätze zur theoretischen Fundierung dieses Verhältnisses vorgestellt und erörtert. Auf der Basis eines diskursgeschichtlichen Rückblicks werden didaktische Leerstellen in der literaturdidaktische Theoriebildung skizziert, die die Wertigkeit der Literaturrezeption betreffen. Vor diesem Hintergrund wird der Wert jüngerer Vorschläge zur Profilierung eines kulturhistorischen Literaturunterrichts zu messen sein. Damit treten auch Perspektiven in den Blick, die die motivationalen Grundlagen des Literaturunterrichts betreffen.  Ergänzt werden diese durch empirische Perspektiven, die die Erhärtung der These betreffen, dass die literaturspezifische Dialektik von Verstrickung und Distanz besser gelinge, wenn ein historisches Vorwissen aufgebaut wird.

Literatur:

Nutz, Maximilian: Historisches Verstehen durch Literaturgeschichte? Plädoyer für eine reflektierte Erinnerungsarbeit. In: Didaktik Deutsch 3, H. 2 (1997). S. 35–53.

Brüggemann, Jörn: Literarizität und Geschichte als literaturdidaktisches Problem. Eine Studie am Beispiel des Mittelalters. Frankfurt/M.

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Volker Frederking, Christel Meier & Thorsten Roick (Universität Erlangen-Nürnberg)

Literarästhetische Verstehenskompetenz und Fachwissen. Möglichkeiten und Probleme domänenspezifischer Kompetenzforschung

Die theoretische Modellierung und empirische Erforschung literarästhetischer Textverstehenskompetenz steht im Zentrum eines Forschungsprojekts, das Teil des DFG-Schwerpunktprogramms 1293 „Kompetenzmodelle zur Erfassung individueller Lernergebnisse und zur Bilanzierung von Bildungsprozessen“ ist. Im Vortrag sollen zum einen die literaturwissenschaftlichen und literaturdidaktischen Grundlagen des Projekts sowie empirische Befunde vorgestellt werden, zum anderen sollen Fragen des fachlichen (Vor-)Wissens besondere Berücksichtigung finden. Während dessen Bedeutung für literarische Verstehensprozesse in literaturdidaktischer wie kompetenztheoretischer Hinsicht (mittlerweile wieder) relativ unstrittig zu sein scheint, sind damit in empirischer Hinsicht spezifische Probleme verbunden. Diese sollen exemplarisch aufgezeigt und Lösungsansätze erörtert werden.

Literatur:

Frederking, V. et al. (2009): Literarästhetische Urteilskompetenz erfassen. In: Bertschi-Kaufmann, A. /Rosebrock, C. (Hg.): Literalität: Bildungsaufgabe und Forschungsfeld. Weinheim/München: Juventa. S. 165–180

Frederking, V. (im Druck): Modellierung literarischer Rezeptionskompetenz. In: Spinner, K. H./ Kämper-van den Boogaart, M.: Lese- und Literaturunterricht I. (Reihe: Deutschunterricht in Theorie und Praxis, Bd. IX). Baltmannsweiler: Schneider.

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Sektion 13: Grammatik: Curriculum und Terminologie

Ludger Hoffmann (Dortmund)

Zwischen wissenschaftlicher Grammatik und Schulgrammatik: die Terminologie

Der Vortrag behandelt das Thema im Rahmen einer Konzeption des funktionalen Grammatikunterrichts, die pragmatisch fundiert ist. Den Hintergrund bilden Annahmen zum Verhältnis von wissenschaftlicher Grammatik und Schulgrammatik. Eine angemessene Terminologie in der Wissenschaft ist theoretisch fundiert und erfasst die Phänomene trennscharf und vollständig. Kann in der Schule ein leistungsfähiges System schrittweise aufgebaut werden, das für Unterrichtsziele wie Ausbau des Sprachbewusstseins, Verstehen, Formulieren, Schriftzugang genutzt werden kann und wissenschaftspropädeutisch als anschlussfähig betrachtet werden kann? Oder muss sich Grammatikunterricht mit ‚Arbeitsbegriffen’ begnügen? Welche Konsequenzen hat es, wenn der Unterricht Mehrsprachigkeit einbezieht und Sprachvergleiche vorsieht?

Literatur:

Hoffmann, Ludger: (2006) Funktionaler Grammatikunterricht. In: Becker, Tabea/Peschel, Corinna (Hrg.) Gesteuerter und ungesteuerter Grammatikunterricht. Hohengehren: Schneider, 20–45

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Anne Berkemeier (PH Heidelberg)

Plädoyer für eine funktional-pragmatische Ausrichtung des Grammatikunterrichts

Nicht zufällig werden systematischer, integrierter und funktionaler Grammatikunterricht noch immer diskutiert. Man ist sich einig, dass es ohne Systematik nicht geht, Grammatikunterricht jedoch auch Kompetenzentwicklung unterstützen soll, ohne dass aber inzwischen ein befriedigendes Gesamtkonzept vorläge. Will man sowohl die Funktionalität sprachlicher Mittel und Formen als auch neben der geschriebenen Sprache die gesprochene berücksichtigen, stehen nicht viele Referenzgrammatiken zur Verfügung. Hoffmann (2006) verbindet als Grammatiker aus funktional-pragmatischer Perspektive in seinen didaktischen Vorschlägen vornehmlich Systematik und Funktionalität, wobei er integrative Aspekte bisher eher andeutet. Ein didaktischer Blick von den sprachlichen Kompetenzen Lesen, Schreiben, Sprechen und Hören aus würde solche integrativen Aspekte in den Vordergrund rücken und wäre evtl. dennoch mit den von Hoffmann vorgeschlagenen systematisch ausgerichteten „didaktischen Pfaden“ vereinbar. Anhand von Beispielen soll im Vortrag die Anwendbarkeit funktional-pragmatischen Wissens auf Schreib-, Lese-, Sprech- und Hörprozesse verdeutlicht werden.

Literatur:

Hoffmann, Ludger (2006): Funktionaler Grammatikunterricht. In: Becker, T./Peschel, C. (Hgg.): Gesteuerter und ungesteuerter Grammatikunterricht. Hohengehren: Schneider. 20–45.

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Hubert Ivo (Universität Frankfurt)

Die traditionelle Schulgrammatik

Anmerkungen zur Existenzform von Schulgrammatik

Aspekte

  • Grammatik in Schule; Grammatik in Wissenschaft – Anmerkungen zur rechten Reihenfolge.
  • Grammtische Begriffe; grammatische Terminologie – Anmerkungen zur unkalkulierten Durchlässigkeit und zum geregelten Grenzverkehr, wenn Sprache thematisiert werden soll.
    Oder: Etymologische Annäherungen und "Gewalttaten des Verstandes" (Kant) im Reden über Sprache.
  • Grammatik: Zentrum der Bildung oder „zur Entsorgung“ freigegeben? Anmerkungen zu einem möglichen Beitrag der Sprachdidaktik zur pädagogischen Anthropologie.

Literatur:

Ursula Weber: Kleine Geschichte der Sprachwissenschaft. Tübingen (Narr) 2003.

Rudolf und Ursula Hoberg: Der kleine DUDEN. Deutsche Grammatik. Mannheim (Dudenverlag) 1988.

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Thomas Lischeid (Universität Bochum)

Grammatik und Textverstehen als konzeptionelles Problem der Fachdidaktik

Während die aktuelle Kompetenzorientierung die beteiligten Wissenschaften dazu tendieren lässt, einzelne Aufgabenfelder des Deutschunterrichts als je isolierte „Domänen“ zu betrachten, wird zugleich und insbesondere mit Blick auf den Grammatikunterricht das fachdidaktische Prinzip der „Integration“ von Lernbereichen aufrecht erhalten. Nimmt man diese Lagebeschreibung ernst, so steht damit die Fachdidaktik vor der doppelten Herausforderung, die Kompetenzmodellierung einzelner Aufgabenfelder um eine jeweils integrative Perspektive zu erweitern. Welche Möglichkeiten und Probleme eine solche Herangehensweise zum Nutzen sich wechselseitig fördernder Lern- und Kompetenzeffekte besitzt, soll im Vortrag exemplarisch anhand der Verbindung von Grammatik und Text- bzw. Literaturverstehen ausgelotet werden.

Literatur:

Peter Klotz: Grammatikdidaktik – auf dem Prüfstand. In: Klaus-Michael Köpcke/Arne Ziegler (Hgg.): Grammatik in der Universität und für die Schule. Theorie, Empirie und Modellbildung. Tübingen

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Christoph Müller (Universität Kassel)

Gefrorene Sprache zum Fließen bringen – Grammatische Impulse für eine neue Aufgabenkultur im Bereich schulischer Textproduktion

Grammatik als gefrorene Stilistik anzusehen, dieses Denkbild stammt von Leo Spitzer. Ziel des Beitrags ist es, ausgehend von diesem Ansatz die Interdependenzen zwischen Grammatikwissen und schriftsprachlicher Kompetenz aus einer veränderten Perspektive wahrzunehmen und daraus Konturen für eine veränderte Aufgabenkultur zu entwickeln.

Es soll gezeigt werden, dass der bewusste Umgang mit grammatischen Strukturen zum bewussten stilistischen Einsatz sprachlicher Mittel anregen, also das Gefrorene wieder zum Fließen bringen kann.

Zwar bieten aktuelle Unterrichtsmaterialien zur Genüge Aufgaben, in denen grammatische Muster bei der Textproduktion erprobt und eingeübt werden  sollen, doch halten diese Anwendungsaufgaben kaum einer kritischen didaktischen Analyse stand, speziell aus Sicht der Schreibdidaktik. Vor dem Hintergrund dieser Defizit-Analyse werden Leitlinien für Aufgabenformate entworfen, die eine schlüssige Verbindung zwischen Grammatik und stilistischer Textgestaltung vorzeichnen. Die Ergebnisse einer empirischen Erprobung solcher Aufgaben werden abschließend zur Diskussion gestellt.

Literatur:

Wilhelm Köller. Stil und Grammatik. In: Ulla Fix u.a. (Hrsg.): Rhetorik und Stilistik. Berlin, New York 2009, S. 1210–1230

Harald Fricke, Rüdiger Zymner. Einübung in die Literaturwissenschaft. 2., durchgesehene Auflage.

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Janet Spreckels (PH Freiburg)

„n objekt is also des is SCHWER zu erklären“ – Eine empirische Untersuchung von Erklärungen im Grammatikunterricht

Im Vorwort des Sammelbandes „Wege und Irrwege sprachlich-grammatischer Sozialisation“ schreiben die HerausgeberInnen: „Es war und ist also an der Zeit, den alten Anlauf immer wieder neu zu machen“ (Klotz/ Peyer 1999: 6). Seit dem „neuen alten Anlauf“ sind mittlerweile wieder mehr als zehn Jahre vergangen. Im Vortrag wird mittels einer aktuellen Fallstudie untersucht, inwiefern sich die schulische Unterrichtspraxis im Hinblick auf den Grammatikunterricht geändert hat. Die empirische Datenbasis bildet ein Videokorpus von Grammatikstunden in 3. und 4. Grundschulklassen (aus den Jahren 2007-2009). Die dabei auftretenden Probleme, die nicht zuletzt auch mit der verwendeten Terminologie zusammenhängen, werden im Vortrag exemplarisch anhand der Satzglieder dargestellt. Alle SchülerInnen und Lehrerinnen wurden zusätzlich per Fragebogen zu verschiedenen Aspekten des Themas Grammatik befragt (deklaratives, prozedurales Wissens, Einstellungen). Diese Daten ergänzen die Videodaten und fließen in die Analyse ein. Da die Aspekte „Wissen, Bewusstheit und Erklärung“ unmittelbar miteinander zusammen hängen (Ossner 2007: 223), liegt ein Fokus der empirischen Untersuchung auf der Frage, inwieweit Erklärungen, sowohl von Lehrerinnen als auch von SchülerInnen, im Grammatikunterricht eine Rolle spielen und wie sich diese gestalten.

