Abstracts

Sektion 6: Comics und Computerspiele

Bernd Dolle-Weinkauf (Universität Frankfurt)

Grafisches Erzählen im Manga

Fragt man die Fans des japanischen Comic nach den Gründen für die Faszination, die diese Erzählform ausstrahlt, so wird stets an erster Stelle das „unvergleichliche Artwork“ gelobt. Ungeachtet der unterschiedlichen Vorlieben für bestimmte Stoffe und Themen wird eine sowohl bildlich als auch sprachlich codierte Narration geschätzt, deren stilistische Eigenart aus der hybriden Verschmelzung eigenkultureller und westlicher Formelemente hervorging und dennoch als „typisch japanisch“ gilt. Ebenso wenig wie die europäische Tradition der Bildgeschichte mit dem modernen Comic identisch ist, leitet sich der Manga in der zeitgenössischen Jugendkultur unmittelbar aus den jahrhundertealten Traditionen des piktoralen Erzählens in Japan her. Der Vortrag versucht, anhand von Beispielen solcher Manga, die in der westlichen populären Literatur Verbreitung finden, die typischen Spielarten und spezifischen Erzählweisen zu bestimmen. Ins Blickfeld geraten dabei sowohl das grafische Zeichenrepertoire wie auch die die Spezifika der sprachlichen Gestaltung und die Besonderheiten und Regeln der Bildfolgen – und nicht zuletzt die Frage der Zusammenhänge zwischen der jeweiligen Machart und der Adressatenorientierung.

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Felix Giesa (Universität zu Köln)

Im Schatten der Graphic Novel – Comics für Kinder

In letzter Zeit wird die Etablierung des Comic besonders unter dem Begriff der „Graphic Novel vorangetrieben. Dabei handelt es sich zumeist um Titel, die sich originär an Erwachsene bzw. ältere Jugendliche richten. Comics für Kinder sind in dieser Wahrnehmung zumeist die bekannten Figuren aus dem Disney Universum bzw. aus dem frankophonen Sprachraum. Dass es jedoch jenseits dessen auch eine umfangreiche Kindercomic-Kultur gibt, wird kaum wahrgenommen. Seit Ende der 1990er Jahre erscheint im deutschsprachigen Raum eine Vielzahl Manga. Der Manga für Kinder konnte sich in der Folge erfolgreich auf dem Markt etablieren und verdrängt seither traditionelle Comicformate für Kinder. Durch die Begrifflichkeiten Manga und Graphic Novel geraten Comics für Kinder in ein Hintertreffen. Jedoch zeitigt eine Vielzahl Titel, dass der Comic für Kinder als Nischenprodukt weiterhin gedeiht. In diesem Vortrag sollen Comics aus Frankreich, der Schweiz, den USA und Deutschland vorgestellt und im Hinblick auf die Besonderheiten der Kunstform „Comic“ analysiert werden. Dabei soll besonders versucht werden, ein terminologisches Analysewerkzeug zu etablieren.

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Birgit Meurer (Realschule auf dem Röddenberg, Osterode am Harz)

Der Comic als intermediäres, methodisches Vehikel im Deutschunterricht

Der Erwerb von Medienkompetenz als Möglichkeit der Strukturierung, Kritik und Reflexion von audiovisuellen Lebenswirklichkeiten steht auch im Fokus methodisch-didaktischen Handelns. Zu diesem Zweck bildet der interdisziplinäre Umgang in der Auseinandersetzung mit audio-visuellen Medien einen wichtigen Eckpfeiler bei der Ausbildung von Medienkompetenz. Die Kenntnis und vor allem die Anwendung bildnerischer und literarischer Mittel qualifizieren Schüler zu einem einerseits hedonistischen, praxisorientierten, aber auch andererseits kritischen und reflektierten Umgang mit den neuen Medien. Unter dieser Zielsetzung verfassten Schüler im Rahmen eines Unterrichtsprojektes „Miteinander leben“ auf der bildnerischen Grundlage eines Comics als abstrahierte Adaption einer literarischen Vorlage ein Storyboard und erstellten daraufhin einen Kurzfilm, in dem sie Bildsequenzen nach ästhetischen Kriterien entwarfen und ausarbeiteten und anschließend deren filmische Umsetzung erprobten. Bei diesem Unterrichtsprojekt, das Gegenstand des Vortrags sein wird, stand der Prozesscharakter – das learning by viewing and doing – im Vordergrund.

Literatur:

Abraham, Ulf: Filme im Deutschunterricht. Seelze-Velber: Klett-Kallmeyer 2009.

