Der Vortrag greift das Thema des Symposions unmittelbar auf und widmet sich vor allem der sprachlichen Seite unseres Faches, aber notwendigerweise nicht nur. Es stellen sich Fragen der institutionellen Differenzen zwischen Fachwissenschaft, Schule und – sowohl vermittelnd als auch pointiert eigenständig – Fachdidaktik. Deren Zwischenstellung erfordert einen Doppelblick auf Fachlichkeit, nämlich in Bezug auf die Lehrerbildung und in Bezug auf die Konzeptionen des Deutschunterrichts.
Eine erste Kernfrage lautet, wie es um die germanistische, hier die linguistische Fachlichkeit in der Deutschdidaktik steht und inwieweit sich diese Fachlichkeit bis in den Deutschunterricht hinein auswirkt. Das Anliegen wird es dabei sein, die Textorientierung, die Auseinandersetzung mit Textualität und Textsortenkompetenz, weiter voranzutreiben und die sowohl möglichen als auch wünschenswerten funktionalen Verbindungen zwischen Formulierungskompetenzen und allgemeinem sowie literarischem Textverstehen viel stärker zu etablieren, wobei die ontogenetischen und soziokulturellen Faktoren eine eigenständige Herangehens- und Vermittlungsweise erfordern.
Als wesentliche Konsequenz davon ergibt es sich, Anregungen aus der Pragmalinguistik aufzugreifen und – stärker als bisher - in den Grundbestand germanistischer Didaktik als unverzichtbar einzubringen. Das sprachliche Handeln, der Sprachgebrauch stellt sich somit als zweite Kernfrage. Welche Arten des Handelns sind in der Sprache schon angelegt, welche Formen des Handelns sind so sehr konventionalisiert und ritualisiert, dass sie sprachliches Verhalten – eventuell zu sehr – prägen, zu welchem Handeln muss Sprache behutsam gefunden werden? Die Selbstverständlichkeit solcher Fragen harrt bewusster Distanz. Die politeness-Forschung mit ihrem Anliegen, das kommunikative Miteinander zu sichern, die Möglichkeiten beispielsweise des Gesichtwahrens und Gesichtverlierens zu erkunden, stellt einen klärenden Impuls dar, jene Sprachbewusstheit und jenes sprachliche Können fachdidaktisch zu reflektieren, das ein autonomes sprachliches Handeln eröffnet.
Eine dritte Kernfrage stellt sich im Zusammenhang mit sozialen Differenzen, die Sprachwissen und Sprachgebrauch unmittelbar beeinflussen: Bedürfen wir nicht einer erneuten soziokulturell reflektierenden Deutschdidaktik und Linguistik? Sind nicht Aspekte der Soziolinguistik der siebziger Jahre zu schnell auf der Halde kaum mehr relevanter Themen verschwunden? Vermehrt drängt sich die Aufgabe wieder auf, Sprache unter sozialer Perspektive nicht nur als Objekt, sondern als das Medium des gesellschaftlichen Miteinander sowie der Wissensvermittlung und der Teilhabe an Wissen – nicht zuletzt in fächerübergreifendem Sinne – didaktisch zu konturieren. – Insgesamt fragt es sich zusätzlich, ob nicht vermehrt Anstöße von der Sprachdidaktik ausgehen sollten, die gemeinsame Forschungsziele mit der Linguistik formulieren, um die je eigene Fachlichkeit zu intensivieren und systemisch zu erweitern.
Fachliches Lernen braucht Orientierungspunkte. Deshalb fokussiert und exemplifiziert der Vortrag die Aspekte von Sprach- und Textwissen, von pragmatischer Bewusstheit und – und auch dies ist insbesondere in didaktischem Zusammenhang relevant – vom Ethos des Sprachgebrauchs, bzw. er bemüht sich um Aspekte sowohl der systembezogenen Sprachaufmerksamkeit als auch einer kritischen Sprachgebrauchsverantwortung.