Literatur:

Klotz, Peter/ Peyer, Ann (Hrsg.) (1999): Wege und Irrwege sprachlich-grammatischer Sozialisation. Bestandsaufnahme, Reflexionen, Impulse, Schneider-Verlag Hohengehren.

Ossner, Jakob (2007): „Wissen, System und Erklärungskompetenz in der Sprachthematisierung“. In: Gailberger, Steffen & Krelle, Michael (Hrsg.): Kompetenz und Wissen. Entwicklungslinien und Kontinuitäten in Deutschdidaktik und Deutschunterricht. Baltmannsweiler: Schneider, 211–227.

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Hildegard Gornik (Universität Hildesheim)

Funktionale Modellierung der Partikel im Deutschunterricht

Von den unflektierten Wörtern werden im Deutschunterricht üblicherweise Präpositionen, Konjunktionen und Adverbien thematisiert. Alle anderen werden ausgespart. Dass dies so ist, mag den Grund haben, dass die KMK-Liste nur diese vorsieht, oder auch den, dass Elemente, die für die Mündlichkeit charakteristisch sind, im Grammatikunterricht traditionell keinen Platz haben. Dafür sie einzubeziehen, spricht allerdings nicht nur ihr Stellen­wert auch in der Schriftlichkeit, sondern der pragma­tische Blick auf Sprache, der sich durch sie eröffnet: Mit Modalpartikeln rekurrieren  Sprecher wie Schrei­­ber z. B. auf gemeinsames Wissen, geteilte Erwartungen oder geben mit Gradpar­tikeln den Stellen­wert von etwas im Vergleich zu anderem an. Partikeln zeigen par excellence, dass Sprache nicht allein als ein formales System beschreibbar ist, sondern jedes einzelne sprachliche Elemente zur Kommuni­kation beiträgt. Partikeln in der Schulgrammatik zu berücksichtigen, heißt, diese pragmatische Dimension zu betonen. Dass das einzelne sprachliche Element unterschiedliche Aufgaben übernehmen kann, macht den Gegenstand für Schülerinnen und Schüler nur interessanter.

Literatur:

Weydt, Harald: Abtönungspartikel. Bad Homburg v.d.H. 1969

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Matthias Granzow-Emden (Universität Potsdam)

Das Normale und das Besondere: Markiertheit als sprachliches Prinzip

  • Sprachstrukturen werden in der Schule regelfixiert dargestellt. Die dabei zugrunde liegende Sprachtheorie hat mit Sprache in Texten wenig zu tun.
  • Sprachliche Formen folgen nicht Regeln, sondern Mustern. Das Einhalten solcher Muster ist sprachökonomisch sinnvoll. Ein Abweichen von Mustern erfordert besondere Anstrengungen beim Verstehen.
  • Diese Anstrengungen führen zu erhöhter Aufmerksamkeit. Dieses Aufmerksamkeitspotential wird bei der Sprachproduktion mehr oder weniger bewusst genutzt.
  • Das ursprüngliche Muster erscheint den Sprachnutzern als normal; die Abweichung kann zu einem markierten Muster werden.
  • Auch markierte Formen können sich ihrerseits abnutzen und zusätzliche Markierungen erhalten. Dabei erhöht sich die Komplexität einer Sprache, der Vereinfachungstendenzen an anderen Stellen entgegenstehen.
  • Das Nachdenken über Sprache an den Schulen müsste von sprachlichen Mustern ausgehen, denen mit markierten Formen Musterabweichungen entgegenstehen, die funktional sind. Diese Funktionalität gilt es zu erfassen.

Literatur:

Ehlich, Konrad (1996): Funktional-pragmatische Kommunikationsanalyse. Ziele und Verfahren, in: Ludger Hoffmann (Hrsg.): Sprachwissenschaft. Ein Reader. Berlin, New York: de Gruyter, S.183–201 (Abdruck des 1986 erschienenen Beitrags)

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Florian Melzer (PH Heidelberg)

Direktes Umgehen mit syntaktischen Strukturen. Ein Unterrichtsansatz für die Sekundarstufe

Grammatisches Wissen bedarf der Stützung durch klassifikatorische Terminologien. Gleichzeitig zeigt die Erfahrung, dass Schülerinnen und Schüler immer wieder gerade durch schulgrammatische Taxonomien und die zu ihnen gehörenden Klassifikationskriterien auf eine falsche Fährte gelockt werden. Das grammatische Wissen, wie sie es in der Schule kennen lernen, droht in diesem Fall die Beziehung zu verlieren zu dem sprachlichen Wissen, welches sie unabhängig von schulgrammatischen Klassifikationen bereits mitbringen. 

In diesem Beitrag wird ein Unterrichtsansatz für die Sekundarstufe zur Diskussion gestellt, der Schülerinnen und Schülern unmittelbar mit grammatischen Problemstellungen konfrontiert und es ihnen ermöglicht, sich damit direkt und unter Verwendung selbst gewählter Terminologie auseinanderzusetzen. Den Hintergrund bildet die Hypothese, dass der Grammatikunterricht dann wirksam für die Entwicklung schriftsprachlicher Fähigkeiten sein kann, wenn die Lernenden in ihm mit syntaktischen Strukturen ähnlich umgehen, wie sie es beim Lesen und Schreiben selbst tun.

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Ulrich Mehlem (Universität Bielefeld)

Sprachvergleich und Grammatikreflexion in der Schule – nur für den Unterricht mit Migrantenkindern?

Am Beispiel der Behandlung von Orts- und Richtungsadverbialen soll ein vernachlässigter Bereich der Kasusdidaktik in der Grundschule thematisiert werden. Dazu wird zunächst in die Besonderheiten der Wechselpräpositionen im Deutschen im Kontrast mit dem Türkischen und dem Russischen eingeführt. Im zweiten Schritt werden unterschiedliche Lehrwerke der 4. Jahrgangsstufe und der Sekundarstufe I in ihrer Behandlung des Themas kritisch durchleuchtet und Materialien gegenübergestellt, die speziell für Schüler mit Migrationshintergrund entwickelt wurden. Es folgt eine exemplarische Stundenanalyse aus einer 7. Gesamtschulklasse u. a. mit Schülern türkischer L1, in der das Thema in der Form eines expliziten Grammatikunterrichts angegangen wurde. Im Ausblick werden Methoden sprachkontrastiven Arbeitens im Lehramtsstudium angesprochen.

Literatur:

Grießhaber, W. (1999): Die relationierende Prozedur. Zur Grammatik und Pragmatik lokaler Präpositionen und ihrer Verwendung durch türkische Deutschlerner. Münster

Mehlem, U.(2004): Kasusmarkierungen in Verschriftungen mündlicher Nacherzählungen bei marokkanischen Migrantenkindern, in: Siebert-Ott et al. (Hg.): Schrifterwerb und Orthographie. Hohengehren, S. 162-188

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Johannes Vollmer (Universität Osnabrück)

Funktional-pragmatische Grammatik im Fremdsprachenunterricht

Ziel meines Beitrags ist es, die Notwendigkeit einer gemeinsamen Grammatik –Terminologie für alle Sprachen im Rahmen einer funktional-pragmatischen Zugangsweise aufzuzeigen, weil nur so die Selbständigkeit von Lernern und die Entwicklung von Mehrsprachigkeit befördert werden kann.

Seit der kommunikativen Wende innerhalb der Fremdsprachendidaktik sind die Lernbereiche Grammatik, aber auch Wortschatz, Aussprache und Rechtschreibung zunehmend in eine dienende Rolle versetzt und zu „sprachlichen Mitteln“ bei der Realisierung von Kommunikationsakten degradiert worden. Dies ist auch in den Bildungsstandards der KMK für die erste Fremdsprache Englisch/Französisch der Fall sowie in allen modernen Lehrwerken. Ein eigenständiges Grammatik-Curriculum gibt es nicht mehr, wohl aber ein Verständnis von textgebundenem Sprachgebrauch in Situationen mit einer (scheinbaren) Offenheit in der Terminologie.

Daneben ist das Konzept der Sprachbewusstheit (kognitive Rückbesinnung) sowie der Mehrsprachigkeit (Interkomprehension) als Ziel allen Sprachenlernens bestimmend für das Verhältnis von Grammatik u. Kommunikation.

Literatur:

Gnutzmann, Claus (2001): „Das geht doch nicht, oder?“ – Grammatik für Lehrende. In Börner, W. & Vogel, K. (Hrsg.), Grammatik lehren und lernen. Bochum: AKS, 1–26.

Nold, Günter & Rossa, Henning (2007): Sprachbewusstheit. In: Beck, B. & Klieme, E. (Hrsg.), Sprachliche Kompetenzen. Konzepte und Messung. DESI-Studie. Weinheim: Beltz, 226–244.

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Mathilde Hennig (Universität Gießen)

Grammatische Terminologie und Operationalisierung. Vorschläge zur Begriffsbildung im Deutschunterricht

Grammatik wird im schulischen Deutschunterricht i.d.R. als ein deklarativer Wissensbestand bzw. als ein geschlossenes, im Rahmen der curricularen Vorgaben erlernbares System vermittelt. Eine nicht zu unterschätzende Rolle spielt dabei die Kanonisierung grammatischer Termini durch das „Verzeichnis grundlegender grammatischer Fachausdrücke“ der KMK von 1982, das nach wie vor gültig ist und reinen Listencharakter hat. Bei einer Überarbeitung des Verzeichnisses sollte es deshalb nicht nur um eine Aktualisierung der Termini gehen, sondern es sollte gleichzeitig überlegt werden, wie vermittelt werden kann, dass die grammatische Begriffsbildung im Mittelpunkt des Grammatikunterrichts stehen sollte und dass die grammatischen Termini reine am Ende des Begriffsbildungsprozesses stehende Etikettierungen sind, die als solche nicht den Ausgangspunkt des Grammatikunterrichts bilden sollten. Eine aktualisierte Terminiliste sollte deshalb Problemlöseverfahren angeben, die den Weg zum grammatischen Begriff ebnen sollen.

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Elvira Topalovic (Universität Paderborn)

Grammatik in der Grundschule: Was sollten Schüler/innen können, was Lehrer/innen wissen?