Mikos, Lothar: Filmverstehen. Annäherungen an ein Problem der Medienforschung. In: medien praktisch, Sonderheft Texte 1 (1998), S.3–8.

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Claudia Blei-Hoch (Technische Universität Dresden)

Mit den Augen lesen lernen – Comics in Bild- und Kinderbüchern

Der Beitrag versteht sich als Grundlagenbeitrag zu einer für den Deutschunterricht  zu entwickelnden Bild- und Text(Lese-)didaktik. Er wird neueste Ergebnisse der Bild- und Textwissenschaften mit Blick auf den Deutschunterricht anhand aktueller Bilder- bzw. Kinderbücher betrachten und diskutieren.  Ausgangspunkt ist eine Einführung in die bildästhetischen und erzähldramaturgischen Besonderheiten aktueller Bilder- bzw. Kinderbücher, die Elemente des Comic in ihre Erzähltexte integriert haben. Es wird untersucht,  welche Möglichkeiten diese Bilder- bzw. Kinderbücher für die Entwicklung und Gestaltung interaktiver sprachlicher und bildnerischer Lernprozesse aufweisen. Abschließend wird auf notwendige Schlüsselkompetenzen eingegangen, die Erzieher- und LehrerInnen entwickeln müssen, um der spezifischen Bild-Textgestaltung dieser Bücher mit Blick auf das Lesen und Verstehen literarischer Texte gerecht zu werden.

Literatur:

Gabriele Lieber (Hrsg.): Lehren und Lernen mit Bildern. Ein Handbuch zur Bilddidaktik. Schneider Hohengehren. 2008.

Schmidt, Siegfried J. Schmidt: Kalte Faszination. Medien.Kultur.Wissenschaft in der Mediengesellschaft. Velbrück. Weilerswist. 2000

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Katrin Dammann-Thedens & Magdalena Michalak (Leuphana Universität Lüneburg)

Bildnarrationen als Fundament für die Vermittlung von literarischen und sprachlichen Kompetenzen in mehrsprachigen Klassen

Unser Beitrag versteht textlose Bildnarrationen als Fundament für die Vermittlung von bildnerisch-literarischen und sprachlichen Kompetenzen in mehrsprachigen Klassen. Die Chance dieses Mediums besteht darin, dass die gezielte Auseinandersetzung mit den spezifischen Merkmalen bildnerischen Erzählens ohne das schriftsprachliche Zeichensystem möglich wird. Komplexe Narrationen können so ohne Schriftsprache verstanden und sprachlich differenziert entfaltet werden. Der Beitrag fokussiert, welche Lernarrangements mehrsprachige Lerner benötigen, um sich mit einer komplexen Bildnarration in Bezug auf Inhalt und Darstellung angemessen auseinanderzusetzen und sich diesbezüglich sprachlich zunehmend adäquater äußern zu können. Am Beispiel von David Wiesners „Strandgut“ (2007) wird die Bedeutung bildnerischer Narrationen als Kunstform erläutert und der Inhalt der Geschichte analysiert. Aus diesen Erkenntnissen werden didaktische Konsequenzen formuliert, die an der Schnittstelle von literarischer Bildung und sprachlicher Förderung in das dreistufige didaktische Modell Wahrnehmung-Verständnis-Verständigung münden.

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Piet Mooren (Universitätversiteit van Tilburg/Holland)

Das Bilderbuch als Paraplugenre. Bericht über eine hermeneutisch/empirische Untersuchung

Das Bilderbuch repräsentiert alle klassischen Formen der Erzählkunst (das Zähl-Buch, das Abc-Buch, den Comic, das Märchen, die Fabel, die Parabel, das Liederbuch, die Gespenstergeschichte etc.) und damit auch alle Konventionen und ‘Gebrauchsanweisungen’ der verschiedenen Genres: typologische Hauptpersonen und narrative Strukturen, die Kindern helfen mit Genres, aber auch mit pragmatischen Textkennzeichen vertraut zu werden.

Diese multi-genremäßige Pragmatik lädt förmlich dazu ein, nach Allianzen zwischen spezifischen Bilderbüchern und den Disziplinen der Grundschule zu suchen, was an Bilderbüchern von J./A Ahlberg, R.S.Berner, R.Briggs, J.Burningham, N.Heidelbach, P.Hutchins, I.Misschaert/M.Coenen und M.Velthuijs demonstriert werden soll.

Literatur:

Mooren, P.: Het prentenboek als springplank. Cultuurspreiding en leesbevordering door prentenboeken (Das Bilderbuch als Sprungbrett. Kulturdistribution und Leseförderung durch Bilderbücher.) Nijmegen: SUN 2000.)