Als einen „der vielleicht schwerwiegendsten Irrtümer der Sprachdidaktik und damit auch der Modellierung der Sprachbetrachtung in der und für die Schule“ nennt Bredel (2007, 98) das Auf-den-Kopf-Stellen des Ryle’schen Verhältnisses von knowing that und knowing how: Über Regelwissen sollen Schüler/innen zum regelgerechten Sprachkönnen geführt werden. Dass es sich bei der Unterscheidung von Wissensarten wohl eher um eine begrifflich-theoretische Konstruktion handelt, steht außer Frage – auch, dass Wissen und Können sowohl für Lehrer/innen als auch Schüler/innen gleichermaßen gelten (vgl. Ossner 2008). Eine schulische Fokussierung auf reines Faktenwissen, etwa auf das Kennen und Verwenden grundlegender grammatischer Fachbegriffe in der Primarstufe, sorgt allerdings seit Jahrzehnten für Diskussionen. Ausgehend von der KMK-Liste von 1982, der neu formulierten, outputorientierten Bildungsstandards und Ansätzen zur Professionalisierung von Lehrer/innen soll das Selbstverständnis eines Grammatikunterrichts in der Grundschule diskutiert werden, in dem es nicht nur um Begriffsbildung und Kategorien, sondern eben auch um Termini geht.

Literatur:

Bredel, Ursula (2007): Sprachbetrachtung und Grammatikunterricht. Paderborn: Schöningh.

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Corinna Peschel (Universität Wuppertal)

Sprachreflexion statt/als/mit/im... Grammatikunterricht? – Zur Rolle der Grammatik im Curriculum der Sekundarstufe I

In Bildungsstandards und Kerncurricula ist von Grammatikunterricht keine Rede mehr. Grammatik lässt sich freilich finden, schwerpunktmäßig im Lernbereich „Sprache und Sprachgebrauch untersuchen“. Handelt es sich nun nur um alten Wein in neuen Schläuchen oder eröffnen sich in einem Lernbereich, in dem das Fördern von Sprachbewusstheit als Ziel propagiert wird, tatsächlich Chancen für einen Umgang mit grammatischen Aspekten, der der Dauerkritik am Grammatikunterricht etwas entgegenzusetzen hat? Man könnte auch fragen, warum sich eine sprachreflexive Grundhaltung nicht ebenso gut an anderen Themen des Lernbereichs – etwa soziolinguistischen Fragestellungen – entwickeln lassen sollte. Was haben diese wiederum mit im engeren Sinne grammatischen Inhalten zu tun? Ich werde in diesem Vortrag versuchen aufzuzeigen, warum Grammatik gerade in der Sek. 1 unbedingt notwendig ist und wo ihr Platz in einem Lernbereich „Sprache untersuchen“ sein kann. Dazu müssen sowohl inhaltliche Aspekte (etwa die Grammatik der Einheit Text und die diesbezügliche Terminologie) wie methodische Fragen (z.B. nach lernbereichsübergreifendem Lernen) an Beispielen diskutiert werden.

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Sektion 14: Literatur und Alterität

Annemarie Niklas (Universität Augsburg)

Muße – das „andere“ Ziel des Literaturunterrichts

Kompetenzorientierung impliziert einen Wertebegriff „Arbeit“ und einen Umgang mit (Lebens)Zeit, der auch das Lesen erfasst hat, mit dem Ziel eines „Wettbewerbsvorteil[s] im Lesekrieg“ (vgl. Die Zeit vom 12.11.2009).

Das aktuell bildungspolitisch gewollte Getriebe ununterbrochener Tätigkeit verhindert eher die Entwicklung eines grundlegenden Erkenntnisinteresses, das zu einer Werturteilskompetenz führt. Es werden kaum alternative Wertkonzepte verhandelt, wie das Konzept der Muße (griech. scholé), das historisch oder auch interkulturell (vgl. Obama 1996) eine Überwindung des Dualismus Arbeit-Freizeit darstellt (der sich auch im Leseverhalten widerspiegelt, vgl. Graf 2004).

Ein Literaturunterricht zur Muße bedeutet eine Wertschöpfung und Werteetablierung jenseits des aktuell tradierten Systems und diesem Sinn eine konkrete Fremdheitserfahrung, besonders auch, da der ethische Gehalt der Muße weltanschauliche Differenzen der multikulturellen Gesellschaft mühelos überwindet. Gerade Kinder- und Jugendliteratur, die Konzepte von Lebens(zeit)gestaltung anderer kultureller Entwürfe in den Blick nimmt, kann unter bestimmten Bedingungen zur „Mußeliteratur“ werden, was an ausgewählten Beispielen illustriert werden soll.

Literatur:

Graf, Werner: Der Sinn des Lesens. Modi der literarischen Rezeptionskompetenz, Münster: LIT 2004.

Obama, Auma: Arbeitsauffassungen in Deutschland und ihre literarische Kritik der deutschen

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Eva Schörkhuber (Universität Wien)

Bodenlose Grundsätze: Unterwanderungen kultureller Beispiel-Haft entlang einer Erzählung von Seher Çakir

Die ‚Anderen’ in Texten festzustellen, um sie in der Eindeutigkeit ihrer Fremdheit in Beispiel-Haft zu nehmen, gehört zu jenem Ausweisverfahren, im Zuge dessen die Grenzen zwischen dem Eigenen und dem Fremden dicht gemacht, sprachliche, nationale und kulturelle Entitäten konstituiert werden. Die „DissemiNation“ (Derrida, Bahbha) der anhand von Grundsätzen ausgewiesenen sprachlichen, nationalen, kulturellen Identitäten soll in diesem Beitrag als Lese- und Lernimpuls betrachtet werden. Entlang der Erzählung Helen und ihre Haut von Seher Çakir werden Lektürewege eröffnet, welche die vermeintlich eine kulturelle Identität stiftenden Grundsätze außer Kraft setzen und das durch sie binär strukturierte Kräftefeld erweitern zu einem Raum, in dem Kultur bedingte und bedingende Zuschreibungen unausgesetzt verhandelt und in ihrer Konstitution befragt werden.

Çakir, Seher: zitronenkuchen für die sechsundfünfzigste frau. kurzgeschichten. Wien: edition exil 2009.

Literatur:

Bhabha, Homi: Die Verortung der Kultur. Übers. Freudl, Jürgen und Schiffmann, Michael, Tübingen: Stauffenburg 2007.

Seyhan, Azade: Writing Outside the Nation. Princeton: Princeton University Press 2001.

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Gina Weinkauff (PH Heidelberg)

Über poetische und kulturelle Alterität in der deutschsprachigen Kinder- und Jugendliteratur

Über poetische und kulturelle Alterität in der deutschsprachigen Kinder- und Jugendliteratur

Neben Themen aus dem Alltag der Heranwachsenden nimmt die Darstellung fremder Kulturen in der deutschen KJL eine herausragende Stellung ein. Erzähltexte mit dieser Thematik hatten entscheidenden Anteil an der Herausbildung eines kinder- und jugend­literarischen Symbolsystems im späten 18. Jahrhundert und behielten ihre qualitative und quantitative Bedeutung im Lektüreangebot für junge Leser im deutschsprachigen Raum über nahezu zwei Jahrhunderte hinweg bei. Im Verlauf der Geschichte wandeln sich jedoch sowohl die inhaltlichen Vorstellungen als auch die generelle Bedeutung der Enkulturationsfunktion und mit ihr der Anteil kultureller Images am Sinnpotential der KJL. Im Zusammenhang mit der Medienentwicklung und den für postmoderne bzw. postkoloniale Verhältnisse charakteristischen Vorgängen der kulturellen Hybridisierung erreichte dieser Wandel in den zurückliegenden vier Jahrzehnten eine besondere Dynamik. Es veränderten sich nicht nur die formalen und inhaltlichen Konventionen der KJL im deutschsprachigen Raum, sondern auch die textimmanenten Adressatenentwürfe und ihre gesellschaftlichen und kulturellen Funktionen. Während die über das Thema „kulturelle Fremdheit“ definierbaren Texte an Bedeutung verlieren, expandiert der Spielraum für poetische Alterität. Der Vortrag reflektiert die Bedeutung dieser Veränderungen im Lektüreangebot auch in literaturdidaktischer Sicht.

Literatur:

Mecklenburg, Norbert: Über kulturelle und poetische Alterität. In: Krusche, D./Wierlacher, A. (Hg.): Hermeneutik der Fremde. München: iudicium 1990, S. 80–102.

Weinkauff, Gina: Ent-Fernungen. Fremdwahrnehmung und Kulturtransfer in der deutschsprachigen KJL seit 1945. Band 1 + 2. München: iudicium 2006.

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Jeanette Hoffmann (FU Berlin)

Aneignung historischer und anthropologischer (Fremdheits-) Erfahrungen durch zeitgeschichtliche Jugendliteratur im interkulturellen Kontext

In der aktuellen Kinder- und Jugendliteratur nehmen die Themen Nationalsozialismus und Holocaust einen bedeutenden Raum ein. Im Zuge des bevorstehenden Übergangs vom kommunikativen zum kulturellen Gedächtnis und der Heterogenität von Erinnerungsperspektiven sind literarische Texte zunehmend bedeutsam. Der Anspruch an Literatur, einen Beitrag zur interkulturellen Verständigung zu leisten, bedarf jedoch einer empirischen Fundierung. Dies war der Ausgangspunkt meines Forschungsprojekts Literarische Gespräche im interkulturellen Kontext. In einer qualitativ-empirischen Studie untersuchte ich die Rezeption von Mirjam Presslers Malka Mai in Deutschland und in Polen. Erzählt wird die Geschichte der Flucht einer jüdisch-polnischen Familie 1943 von Polen nach Ungarn. In 9. und 10. Klassen führte ich teilnehmende Unterrichtsbeobachtungen sowie fokussierte SchülerInnen-Interviews durch und rekonstruierte historische und anthropologische Lernpotentiale. In meinem Vortrag möchte ich literarische Gespräche gedächtnistheoretisch verorten und aufzeigen, wie sich die literarischen Aneignungen der SchülerInnen von deren historischen Sinnbildungen im familialen Kontext unterscheiden.

Literatur:

Assmann, Aleida (2003): Erinnerungsräume. Formen und Wandlungen des kulturellen Gedächtnisses. München.

Welzer, Harald (2005): Das kommunikative Gedächtnis. Eine Theorie der Erinnerung. München.

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Gerhard Rupp (Ruhr Universität Bochum)

Erforschung und Förderung transkultureller Rezeptionsprozesse im Literaturunterricht

Die durch Globalisierungs- und Migrationsprozesse veränderte kulturelle Praktiken führt dazu, sodass der Literaturunterricht im Spannungsfeld steht zwischen traditionell-nationalen Praktiken und durch die im Zuge dieser Prozessen eingetretenen rezeptiven und produktiven Veränderungen. Zu untersuchen sind Rezeptionsweisen von Schüler/innen mit Migrationshintergrund im Vergleich zu denen von ‚deutschen’ Schüler/innen. Aufbauend auf den Ergebnissen der Untersuchung wird ein Konzept für einen transnationalen Literaturunterricht entwickelt, das sich mit der Vermittlung von (literarischer) Kultur in einer durch Migrationsprozesse stark beeinflussten Gesellschaft auseinandersetzt und in dem das Aufeinandertreffen unterschiedlicher kultureller Strömungen und hybrider Formen anhand literarischer Texte bewusst reflektiert sowie die transnationale und –kulturelle Kompetenz der Schüler/innen erweitert werden soll.

In dieser Hinsicht soll sich die Orientierung an unterschiedlichen Raumkonzeptionen als fruchtbar und gewinnbringend erweisen: Globalisierung / Glokalisierung – Diaspora – Internationalisierung – Transnationalisierung / Transkulturalität. Dies wird mit dem Ansatz der transnationalen bzw. transkulturellen literarischen Rezeptionsfähigkeit konzeptionalisiert.

Literatur:

Rupp, G./ Heyer, P. / Bornholt, H. (2004): Lesen und Medienkonsum. Wie Jugendliche den Deutschunterricht verarbeiten. Weinheim: Juventa, 168 ff.

Rupp, G.(1989): Projekt? Gemeinsam schreiben lernen?. Interkulturelles Lernen mit literarischen Texten. In: Grundschule 21, H. 10, S. 28-30.

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Annette Kliewer (Universität Koblenz-Landau)

Vom Fremden im Eigenen und dem Eigenen im Fremden – Literaturunterricht an der Grenze

Literaturunterricht beschäftigt sich immer mit dem Blick auf das Eigene und dem Blick auf das Fremde/die "Fremden" (vgl. Wintersteiner 2003). "Das Fremde ist in mir" (Kristeva) – so wird in der psychologischen Fremdheitsforschung immer wieder festgestellt. Literaturunterricht an der Grenze zu einer anderen Nation steht hier vor besonderen Herausforderungen. Literaturunterricht im Oberrheinraum z.B. muss die internationale Dimension (den Kontakt zwischen Frankreich und Deutschland) und die interregionale Dimension aufgreifen (den Kontakt zwischen den Regionalkulturen in Baden/Pfalz und dem Elsass). Nicht nur hier gilt auch die Umkehrung: "Das Eigene ist im anderen". Nur indem selbstbezogener Folklorismus und exotische Suche nach dem Fremden in gleicher Weise in Frage gestellt werden, lassen sich alte Stereotypen überwinden. Ausgehend von postkolonialen Theorieansätzen werden literarische Texte der Oberrheinregion diesseits und jenseits der deutsch-französischen Grenze daraufhin untersucht, welche didaktischen Möglichkeiten das ‚global village‘ in der Provinz bietet.

Literatur:

Kliewer, Annette: Interregionalität. Literaturunterricht an der Grenze zum Elsass. Baltmannsweiler: Schneider 2006.

Wintersteiner, Werner: Poetik der Verschiedenheit. Literarisch-kulturelle Bildung und Globalisierung. Klagenfurt: Habilitationsschrift 2003.

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Felix Heizmann (PH Heidelberg)

Alteritätserfahrungen in Literarischen Gesprächen mit Grundschulkindern

Im Forschungsprojekt zum Literarischen Unterrichtsgespräch an der Päd. Hochschule Heidelberg (Leitung: Gerhard Härle) habe ich mit Kindern der 3. und 4. Klasse mehrere literarische Gespräche zu einem Gedicht mit hohem Alteritätspotenzial geführt.

Ich skizziere sowohl das Heidelberger Modell als auch das methodische Vorgehen, das diesen Gesprächen zu­grunde lag (vgl. Härle, Steinbrenner 2003). Dabei folge ich der Annahme, dass in literarischen Gesprächen Alterität nicht eingeebnet wird, sondern dass Kinder in der gesprächsförmigen Suchbewegung Alteritätserfahrungen machen, die als frucht­barer Bestandteil literarischen Lernens gedacht werden können.

Da es sich bei Alterität um einen relationalen Begriff handelt, entwickle ich in An­lehnung an Klaus Maiwald (1999) und Ulf Abraham (2000) ein heu­ristisches Kategoriensystem sprachlich-literarischer Alterität, das die Be­schreibung von Alterität ermöglichen kann. Anhand ausgewählter Transkriptauszüge zeige ich, welche Wechselbeziehungen zwischen dem Alteritätspotenzial eines literarischen Textes und den Rezeptionsstrategien und Verstehensansätzen von Lernenden der Primarstufe bestehen. Ziel ist die gemeinsame Reflexion der Kategorien, indem wir sie selbst auf Transkriptstellen anwenden und ihre Tauglichkeit für das Erschließen der Gesprächsbeiträge diskutieren.

Literatur:

Härle, Gerhard, Steinbrenner, Marcus (2003): „Alles Verstehen ist … immer zugleich ein Nicht-Verstehen“. Grundzüge einer verstehensorientierten Didaktik des Gesprächs im Literarturunterricht. In: Literatur im Unterricht, Jg. 4, H. 2, S. 139–162

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Irene Boose (PH Ludwigsburg)

Chamissos Enkel in der Hauptschule

Im Stuttgarter Raum unterstützt die Robert-Bosch-Gesellschaft Initiativen an Schulen mit bis zu 70prozentigem Anteil an Schülern mit ‚Migrationshintergrund‘ zur Begegnung mit Literatur, Kunst, Musik und Theater und von diesen Ausdrucksformen angeregten Eigenproduktionen. In der Arbeit zwischen Lehrern, Autoren und Schreibdozenten entsteht eine Atmosphäre der individuellen Aneignung einer ‚fremden‘ (hier der deutschen Hoch- und Mehrheits-)Kultur und -Sprache durch Kinder und Jugendliche, die das angeleitete Sprechen und Schreiben als wichtigen Schritt kulturell bestimmter Identitätsbildung erleben.

Zwei Konzepte werden auf ihren Umgang mit sprachlichen Hybridisierungen (etwa im Umgang mit Metaphern und Erzählroutinen) hin befragt: jenes Konzept, das Chamisso-Preisträger (von Ilija Trojanow bis Arthur Becker) in Bietigheim-Bissinger Schulen einlädt und den Schülern auf mehrere Wochen angelegte Schreibwerkstätten mit ausgewiesenen Schreibdozenten anbietet. Das zweite Konzept führt Teamarbeit von Lehrern und Schreibdozenten wie José F.A. Oliver als integratives Unterrichtsmodell durch und leitet Schüler verschiedener Schulformen zum Schreiben z.B. lyrischer Texte an.

Literatur:

Engin, Havva und Ralph Olsen (Hrsg.): Transkulturelles Lernen in Deutschunterricht. In: Dies. (Hrsg.): Interkulturalität und Mehrsprachigkeit. Baltmannsweiler 2009. S. 1-17

Rösch, Heidi (Hrsg.): Kompetenzen im Deutschunterricht. Beiträge zur Literatur-, Sprach- und Mediendidaktik. Frankfurt/Main. u.a. 2. Auflage 2008

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Anna Babka (Universität Wien)

Mann/Frau, Schwarz/Weiß oder wie Differenzen in die Welt gesetzt werden

In dem Schulprojekt Wahlfach WissenschafterIn / mit dem FWF die Grundlagenforschung verstehen wird angestrebt, Jugendliche ab 12 Jahren mit spannenden Inhalten der Wissenschaft zu fesseln und ihnen das Berufsbild WissenschafterIn näher zu bringen. Als Projektleiterin konnte ich in einem Wiener Gymnasium den Workshop „Mann/Frau, Schwarz/Weiß oder wie Differenzen in die Welt gesetzt werden“ in einer sechsten Oberstufe abhalten. Rasch waren die SchülerInnen in der Lage, die Grundzüge einer dekonstruktiv motivierten Dekonstruktion der Geschlechteropposition und der Opposition Schwarz/Weiss auf der Basis eines Vortrags nachzuvollziehen, in dem sowohl die Theorie als auch die Methode der Dekonstruktion erklärt wurden. Gemeinsam analysierten wir in der Folge Else Lasker-Schülers Der Prinz von Theben (1914) auf der Basis der erworbenen Grundlagen. Ziel war, den SchülerInnen ein theoretisches Werkzeug zu vermitteln und eine Anwendung zu demonstrieren, in der binäre Oppositionsstrukturen unterlaufen und entkräftet wurden, für Offenheit, Hybridität und Polyvalenz plädiert wurde und Räume eröffnet wurden, in denen sich vielfältige, prozesshafte Identitätskonzepte als denkbar und lesbar erwiesen.

Im Vortrag sollen die theoretischen Grundlagen und die Ergebnisse der Textanalyse referiert und die Rezeption des wissenschaftlichen Inputs auf die SchülerInnen diskutiert werden.

Literatur:

Lasker-Schüler, Else: Der Prinz von Theben. Ein Geschichtenbuch. Frankfurt a. M.: Suhrkamp, 1996.

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Lea Grimm (PH Ludwigsburg)

Jugendliteratur „aus“ Asien im Deutschunterricht: vertraut, fremd und doppelt fremd

Anhand zweier Jugendromane aus Asien zum Thema „Leistung und Leistungsgesellschaft“ werden Kategorien wie Perspektivenwahrnehmung, Perspektivenübernahme, Perspektivenvernetzung und Perspektivenkoordination illustriert und für den interkulturellen Literaturunterricht genutzt: Seidenraupen für Jin Ling von Beijia Huang und Minas Lied von An Na. Der Beitrag wird nach einer knappen literarischen Analyse ein literaturdidaktisches Modell für die Sekundarstufe vorstellen, das in einem induktiven Verfahren romanimmanente, -vergleichende und -externe Dimensionen der Multiperspektivität entfaltet und einen mehrfachen Perspektivenwechsel provoziert. Dieser ist nicht nur figurbezogen, sondern berücksichtigt auch die zeitlich-historische Dimension (der 1960er Jahre, Zeitpunkt der Auswanderung der Elterngeneration). Die offensichtliche Lesart (Kritik am Bildungssystem, Mutterfigur als Negativfigur) wird überwunden. Das Modell integriert folgende Spannungsfelder: Generationenunterschied bei den Autorinnen mit Folgen für die Erzählperspektive (Täter-Opfer-Sicht), unterschiedliche Originalsprachen mit Folgen für das Übersetzungsergebnis (Vertrautheitseffekt-Fremdheitseffekt), konträre Figurenkonzeptionen (Monokulturalität versus Hybridität, Einfachheit im kindlichen Freiheitsstreben versus Komplexität in der Identitäts- und Adoleszenzkrise).

Literatur:

Bredella, Lothar / Christ, Herbert (Hrsg.) (2007): Fremdverstehen und interkulturelle Kompetenz. Tübingen: Narr.

Rösch, Heidi (2006): Was ist interkulturell wertvolle Kinder- und Jugendliteratur? In: Beiträge Jugendliteratur und Medien 2/2006. S. 94–103.

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Beate Laudenberg (PH Karlsruhe)

Fremdheit im (Cover-)Bild

Das Bild vom Anderen in unseren Köpfen basiert nicht nur auf Erfahrungen, sondern wird über sprachliche Darstellungen hinaus selbstverständlich auch durch Bilder beeinflusst. Besonderes Interesse verdienen Letztgenannte, wenn sie (literarische) Texte illustrieren bzw. präsentieren. Der „Blick der Deutschen auf Migranten und Minderheiten“ (Beck-Gernsheim), literarisch oft beschrieben und soziologisch erforscht, spiegelt sich in den ikonographischen Peritexten wider. Wie dies geschieht und welche Veränderungen die Coverbilder bei Neuauflagen oder Verlags- und Medienwechsel erfahren, soll vor allem an moderner Kinder- und Jugendliteratur aufgezeigt werden – zum einen weil Kinder- und Jugendbücher gern zur interkulturellen Bildung eingesetzt werden, zum anderen weil in diesem Bereich die Coverbilder von besonderer Bedeutung sind und nicht nur aus merkantilen Interessen besonders häufig neu gestaltet werden. An den Veränderungen lassen sich schließlich auch gesellschaftliche Entwicklungen im Umgang mit Fremden aufzeigen.