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Jens Meinrenken (Deutsche Welle, Berlin)

Karneval und Groteske im Zeitalter des Digitalen. Batmans Clinch mit dem Joker

Der Kampf zwischen Batman und Joker zeichnet ein Psychogramm der modernen Großstadt, dessen soziale Brisanz durch Christopher Nolans Film "The Dark Knight" (USA 2008) vor kurzem erst eindrucksvoll unter Beweis gestellt worden ist. Bereits in den Graphic Novels von Alan Moore ("Batman: The Killing Joke", DC 1988), Dave McKean ("Arkham Asylum: A Serious House on Serious Earth", DC 1989), Pepe Moreno ("Batman: Digital Justice", DC 1990) und Brian Azzarello ("The Joker", DC 2008) wird die ambivalente Beziehung zwischen den beiden Charakteren zum Dreh- und Angelpunkt der dargestellten Handlung. Der Vortrag möchte anhand der kunstgeschichtlichen Tradition des Karnevals und der Groteske die tiefer liegenden Bedeutungsschichten dieses Konflikts analysieren und grundsätzliche Einsichten in das Verhältnis von Comic und Computerspiel vermitteln. Dabei soll nicht nur die Codierung von Gewalt in beiden Medien kritisch reflektiert werden, sondern auch die ästhetischen Mittel zur Inszenierung von Realität und Traum in den Blick genommen werden. Ein Schwerpunkt der Untersuchung liegt auf dem Computerspiel "Arkham Asylum" (Eidos Interactive 2009), das in seiner stilistischen Überzeichnung der Figuren die grimassierende  Erscheinung des Jokers auf den Bildschirm überträgt.

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Danny Kringiel (Spiegel Online, Hamburg)

Computerspiele „lesen“ lernen – Wege zur Förderung einer computerspielspezifischen Medienkompetenz

In einer Zeit grundlegend medial geprägter Lebenswelten Heranwachsender beziehen sich die Lesefähigkeiten, die Kinder und Jugendliche zum Umgang mit Medientexten benötigen, längst nicht mehr nur auf das gedruckte Wort, sondern auch auf das kompetente „Lesen“ etwa von Bildern, Filmen, und Fernsehsendungen. Ein Medium, das im Zuge der Diskussion um medienspezifische Lesefähigkeiten bislang keine Berücksichtigung erfahren hat, das jedoch von herausragender Bedeutung für viele heutige Kinder und Jugendliche ist, ist das Computerspiel. Zugleich hat sich in den letzten Jahren eine besorgte öffentliche Diskussion um erzieherische Einflüsse digitaler Spiele entsponnen, in der diese Spiele vielfach als ein Medium eingeschätzt werden, dessen Nutzung in besonderem Maße kritische Lesefähigkeit erfordert. Der Vortrag zeigt Wege zur Förderung einer solchen „Computerspiellesefähigkeit“ auf, indem er beispielhaft Instrumente eines analytischen Werkzeugkastens zum kritischen „Lesen“ von Computerspielen vorstellt und Ausblicke auf Möglichkeiten der Förderung einer solchen Lesefähigkeit im Schulunterricht gibt.

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Marco Fileccia (Elsa-Brändström-Gymnasium Oberhausen)

Zocken für die Bildung

Computerspiele sind das Schmuddelkind der Bildungsmedien und mit denen spielt man bekanntlich nicht. Oder doch? Der Vortrag zeigt die Möglichkeiten des schulischen Einsatzes von Computerspielen auf, auch und gerade abseits von Serious Games. Er liefert Ideen, Ansätze, Konzepte und Beispiele dafür, wie Computerspiele in der Schule eingesetzt werden können. Ganz praktisch wird ein Best-Practise-Kompass der Landesanstalt für Medien NRW mit Unterrichtseinheiten zu Computerspielen vorgestellt und erprobte Medienprojekte für interdisziplinäre und fächerverbindende Umsetzungsmöglichkeiten.

Des Weiteren geht der Beitrag  explizit auf die Ergebnisse ein, die eine Analyse von Lehrplänen (am Beispiel NRW) in der u.a. Studie zum kompetenzorientierten Lernen erbracht haben. Darin wurde untersucht, inwieweit die Ansprüche der KMK-Bildungsstandards, der Deutsch-Kernlehrpläne und die Forderung nach Medienkompetenz in Einklang stehen. Theoretische Beispiele für einen kompetenzorientierten Deutsch-Unterricht mit Computerspielen werden vor- und zur Diskussion gestellt.