Literatur:

Beck-Gernsheim, Elisabeth: Wir und die Anderen. Vom Blick der Deutschen auf Migranten und Minderheiten. Frankfurt: Suhrkamp 2004.

Laudenberg, Beate: Das Titelbild von Kinder- und Jugendbüchern - mehr als ein visueller Kaufanreiz und ‚stummer Impuls’?! In: Marci-Boehncke, G. / Rath, M. (Hg.): BildTextZeichen lesen. München: kopaed 2006.

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Brigitte Schulte (Berlin)

Interkultureller Literaturunterricht mit Lesebüchern

Nach einer Bestandaufnahme von zehn aktuellen Lehrwerken für die Sekundarstufe I sollen Best-Practice-Beispiele vorgestellt, aber auch Lücken und Schwachstellen aufgezeigt werden: Viele Lehrwerke – insb. aus dem Haupt- und Realschulbereich – thematisieren fremde Lebenswelten oder Fremdheit und Vielfalt im Rahmen der eigenen Gesellschaft nur marginal; Welt- und Migrationsliteratur spielt eine äußerst untergeordnete Rolle. Viele Texte mit interkulturellem Potenzial werden nicht mit Aufgabenstellungen zum interkulturellen Lernen versehen; viele Themen, die Interkulturalität nahe legen, beschränken sich auf eine rein deutsche oder eurozentrische Perspektive. Themenwahl und Aufgabenstellung verknüpfen häufig ‚Fremdheit‘ und ‚Problematik‘ oder ‚Fremdheit‘ und ‚Exotik‘. Darstellungen aus einer Binnensicht oder einer hybriden Perspektive sind in der Minderzahl.

Als Konsequenz für die Praxis sind Lehrwerke kritisch zu prüfen, ggf. zu adaptieren oder zu ergänzen. An konkreten Beispielen soll eine solche Herangehensweise verdeutlicht werden:

  • Durch veränderte oder neue Aufgabenstellungen, um die Potenziale der gegebenen Texte zu nutzen und ggf. die Beschränkungen bestimmter Sichtweisen zu thematisieren.
  • Durch den Einbezug weiterer Texte, um eine interkulturelle Perspektive zu ergänzen.
  • Durch den verstärkten Einsatz von interkultureller Kinder- und Jugendliteratur.

Literatur:

Honnef-Becker, Irmgard (Hg). (2007) Dialoge zwischen den Kulturen. Interkulturelle Literatur und ihre Didaktik. Baltmannsweiler.

Rösch, Heidi (2006) „Was ist interkulturell wertvolle Kinder- und Jugendliteratur?“. In: Beiträge Jugendliteratur und Medien. 58.Jg. 2006 (2). S. 94–103

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Sektion 15: Literalisierung (Alphabetisierung) in Adoleszenz und Erwachsenenalter

Joachim Ludwig (Universität Potsdam)

Gesellschaftliche Zwänge und gesellschaftliche Teilhabe als subjektiver Begründungszusammenhang für die Aneignung schriftsprachlicher Kompetenzen

Der Beitrag stellt die empirischen Untersuchungsergebnisse zum Lernhandeln erwachsener funktionaler Analphabeten aus dem Projekt SYLBE vor (http://www.sylbe.de/).

Folgende Fragestellungen werden bearbeitet:

  1. Wie vollzieht sich die Aneignung schriftsprachlicher Kompetenzen im nachschulischen Bereich? Lassen sich Spezifika beschreiben, wenn der grundlegende Erwerb von Literalität erst in der Phase der Adoleszenz oder des frühen bis mittleren Erwachsenenalters vollzogen wird?
  2. 2.Wie können erwachsene Lerner/innen bei der Aneignung unterstützt werden? Welche Kompetenzen brauchen angehende Lehrkräfte für die Alphabetisierung?

Es wird die These begründet, dass Schwierigkeiten beim Erwerb schriftlichsprachlicher Kompetenzen eng mit gesellschaftlichen Exklusionserfahrungen verbunden sind. Inklusionserfahrungen bieten demgegenüber die Bedingung der Möglichkeit zur Kompetenzaneignung.

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Sandra Deneke & Ingeborg Reese (Universität Hannover)

Didaktogene Beeinträchtigungen beim Schriftspracherwerb im Schulalltag

Sowohl die Forschungsergebnisse der Sonderpädagogik als auch die der Biographieforschung "funktionaler Analphabeten" weisen neben den bekannten Faktoren, die zu Beeinträchtigungen des Schriftspracherwerbs führen können, auch auf didaktogene hin. Im Gegensatz zu den sozialfamiliären (soziogenen), den individuell‐kognitiven (psychogenen) und schulischen Risikofaktoren werden didaktogene zwar in der Literatur seit der Kritik am traditionellen Legastheniekonzept und der Anti‐Legastheniebewegung benannt, sind aber selten entfaltet.

Auf der Grundlage der Basisbefragung des vom BMBF geförderten Forschungsprojektes „Interdependenzen von Schriftsprachkompetenz und Aspekten der Lebensbewältigung“ sollen subjektive Sichtweisen von Kursteilnehmerinnen und Kursteilnehmern der Volkshochschule Hannover zum Lerngegenstand Schriftsprache im Schulalltag analysiert werden. Von Interesse wird sein, ob sich die Befragten differenziert zum Lerngegenstand äußern oder ob sie diesen eher pauschal als negative Schulerfahrung thematisieren. Des Weiteren ist relevant, ob die Befragten spezielle Schwierigkeiten beim Schriftspracherwerb und unzureichende Voraussetzungen als Mitverursachung von Beeinträchtigungen des Lese‐Rechtschreibprozesses wahrgenommen haben.

Diese Hinweise könnten Anhaltspunkte für die präventive Arbeit der Pädagoginnen und Pädagogen liefern.

Literatur:

Kalmar, M. (1998): Didaktogene Lernbehinderung am Beispiel der acht auditiven Fallen im Lese-Rechtschreib-Lernprozess. In: der sprachheilpädagoge, 30, 26–45

Kornmann, R. (2010): Zur Abwehr didaktogener und diagnosogener Störungen in der Sonderpädagogik. In: Zeitschrift für Heilpädagogik, 61, H. 5, 191–199

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Afra Sturm (PH Nordwestschweiz) & Robert Hilbe (Universität Bern)

«Also ich mach ja auch Einkaufslisten» – Schreiben als verborgene Praxis

Im Referat liegt der Schwerpunkt auf der Schreibpraxis von Teilnehmenden der Kurse, die im Rahmen des Projekts «Illettrismus und neue Technologien – Schriftlernen in der Nachholbildung» gemeinsam mit Praxispartnern durchgeführt wurden: Mithilfe einer semi-experimentellen Schreibaufgabe wurde der Schreibprozess von sechs Fallpaaren untersucht. Aus dieser Teiluntersuchung werden einzelne Schreibprofile näher vorgestellt und mögliche Hindernisse im Verlauf der Textproduktionsprozesse aufgezeigt.

Die Selbstwirksamkeit im Schreiben, d.h. die Überzeugung einer Person, Handlungen beim Schreiben erfolgreich ausführen zu können, wurden ebenfalls untersucht: Hier zeigten sich über die Kursdauer hinweg keine Veränderungen. Die Ergebnisse aus der semi-experimentellen Schreibaufgabe sowie zur Selbstwirksamkeit werden mit Auswertungen aus den Einzelinterviews ergänzt; insbesondere werden zwei Fallstudien daraus vorgestellt, die zeigen, welche Rolle dem privaten, situierten und damit sinnhaften Schreiben zukommt. Abschliessend werden mögliche Ansätze für die schreibdidaktische Umsetzung in Literalitätskursen für Erwachsene skizziert.

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Elena Kukharenko (Universität Leipzig)

Schriftsprachliches Handeln erwachsener russischsprachiger MigrantInnen im Alphabetisierungskurs

Die Vermittlung der Handlungskompetenz im Alphabetisierungskurs bedeutet die Vermittlung einer möglichst weit reichenden Kompetenz in der Anwendung der Schriftsprache. Sie soll die Lernenden befähigen, in allen Lebensbereichen sprachlich selbstbewusst und selbstständig  zu handeln. Um die sprachliche Förderung effektiv zu gestalten, muss herausgefunden werden, wie die TeilnehmerInnen vom Lesen und Schreiben Gebrauch machen und welchen Stellenwert dies für sie hat. Das gleiche Anliegen wird auch bei der Zielgruppe der ZweitschriftlernerInnen verfolgt. Leider fehlt bisher jedoch ein theoretisches Fundament für die Erarbeitung von am Lebenskontext orientierten Konzeptionen und Arbeitsmaterialien. Die vorliegende Studie will einen Beitrag zur Schaffung solcher Voraussetzungen leisten. Sie beschäftigt sich mit der  Frage, welche schriftsprachlichen Handlungen russischsprachige TeilnehmerInnen im außerschulischen Bereich vollziehen und in welchem Zeitraum sie die zweite Schrift erlernen. Im Beitrag werden die ersten Ergebnisse aus der ethnographischen  Forschung vorgestellt und anschließend diskutiert.

Literatur:

Barton, D.; Hamilton, M. (2009): Local Literacies. Reading and writing in one community. London: Routledge

Linde, A. (2008): Literalität und lernen. Eine Studie über das Lesen- und Schreibenlernen im Erwachsenenalter. Münster: Waxmann

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Simone Jambor-Fahlen (Universität Köln)

Wege zur Schrift – Wie vollzieht sich der Schriftspracherwerb funktionaler Analphabeten?

Der Beitrag stellt mein Dissertationsvorhaben vor.

Im Kern geht es hierbei um die Frage, inwieweit spezifische Schreibprofile bei funktionalen Analphabeten bestehen.

Zunächst wird der Stand der gegenwärtigen Alphabetisierungsforschung im Hinblick auf den Erwerb von Literalität durch Erwachsene dargestellt. Hierbei soll skizziert werden, dass sich in der Alphabetisierungsarbeit bislang auf Informationen gestützt wird, die aus Forschungen zum kindlichen Schriftspracherwerb gewonnen wurden. So werden erwachsenen Lernern nicht nur die für Kinder entwickelten Modelle der Erwerbsabfolge unterstellt, sondern auch die den Erwerb kennzeichnenden Merkmale.

Demzufolge sind die sich daraus ergebenen didaktischen Empfehlungen für erwachsene Lerner nicht ihren tatsächlichen Bedürfnissen entsprechend.

Anhand von Schreibprodukten sollen orthographische Profile erstellt und spezifische Kompetenzen untersucht werden.

Literatur:

Bredel, U./ Siebert-Ott, G./ Thelen, T. (Hrsg.) (2004): Schriftspracherwerb und Orthographie. Baltmannsweiler: Schneider Hohengehren.

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Erika Brinkmann (PH Schwäbisch-Gmünd)

Schreiben die Erwachsenen zu Beginn wie die Kinder?

In der Alphabetisierungsdidaktik gibt es – wie in der Diskussion über den Anfangsunterricht im Lesen und Schreiben – unterschiedliche Meinungen über geeignete methodische Zugänge. Ein zentraler Punkt betrifft die Frage, ob freies Schreiben, bei dem die LernerInnen Wörter nach der eigenen Aussprache konstruieren, eine geeignete Arbeitsform darstellt. Als Voraussetzung dafür ist zu klären, ob Jugendliche und Erwachsene, die aufgrund ihrer schulischen Negativerfahrungen mit der Verletzung von Rechtschreibkonventionen ein anderes Verhältnis zur Schriftsprache haben als Schulanfänger, sich überhaupt auf ein lautorientiertes Schreiben einlassen (vgl. Nickel 1998).

In meinem Beitrag will ich an Schriftproben aus Alphabetisierungskursen untersuchen, welches Spektrum an  Strategien die TeilnehmerInnen in den von uns gestellten Aufgaben anwenden und wie weit diese sich mit den Zugriffen decken, die sich in Stufenmodellen für Kinder als produktiv zur Erklärung  ihrer Schreibentwicklung erwiesen haben. Auf dieser Grundlage kann dann diskutiert werden, welchen Stellenwert der ursprünglich – zumindest teilweise – in der Erwachsenendidaktik entwickelte Spracherfahrungsansatz zukünftig in Alphabetisierungskursen erhalten sollte.

Literatur:

Backhaus, A., u. a. (2009): „Lesen & Schreiben“. Lese- und Schreibaufgaben für die Lernbeobachtung in der Erwachsenenalphabetisierung. Arbeitsgruppe Primarstufe: FB2 Universität (57068 Siegen).

Nickel, Sven (1998). Zugriffe funktionaler Analphabeten auf Schrift. Eine Untersuchung von Schreibstrategien mit der "Hamburger Schreib-Probe". In: Alfa-Forum 38, 20–24. (Mit Anmerkungen von Peter May.)

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Necle Bulut (Universität Köln)

Ein adaptiver Test zur Messung von Schriftsprachstand und -entwicklung von erwachsenen Lernern

In diesem Vortrag wird der im Rahmen des Projekts PAGES (Projekt Alphabetisierung und Grundbildung für Erwachsene im Sozialraum) entwickelte adaptive Test zur Messung von Schriftsprachkompetenzen von erwachsenen Lernern vorgestellt.

Die Annahme, dass verschiedene Testverfahren den Schriftsprachstand und die ‑entwicklung von Erwachsenen nicht adäquat erfassen, führte zur Entwicklung eines neuen Tests. Diese Annahme soll im Rahmen des Vortrags diskutiert werden.

Darüber hinaus wird die Methodik des adaptiven Testens beschrieben, die begünstigt, Schriftsprachkompetenzen von Erwachsenen zu erfassen, ohne emotionale Überforderung, Erfolgsdruck oder Versagensängste auszulösen.

Der Test beinhaltet Aufgaben zum Erkennen von Graphemen und Phonemen sowie zur Lese- und Schreibkompetenz. Diese einzelnen Aufgaben des Tests werden beschrieben.

Abschließend werden erste Erfahrungen geschildert und thematisiert, inwiefern der Test als Basis für eine gezielte Förderung eingesetzt werden kann.

Literatur:

Fisseni, Hermann-Josef (1997): Lehrbuch der psychologischen Diagnostik: mit Hinweisen zur Intervention. 2., überarb. und erw. Aufl. Göttingen u.a.: Hogrefe.

Füssenich, Iris & Löffler, Cordula (2005): Materialienheft Schriftspracherwerb. München u.a.: Reinhardt.

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R.-Philipp Rackwitz (PH Schwäbisch-Gmünd)

Dialogische Förderdiagnostik als Teil didaktischer Kompetenz in der Alphabetisierung von Erwachsenen: Prinzipien und Verfahren

Die Vorerfahrungen und das Können der TeilnehmerInnen in Alphabetisierungskursen streuen meist sehr breit. KursleiterInnen müssen deshalb häufig differenzierend arbeiten und individuell passende Lernangebote unterbreiten. Dazu muss der aktuelle Lernstand der einzelnen LernerInnen eingeschätzt und Fehler diagnostisch interpretiert werden. Verlässlich wird eine solche Interpretation aber nur im Austausch mit der betroffenen Person über ihre Sicht auf die Lernprobleme,  ihre Entwicklungsmöglichkeiten sowie Lern- und Leistungsfortschritte.

In einem Projekt zur dialogischen Förderdiagnostik wurden zwei Verfahren für den Einsatz in Alphabetisierungskursen erarbeitet und evaluiert, die helfen sollen, den aktuellen Entwicklungsstand sowie die vorhandenen Strategien der KursteilnehmerInnen beim Lesen und Schreiben sowohl zu Beginn der gemeinsamen Arbeit als auch zwischendurch zur Vergewisserung über Fortschritte und besondere Schwierigkeiten einzuschätzen.

Beide Verfahren werden in dem Vortrag vorgestellt und gezeigt, wie diese bei einer dialogisch angelegten Förderdiagnostik eingesetzt werden können.

Literatur:

Backhaus, A./ Knorre, S. (2009): Was ist Sache? Ein Übungs- und Diagnoseheft für den Umgang mit Sachtexten. Arbeitsgruppe Primarstufe: FB2 Universität (57068 Siegen).

Backhaus, A./ Rackwitz, R.-Ph. (2009): „Lesen & Schreiben“. Lese- und Schreibaufgaben für die Lernbeobachtung in der Erwachsenenalphabetisierung. Arbeitsgruppe Primarstufe: FB2 Universität (57068 Siegen).

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Henrike Pracht (Universität Osnabrück)

Schriftsprachliche Schemata: Ein Konzept zur Basisalphabetisierung in Deutsch als Erst- und Zweitsprache

Zentrale Bezugsebenen der deutschen Wortschreibung sind neben der Phonemebene die prosodische und die Morphemebene. Wie kann diese Komplexität für Schriftanfänger handhabbar gemacht werden, ohne durch anfängliche Beschränkung auf die Lautebene ein einseitiges Schriftverständnis zu vermitteln? Einen möglichen Schlüssel bildet hier der „usage-based“-Ansatz, der Spracherwerbsprozesse als Schemabildungsprozesse beschreibt: Im Zuge des Sprachgebrauchs entstehen durch Abstraktion vielfältige kognitive Schemata sprachlicher Muster, die, simultan verwendet, eine flexible und effektive Sprachverarbeitung ermöglichen. Anknüpfend an diese Modellierung sprachlicher Erwerbsprozesse wird ein Konzept zur Basisalphabetisierung in Deutsch (als Zweitsprache) vorgestellt, das von Anfang an neben phonemischen auch prosodische und morphemische Bezüge der Wortschreibung berücksichtigt. Dabei werden zunächst nur typische (schrift-)sprachliche Muster des Deutschen fokussiert, um so die geforderte Komplexitätsreduktion und möglichst optimale Bedingungen der Schemaetablierung zu gewährleisten.

Literatur:

Kemmer, Suzanne / Barlow, Michael (Hgg.) (2000): Usage-based models of language. Standford: CSLI Publications.

Vihman, Marilyn / Croft, William (2007): Phonological development: Toward a ‘radical’ templatic phonology. In: Linguistics 45 (4), 638–726.

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Michael Grosche (Universität Köln) & Nadine Engel (A.B.C.-Projekt)

Leseförderung durch direktes Training der Graphem-Phonem-Korrespondenzen

Durch den didaktischen Ansatz der direkten Instruktion werden die Lerner stark angeleitet, kleinste Inhaltsbereiche bis zur Automatisierung zu trainieren. Dieses Vorgehen berücksichtigt die psychologischen Grundlagen des menschlichen Lernens, die im Vortrag beschrieben werden. In einem Alphabetisierungskurs wurde die praktische Umsetzung der Direkten Instruktion zur Leseförderung erprobt. Sieben Analphabeten trainierten 12 Wochen täglich 15 Minuten Graphem-Phonem-Korrespondenzen. Dadurch sollte sich ihre Lesekompetenz erhöhen. Die Evaluation des Trainings erfolgte durch ein Prä-/Posttest-Design und wurde durch eine kontinuierliche Lernfortschrittsmessung ergänzt. In der Auswertung zeigte sich zwar bei den meisten Lernern ein Lernzuwachs beim Lesen von Graphemen und kurzen Silben, allerdings konnten die Verbesserungen im standardisierten Lesetest nicht mehr festgestellt werden. Die Bedeutung für die pädagogische Praxis wird diskutiert.

Literatur:

Hintz, A.M & Grosche, M. (in Druck). Förderung basaler Lesekompetenzen von erwachsenen Analphabeten nach Prinzipien der direkten Instruktion. Empirische Sonderpädagogik. Engel, N., Hintz, A.M. & Scholz, A. (2009). ABC-Projekt erprobt Direkte Instruktion. Alfa Forum,72, 30–33.

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Aline Wendscheck (FU Berlin)

Generationsübergreifendes Lernen (GüL) in der Alphabetisierung

Der Einfluss der Familie auf den Bildungsweg der Kinder ist - vermittelt über den Bildungsstand der Eltern, insbesondere aber über die Gestaltung der sozialen Praxis von Literalität im häuslichen Umfeld -  nachweislich hoch. Der Teufelskreis der sogenannten „sozialen Vererbung“ von Bildungsbenachteiligung könnte durch einen generationsübergreifenden Ansatz durchbrochen werden. Bisher existieren derartige Ansätze in Deutschland jedoch nicht. Eine besondere Herausforderung besteht darin, illiterale Eltern zu erreichen und sie so in eine familienorientierte Schriftförderung zu integrieren, dass durch die Erfahrung  positiv besetzter literaler Aktivitäten entsprechende Alltagspraxen in den Familien etabliert werden können. Im Projekt AlphaFamilie verfolgen wir dazu u.a. folgende Fragen: Wie wird Literalität in bildungsbenachteiligten Familien konstruiert und wie wird sie intergenerational weitergegeben? Inwieweit können Kinder eine Lernbegründung für Erwachsene sein? Welche Formate und Zugänge zu generationsübergreifenden Lernformen mit funktionalen Analphabeten sind denkbar? Welche Inhalte und Gestaltungsformen eignen sich? Und wie lassen sich Angebote so konzipieren, dass sie auf andere Institutionen übertragbar sind?

Literatur:

Nutbrown, C.; Hannon, P; Morgan, A. (2005). Early Literacy Work with Families: policy, practice and research. Sage: London.

Elfert, M. & Rabkin, G. (Hrsg.) (2007). Gemeinsam in der Sprache baden: Family Literacy. Internationale Konzepte zur familienorientierten Schriftsprachförderung. Klett: Stuttgart.

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Susanne Kley & Sandra Schick-Marquart (PH Weingarten)

Kompetenz- und Professionalitätsentwicklung in der Alphabetisierung und Grundbildung von Jugendlichen und Erwachsenen

Auch wenn unstrittig ist, dass Lernerfolge nicht zuletzt mit der (professionellen) Kompetenz v.a. von Lehrkräften zusammenhängen, so gab es in den letzten 30 Jahren der Jugendlichen- und Erwachsenenalpha-betisierung/-grundbildung kaum eine geregelte Ausbildung für die KursleiterInnen und andere Alphabetisierungs- und Grundbildungs-akteure. Dies soll sich nun ändern. Im Rahmen des Verbundforschungs-projekts PROFESS wurden 2008 mit Hilfe der Delphi-Methode ExpertInnen zu den Inhalten des zu konzipierenden Master-Studiengangs „Alphabetisierung und Grundbildung“ befragt. Somit konnte dieser bedarfsorientiert und empirisch gestützt entwickelt werden.