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Jan Boelmann (Universität Bochum)

Narrative Computerspiele als Medien literarischen Lernens

Computerspiele haben in Deutschland keinen guten Ruf. Obwohl sie im August 2008 durch den Deutschen Kulturrat zum Kulturgut erklärt wurden, werden sie in der Schule immer noch stiefkindlich behandelt. Dennoch können Computerspiele einen wichtigen Beitrag für den Deutschunterricht leisten, denn sie haben – im Gegensatz zum Buch – einen festen Sitz in der Lebenswelt vieler Schüler. Computerspiele können gerade für leseschwache männliche Schüler eine Brücke hin zum kompetenten Umgang mit Literatur schlagen. Der Vortrag fokussiert narrative Computerspiele als Gegenstand des Deutschunterrichts, an denen sich Kompetenzen erwerben lassen, die auf andere Gegenstandsbereiche des Deutschunterrichts übertragbar sind. Narrative Computerspiele können – nicht zuletzt durch ihr hohes motivationales Potenzial – gewinnbringend für die Vermittlung von Untersuchungsstrategien genutzt werden, die ebenfalls bei der Bearbeitung von Literatur Anwendung finden können. Ziel des Vortrages soll es sein, den Gegenstandsbereich der narrativen Computerspiele näher zu bestimmen und ihre Einflussmöglichkeiten auf das literarische Lernen an einem Beispiel zu skizzieren.

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Andreas Seidler (Universität zu Köln)

Perspektiven der Computerspielforschung für die Deutschdidaktik

Neuere wissenschaftliche Ansätze in der analytischen Beschreibung von Computerspielen erfassen diese nicht nur unter einer ludologischen Perspektive, sondern auch unter narratologischer, cyberdramatischer und filmanalytischer Perspektive. Diese Ansätze stellen somit bereits durch ihre Methodik ei-ne Verbindung her zu traditionellen Gegenständen des Deutschunterrichts wie Erzähltexten, Dramen und Filmen. Das geteilte Analyseraster sorgt für ei-ne Vergleichbarkeit der Medien, die sich auch der Deutschunterricht zu Nutze machen kann. Dies erlaubt einerseits, Computerspiele als Gegenstand in den Deutschunterricht mit einzubeziehen und den Lernenden analytische Kompetenzen in Bezug auf dieses Medium zu vermitteln, mit dem sie in der Regel praktisch bereits bestens vertraut sind. Andererseits kann das geteilte Analyseraster aber gerade auch dabei helfen, die Unterschiede der Medien in ihren Funktions- und Darstellungsweisen heraus zu arbeiten und somit zur Entwicklung eines allgemeinen medienreflexiven Bewusstseins bei den Heran-wachsenden beizutragen.

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Stephan Brülhart (Pädagogische Hochschule Nordwestschweiz)

Können Computerspiele einen Beitrag zur Leseförderung bieten? Game Based Learning am Beispiel „Der Fall Fox“

Computerspiele stehen bei Kindern und Jugendlichen hoch im Kurs. Kinder und Jugendliche sind es heute gewohnt sich aktiv an Prozessen zu beteiligen und mitbestimmende Akteure in virtuellen Abenteuern zu sein. Dabei verändern sie ihre Rolle von passiven Konsumenten zu aktiven, motivierten

Partizipienten. Was können wir als Lehrpersonen von Computerspielen für den Unterricht lernen? Was sind die Potentiale von Computerspielen für Lehr- und Lernprozesse im Fach Deutsch? Die Forschungslage spiegelt die wachsende Bedeutung von Computerspielen noch wenig wider. Ob Computerspiele den Unterricht bereichern können hängt entscheidend davon ab, wie diese in Lernumgebungen eingebettet werden und so individuelles und entdeckendes Lernen ermöglichen. Am Beispiel "Der Fall Fox" und "Lebenswelt Schweiz" sollen die inhaltlichen Möglichkeiten des Lerntransfers bei Computerspielen gezeigt und Einsichten in deren Entwicklung gegeben werden. Die Koppelung der Lebenswelt jugendlicher Nutzer mit der virtuellen Welt und den Optionen zur Förderung angewandter Medienkompetenz für den pädagogischen Alltag im Unterricht, stehen im Mittelpunkt der Analyse.

Literatur:

Bertschi-Kaufmann, Andrea/Kassis, Wassils/Sieber, Peter (2004): Mediennutzung und Schriftlernen. Weinheim und München: Juventa.

Gee, James Paul (2007): What Video games have to teach us about learning an Literacy. New York: Palgrawe MacMillan.

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