In dem Vortrag sollen Design und Ergebnisse der Untersuchung vorgestellt sowie diskutiert werden, inwiefern definierte Kompetenzbereiche des Studiengangs auch Bestandteil der Lehrerausbildung darstellen müssten, um präventiv der Entstehung von funktionalem Analphabetismus bzw. unzureichender Grundbildung entgegenwirken zu können. 

Literatur:

Affeldt, Harald; Kley, Susanne; Löffler, Cordula; Schick-Marquart, Sandra (2009): Qualifizierung und Kompetenz: eine Expertenbefragung. In: UNESCO Institute for Lifelong Learning (Hrsg.): Professionell alphabetisieren. Qualifizierung für Alphabetisierungs- und Grundbildungsarbeit. Münster, New York, München, Berlin: Waxmann. S. 13–23

Löffler, Cordula (2009): Professionalisierungsbedarfe in Alphabetisierung und Grundbildung. In: UNESCO Institute for Lifelong Learning (Hrsg.): Professionell alphabetisieren. Qualifizierung für Alphabetisierungs- und Grundbildungsarbeit. Münster, New York, München, Berlin: Waxmann. S. 9–12.

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Sektion 16: Rechtschreiben: Orthografische Konzepte und fachliches Wissen

Julienne Furger & Claudia Schmellentin (PH Nordwestschweiz)

Rechtschreibkompetenzen erfassen: Standardfestlegung im Spannungsfeld von Psychometrie, Fachdidaktik und Bildungspolitik

Im Rahmen des Schweizer Projekts «HarmoS Schulsprache» wurden neben den Basisstandards in den Sprachhandlungsdomänen Lesen, Schreiben, Gespräche führen, Zuhören und Sprechen auch Standards in den Lernbereichen Orthografie und Grammatik entwickelt. Die Basis für die Festlegung der Standards bildeten empirisch validierte Kompetenzmodelle. Die empirische Validierung erfolgte mittels Leistungstests, die mit der Raschmethode ausgewertet wurden. Standards sind normative Setzungen zur Überprüfung des Bildungssystems und müssen daher sowohl lernpsychologischen und fachdidaktischen als auch gesellschaftspolitischen Kriterien genügen. Unter diesen Voraussetzungen bewegt sich das Projekt im Spannungsfeld von Psychometrie, Fachdidaktik und Bildungspolitik.

In unserem Beitrag wollen wir zeigen, wie wir bei der Entwicklung von Basisstandards für Grammatik und Orthografie mit diesem Spannungsfeld umgegangen sind. Dabei fokussieren wir unter anderem folgende Fragen:

  • Was sind Kernkompetenzen im Bereich Grammatik- und Rechtschreibung?
  • Mit welchen Aufgaben können diese Kompetenzen sichtbar gemacht und überprüft werden?
  • Wie sollen die psychometrisch gewonnenen Daten ausgewertet und interpretiert werden, damit die Basisstandards den fachdidaktischen, lernpsychologischen und auch gesellschaftspolitischen Kriterien genügen?

Literatur:

Konsortium HarmoS Schulsprache (2010): Schulsprache. Wissenschaftlicher Kurzbericht und Kompetenzmodell. http://www.edudoc.ch/static/web/arbeiten/harmos/L1_wissB_25_1_10_d.pdf (Zugriff 11.2.2010)

Lindauer, Thomas; Schmellentin, Claudia (2008). Studienbuch Rechtschreibdidaktik. Die wichtigsten Regeln für den Unterricht. Stuttgart: UTB. (= UTB 3169).

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Kalle Herné & Carl Ludwig Naumann (Universität Hannover)

Itemkomplexität in der Kompetenzmodellierung für die Rechtschreibung – Warum ist die Tomate leichter als das Fahrradschloss?

Frühere Untersuchungen (z.B.  Haase 1979, May 1993) haben gezeigt, dass die Integration von einzelnen Komponenten des Wissens über Rechtschreibung erforderlich ist und ggf. gesondert gelernt werden muss. Diagnostische, unterrichtliche und lerntherapeutische Erfahrung kennen diese Anforderung als typische potenzielle Hürde gegen Ende der Grundschule; die Beobachtungen, besonders zu leistungsschwächeren Schülern (Löffler/Meyer-Schepers 2005, Scheele 2006) weisen in die gleiche Richtung. Itemkomplexität in diesem Sinne findet aber in Tests wie der HSP und aktuellen large-scale-Untersuchungen (Voss/Blatt/Kowalski 2007, Böhme/Bremerich-Vos 2009) noch nicht die angemessene Beachtung. – Möglicherweise zeigen sich hier Probleme mit einer sprachenübergreifenden Modellierung der Rechtschreibung. Oder am Fall der Rechtschreibung wird die die Diskrepanz zwischen „Systemmonitoring und Schulevaluation“ einerseits und „Individualdiagnostik und Förderung einzelner Schülerinnen“ andererseits sichtbar (Klieme u.a. 2003, 82f.)

Literatur:

Böhme, Katrin & Bremerich-Vos, Albert (2009) Diagnostik der Rechtschreibkompetenz in der Grundschule – Konstruktprüfung mittels Fehler- und Dimensionsanalysen. In: Bremerich-Vos, A.u.a. (Hrsg.) Bildungsstandards Deutsch und Mathematik. Weinheim/Basel: Beltz 2009, S. 340–366

May, Peter (1993) Vom Umgang mit Komplexität beim Schreiben. In: Balhorn, Heiko/Brügelmann, Hans: Bedeutungen erfinden – im Kopf, mit Schrift und miteinander. Konstanz: Faude, 277-289. (= libelle: wissenschaft lesen und schreiben, 5).

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Thorsten Stübe (Stadthagen)

Die Getrennt- und Zusammenschreibung und ihre Problemfelder aus ontogenetischer Perspektive

Das zentrale Anliegen der Studie ist eine empirisch fundierte Aufarbeitung der Aneignung von Form und Norm der Getrennt- und Zusammenschreibung (GZS) im Deutschen. Sie greift damit einen orthographischen Teilbereich auf, der gegenüber Phonem-Graphem-Korrespondenzen oder der Interpunktion bislang nicht systematisch aus der Erwerbsperspektive untersucht worden ist.

In der fehleranalytischen Untersuchung steht nicht die Individualgenese im Vordergrund, sondern es soll durch einen sog. „unechten Längsschnitt“ auf Entwicklungsverläufe geschlossen werden. Datenbasis sind u. a. Texte zu Bildergeschichten, die in jeweils fünf zweiten, dritten und vierten Klassen erhoben worden. Zur Ergänzung wurde eine Stichprobe aus dem „Ludwigsburger Aufsatzkorpus“ (Fix/Melenk 2002) herangezogen. Leitende Fragestellungen sind: Ab wann beherrschen Lerner das Spatium als Schriftzeichen? Wie ist die Verhältnis von Getrennt- und Zusammenschreibungsfehlern und unterliegt es einer Entwicklung? Lassen sich entwicklungsspezifische Schwierigkeiten im Umgang mit der GZS nachweisen und welche linguistischen Strukturen sind betroffen?

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Barbara Pagel (Universität Hamburg)

Rechtschreiblernen von Anfang an in Verbindung mit freiem Schreiben. Ausgewählte Ergebnisse aus einer Untersuchung in Klasse 1–3

In einer Fall-Kontrollstudie an einer Hamburger Grundschule (Klasse 1–3) wurde ein sprachsystematisch und schriftkulturell ausgerichtetes Konzept zum Schriftspracherwerb erprobt und evaluiert. Zentrale Elemente sind: Lernweg von der  konkreten Anschauung zur Abstraktion; systematischer Aufbau der Rechtschreibinhalte auf graphematischer Basis (vgl. Hinney 1997; Voss/Blatt/Kowalski 2007); Heranführung an das freie Schreiben; Aufbau eines metasprachlichen Wissens; begleitende Lernbeobachtung mit Tests sowie Beurteilung von freien Texten.

In dem Vortrag werden ausgewählte Ergebnisse der Untersuchung vorgestellt: Die Lernentwicklung der Rechtschreibleistung der Interventionsklasse im Vergleich zu den Kontrollklassen (quantitative Leistungsdaten) sowie die Lernentwicklung von drei Fallbeispielen aus der Interventionsklasse (qualitative Test- und Textanalysen).

Im Vergleich zwischen der Interventions- und den Kontrollklassen wird aufgezeigt, welche neuen Zugangsmöglichkeiten zum Rechtschreiblernen das vorgestellte Konzept den Kindern ab Klasse 1 eröffnet.

Literatur:

Hinney, G. (1997): Neubestimmung von Lerninhalten für den Rechtschreibunterricht. Ein fachdidaktischer Beitrag zur Schriftaneignung als Problemlöseprozeß. Frankfurt am Main.

Voss, A., Blatt, I. & Kowalski, K. (2007): Zur Erfassung orthographischer Kompetenz in IGLU 2006. Didaktik Deutsch, 23 (13), 15–32.

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Sarah Frahm (Universität Hamburg)

Differenzierte Lernbeobachtung als Grundlage eines individualisierten Rechtschreibunterrichts mit Hilfe computerbasierter Auswertung: Ein Forschungsvorhaben im Rahmen des Nationalen Bildungspanels (NEPS)

Damit sich Unterricht am individuellen Lernbedarf der Schüler ausrichten kann (formative assessment), sind Instrumente zur Lernbeobachtung und Kompetenzmessung erforderlich. Diese müssen den Lernstand differenziert erfassen und eine zeitnahe Rückmeldung ermöglichen. Für die Sekundarstufe I liegen derzeit nur vier differentielle Testverfahren vor (Afra, DRT, HSP, MRA). In zwei Studien wurden erstmals differentielle sprachsystematische Rechtschreibtests (SRT) auf Basis der Graphematik entwickelt, auf ihre Testeigenschaften hin untersucht und zur Erfassung der Lernentwicklung von Schülern in Klasse 5 eingesetzt. Die nach Teilkompetenzen zurückgemeldeten Ergebnisse eignen sich als Grundlage für die Erstellung differenzierter Förderpläne. Da die Auswertung dieser Tests jedoch sehr zeitintensiv ist, lassen sie sich im Unterricht noch nicht gewinnbringend einsetzen. Im Rahmen des Nationalen Bildungspanels (NEPS) wird daher erforscht, inwieweit computerisiere Auswertungs- und Eingabeverfahren genutzt werden können.

Literatur:

Eisenberg, Peter (2006): Das Wort. 3., durchgesehene Auflage. Stuttgart, Weimar: J.B. Metzler (Grundriss der deutschen Grammatik, 1).

Frahm, Sarah & Blatt, Inge (ersch.): Rechtschreibtests. In U. Bredel (Hrsg.), Weiterführender Orthographieunterricht. Baltmannweiler: Schneider Verlag Hohengehren. (Deutschunterricht in Theorie und Praxis).

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Christopher Sappok (Universität Hannover)

Kommasetzung in die Grundschule! Ein prosodietheoretisch fundiertes Unterrichtsmodell für die 4. Klasse

Wohl keinem Bereich der Rechtschreibung steht die Schreibdidaktik so hilflos gegenüber wie der Kommasetzung. Die gängige Thematisierung ist grammatisch fundiert und findet um Klassenstufe 7 statt. Als Gründe für den bemerkenswert geringen Erfolg können der späte Zeitpunkt und der Umstand angesehen werden, dass die Regeln eine nach der anderen abgearbeitet werden (Ausnahme: z.B. Lindauer & Sutter 2005). Dem gegenüber steht die Tatsache, dass ein Großteil der Kinder bereits in der 3. Klasse damit beginnt, in eigenen Texten Kommas zu setzen. Das vorgestellte Modell erlaubt es, zeitlich hier anzuknüfen, indem es auf einer Weiterentwicklung von Ergebnissen der aktuellen psycholinguistischen Prosodieforschung basiert (Sappok 2010). Der Einstieg erfolgt über die Arbeit mit speziell konstruierten, ohne Zeilenumbrüche dargebotenen Kommagedichten, um dann schrittweise zu regelkonformen Techniken überzugehen. Evaluiert wurde der Unterricht anhand von Varianzanalysen mit Messwiederholung über 8 abhängige Variablen. Die Leistungen, die nachhaltig bei Viertklässlern erreicht wurden, entsprechen etwa denen von Realschülern der 8. Klasse.

Literatur:

Lindauer, Thomas & Sutter, Elisabeth. Könige, Königreiche und Kommaregeln. Eine praxistaugliche Vereinfachung des Zugangs zur Kommasetzung. In: Praxis Deutsch, H. 191, 2005, S. 28–32.

Sappok, Christopher. Das deutsche Komma im Spiegel von Sprachdidaktik und Prosodieforschung. Forschungslage – „Parsing vs. Phrasing“ – Experimente. Diss., Hannover, 2010.

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Knut Stirnemann (Universität Zürich)

Knoblauch, Ei und Auge – Modell eines sprachübergreifenden Rechtschreibeunterrichts in der Sekundarstufe I

Im Fach Linguistisches Portal, das auf der Sekundarstufe I im Teamteaching unterrichtet wird, entdecken die Schülerinnen und Schüler spielerisch und forschend das regelhafte Funktionieren von Sprache und reflektieren kontrastiv Erfahrungen mit verschiedenen Sprachen.

So wird im Modul zur Graphem-Phonem-Korrelation nicht nur die Beziehung von Laut und Buchstabe in einer Sprache beleuchtet, sondern es werden die unterrichteten Sprachen Deutsch, Englisch und Französisch (und auch andere) miteinander verglichen. Dadurch erfahren die Schülerinnen und Schüler, dass die Zuordnung von Lauten und Buchstaben auf sprachspezifischen Konventionen beruht. Gleiche Laute werden oft mit unterschiedlichen Buchstaben wiedergegeben (z.B. dt. Schiff – engl. ship), aber es werden auch gleiche Buchstaben in verschiedenen Sprachen zum Teil unterschiedlich ausgesprochen (z.B. dt. pur – fr. pur). Ausserdem wird den Lernenden dabei bewusst, dass auch innerhalb einer Sprache die Zuordnung von Lauten und Buchstaben häufig nicht eindeutig ist (z.B. Gemüse – Physiker bzw. Garage).

Solche Phänomene erkennen die Schülerinnen und Schüler in kleinen Forschungsprojekten. Sie entdecken und erkunden selbständig orthografische Konventionen verschiedener Sprachen. In ihren Untersuchungen relativieren sie die einseitige Perspektive auf die Orthografie des Deutschen, indem sie zum Beispiel experimentell einen Reiseführer für Englischsprechende verfassen, der die deutschen Laute mit englischer Rechtschreibung wiedergibt, oder sogar einen Reiseführer für Engländer in Frankreich („seel voo plei“). Auf diese Weise reflektieren die Lernenden die unterschiedlichen Konventionen der Orthografie.

Das neue Fach Linguistisches Portal, das an der Kantonsschule Zug eingeführt ist, fördert die wissenschaftliche Neugier gegenüber sprachlichen Phänomenen mit Hilfe von offenen, problem- und prozessorientierten Lernformen und macht mit Methoden und Fragestellungen wie Forschen und Dokumentieren bekannt, ist also wissenschaftspropädeutisch angelegt.

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Elin-Birgit Berndt (Universität Bremen)

Welche Aspekte der Rechtschreibung muss ein Lehrmittel berücksichtigen? In welchen Bereichen sind Lehrkräfte auf die Unterstützung durch Lehrmittel angewiesen?

Lehrmittel müssen berücksichtigen, wie Schreiben und Schrift praktiziert werden. Beschreibstoffe und Schreibgeräte wurden immer wieder durch veränderte Technologien abgelöst, Schreiben war und ist ein technisches Artefakt. Auch die Handschrift realisiert sich nur in einem technischen Medium.

Angesichts „digitaler Assistenz“ müssen Kompetenzen neu definiert werden. Bedient sich der Schreiber digitaler Medien, erweitern sich seine Möglichkeiten.

Bereits mit heute üblicher Standardsoftware wie Office-Paketen, Korrekturprogrammen oder digitalen CD-ROM- oder Online-Wörterbüchern lassen sich viele sprachdidaktisch wohlbegründete Experimente durchführen, die, je nach Akzentuierung, in unterschiedlicher Ausprägung zur Auseinandersetzung mit der Sprache bzw. der Rechtschreibung als System und den eigenen Rechtschreibleistungen führen, die Schüler/-innen aber auch mit Möglichkeiten, Grenzen und verborgenen maschinellen Mechanismen der digitalen Medien konfrontieren.

Wie Lehrmittel und Wörterbücher für die Schule die „digitale Assistenz“ bereits nutzen können, soll anhand von Beispielen aus Unterrichtsmaterialien aufgezeigt werden. Daran werden kritisch die Desiderata und der Forschungsbedarf erläutert.

Literatur:

Berndt, Elin-Birgit 2008. Die Furcht vor dem Verlust der Handschrift – oder warum die Integration der Digitalen Medien in den Deutschunterricht nicht gelingt. In: Log In. Kreativer Deutschunterricht und neue Medien. Volker Frederking / Matthis Kepser / Matthias Rath (Hrsg.) S. 35–52

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Kathrin Würth (PH Zentralschweiz)

Welches phonologische Wissen brauchen Lehrpersonen und welche Konsequenzen ergeben sich daraus für die LehrerInnenbildung?

Schreibweisen wie Fahrratdieb, pfeiffen, kchochen sind in Schweizer Schülertexten häufig anzutreffen und zeugen von dem feinen phonologischen und phonetischen Gespür, mit dem SchreibanfängerInnen Lautliches in Schrift umsetzen. Dieses Gespür scheint mit wachsender orthografischer Sicherheit wieder abzunehmen, wenn ein Studierender in der Primarlehrerausbildung Fahrratdieb kommentiert: „Der Schüler hört nicht, dass man Fahrratdieb mit d schreibt.“

Aus phonologischer Sicht sind alle genannten Schreibungen leicht erklärbar, es stellt sich deshalb die Frage, ob ein vertieftes phonologisches Wissen für Lehrpersonen sinnvoll ist und welches Wissen das konkret sein soll. Anhand von Daten von SchülerInnen aus der Schweiz werde ich systematisch darlegen, welche phonologischen Phänomene für die Orthografie überhaupt relevant sind. Davon ableitend soll ermittelt werden, über welches phonologische (Mindest-)Wissen Lehrpersonen verfügen müssen. Es wird sich dabei herausstellen, dass phonologisch bedingte Schreibfehler abhängig sind vom sprechsprachlichen Hintergrund der Schreibenden. Eine Typologie der für den Rechtschreibunterricht relevanten Phänomene darf diesen Hintergrund deshalb nicht ignorieren. Lindauer (2002) hat in Bezug auf die Doppelkonsonantenschreibung für einen varietätenabhängigen Rechtschreibunterricht plädiert. Meine Daten werden zeigen, dass sich dieser Weg auch in Bezug auf weitere Phänomene lohnt und dass die Frage nach dem phonologischen Wissen einer Lehrperson immer auch diesen Aspekt im Blick haben muss.

Literatur:

Lindauer, Thomas (2002). How Syllable Structure affects Spelling – a Case Study in Swiss German Syllabification. In Neef, Martin; Neijt, Anneke & Sproat, Richard (Hrsg.), The Relation of Writing to Spoken Language. Tübingen: Niemeyer, S. 193–208.

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Johanna Fay (PH Karlsruhe)

Messung von implizitem Problemlösungswissen in der Rechtschreibung

Ein wichtiges Ziel von Rechtschreibdidaktik ist, die Schreiblerner zu befähigen, in Zweifelsfällen auf Herleitungsstrategien zur Richtigschreibung zurückzugreifen. Deshalb wird ein hoher Aufwand betrieben, um das Problemlösungswissen im Rechtschreiben zu fördern (vgl. Bildungsstandards und deren Umsetzung in div. Lehrwerken). In der Rechtschreibdiagnostik besteht allerdings die Schwierigkeit, genau diese Kompetenzfacette zu messen, denn wie Schreibungen hergeleitet werden, lässt sich anhand fertiger Schreibprodukte in Rechtschreibtests kaum erkennen. Durch Befragung versucht man daher Informationen über die Strategien von Schreiblernern zu erlangen (vgl. u.a. Scheerer-Neumann 2004; Nickel 2006). Unklar bleibt, ob diese explizit formulierten Lösungswege der tatsächlichen Schreibpraxis entsprechen oder lediglich als erweitertes deklaratives Wissen zur Verfügung stehen. Im Vortrag werden daher erste Ergebnisse eines mehrstufigen Verfahrens vorgestellt, bei dem das implizite Problemlösungswissen von 3.-Klässlern erfasst wird. Sie erfordern eine Diskussion über die Strategievermittlung in der Didaktik und über neue Ansätze in der Diagnostik.

Literatur:

Fay, Johanna: Die Entwicklung der Rechtschreibkompetenz beim Textschreiben. Eine empirische Untersuchung in Klasse 1 bis 4. Frankfurt/M 2010.

Nickel, Sven: Orthographieerwerb und die Entwicklung von Sprachbewusstheit. Norderstedt 2006.

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Albert Bremerich-Vos (Universität Essen)

Orthografische Fähigkeiten am Ende der Sekundarstufe

Im Rahmen der Normierung der länderübergreifenden Bildungsstandards wurde auch die Rechtschreibkompetenz von Schülerinnen und Schülern am Ende der Sekundarstufe erhoben. Es gab ein Lückendiktat (80 Wörter), einen unkommatierten Text, in den Kommata einzutragen waren, und eine Korrekturaufgabe, in deren Rahmen ein Textentwurf zu korrigieren war. Die Schreibungen wurden auf der Basis einer modifizierten Version von AFRA (Herné/Naumann) qualitativ untersucht. Im Rahmen einer IRT-Skalierung wurde ein Modell mit fünf „Stufen“ bzw. Niveaus konstruiert. Als besonders schwierig erweisen sich bestimmte Fälle von Groß-/Klein- und Getrennt-/Zusammenschreibung. Auch die Kommaschreibung ist, wie seit Langem bekannt, für viele ein Buch mit sieben Siegeln. Vor allem Versionen des paarigen Kommas und der Kommatierung vor Infinitivgruppen werden nicht beherrscht. Obwohl die querschnittliche Anlage der Testung die Prüfung von Kausalhypothesen nicht erlaubt, kann man annehmen, dass z.B. die mit der Reform der Orthografiereform revidierten Regeln der Kommatierung bei satzwertigen Infinitiven in den Schulen nicht „angekommen“ ist.

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